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Das Acht-Stufen-Modell für einen erfolgreichen Social-Media-Einstieg

Immer wieder werden Forschende angehalten, in den sozialen Medien Präsenz zu zeigen. Marcel Bülow ist Online-Redakteur am Forschungszentrum Jülich. Im Gastbeitrag teilt er ein einfaches Modell, mit dem der Social-Media-Einstieg gelingen kann.

Müssen Wissenschaftler*innen in den sozialen Medien aktiv sein, um sich und ihre eigene Forschung zu präsentieren? Werden sie von Medien oder der Öffentlichkeit nur wahrgenommen, wenn sie selbst über Twitter und Co. auf ihre Veröffentlichungen hinweisen? Definitiv nicht. Es gibt herausragende Forscher*innen, deren Expertise weit über die wissenschaftliche Community hinaus gefragt ist – ohne, dass sie auch nur einen Tweet verfasst hätten.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das Teilen von Inhalten auf Social-Media-Kanälen Wissenschaftler*innen zu mehr Sichtbarkeit verhelfen kann. So bieten soziale Netzwerke die niedrigschwellige Möglichkeit, mit Interessierten außerhalb der Fachcommunity in Kontakt zu treten oder ermöglichen die Teilnahme an öffentlich geführten Debatten. Dass Tweets und Tröts zudem auf wissenschaftliche „Währungen“ wie die Reputation oder Zitationen in Fachjournals einzahlen können, ist mittlerweile weitgehend akzeptiert.

„Der Druck, in sozialen Netzwerken auf die eigene Karriere, die Forschungsgruppe oder das wissenschaftliche Projekt aufmerksam zu machen, ist für Forschende gewaltig gestiegen.“ Marcel Bülow
Es wundert daher nicht, dass in den vergangenen Jahren die Anzahl der twitternden Wissenschaftler*innen stetig zugenommen hat. Und selbst diejenigen, die bisher nicht aktiv sind, müssen sich in Zeiten steigender Kommunikationsanforderungen in öffentlich geförderten Projekten früher oder später mit Twitter und Co. auseinandersetzen. Der Druck, in sozialen Netzwerken auf die eigene Karriere, die Forschungsgruppe oder das wissenschaftliche Projekt aufmerksam zu machen, ist für Forschende gewaltig gestiegen.

In Jülich versuchen wir dieser Entwicklung zu begegnen, indem wir Wissenschaftler*innen entsprechend ihrer Interessen und Fähigkeiten Unterstützung anbieten. Wir stellen für den Bereich Social Media Informationsangebote und Guidelines bereit, bieten Formulare und Vordrucke an und sind über einen Gruppenchat erreichbar. Ein monatlicher Social-Media-Jour Fixe und regelmäßige Weiterbildungen geben Einblicke in aktuelle Entwicklungen und sollen den Einstieg erleichtern. Dies alles dient dem Ziel, Jülicher Wissenschaftler*innen zu unterstützen, auch im Bereich Social Media als Expert*in aufzutreten und das Forschungszentrum als einen Ort von kommunizierenden Wissenschaftler*innen auszubauen.

„Es fallen Fragen wie: Welche Inhalte soll ich posten? Wie gehe ich mit negativen Reaktionen um? Und wie gelingt es mir, meine wissenschaftliche Exzellenz auf den Bereich Social Media zu übertragen?“ Marcel Bülow

Aber nicht jede*r Wissenschaftler*in möchte vor der Handykamera posieren oder ist willens seine akribisch gesammelten Forschungsdaten in knackige Kurznachrichten zu verpacken. Ein gewisses Unbehagen sowie Unsicherheiten gegenüber Social Media lassen sich bei vielen Forschenden nicht leugnen. Es fallen Fragen wie: Welche Inhalte soll ich posten? Welche Umgangsformen sind angebracht? Wie gehe ich mit negativen Reaktionen um? Und wie gelingt es mir, meine wissenschaftliche Exzellenz auf den Bereich Social Media zu übertragen?

Ein konkreter Baustein, der Wissenschaftler*innen unterstützen kann, Unsicherheiten zu überwinden, ist das „Acht-Stufen-Modell für einen erfolgreichen Social-Media-Einstieg“, das ich am Forschungszentrum Jülich häufig vorstelle.

Schritt für Schritt zum erfolgreichen Einstieg bei Social Media. Foto: Freepik

Das Modell ist über mehrere Jahre in Social-Media-Weiterbildungsangeboten in Jülich im Austausch mit den Forschenden entstanden. Im Wesentlichen erlaubt es, ein beliebiges Netzwerk mit seinen Nutzer*innen und Inhalten Schritt für Schritt kennenzulernen. Durch anfängliches Zuhören oder Teilen erhalten die neu angemeldeten Forschenden ein Gespür, welche Inhalte typischerweise angeboten werden. Der Druck, direkt zu Beginn eigene Inhalte bereitzustellen, entfällt. Ebenso lässt sich das Risiko von negativen Reaktionen zu Beginn des Engagements nahezu eliminieren.

Die einzelnen Schritte klingen aus Sicht von aktiven Social-Media-Nutzer*innen womöglich trivial und viele gehen beim Erstellen von neuen Accounts auch ohne Modell ähnlich vor. Ich habe aber festgestellt, dass das verschriftliche Modell bei zurückhaltenden Wissenschaftler*innen meist positiv aufgenommen wird und ihnen Sicherheit beim Einstieg bieten kann.


Das Acht-Stufen-Modell

  1. Das Netzwerk wählen
    Abhängig von der Forschung, den eigenen Interessen und Fähigkeiten sowie den Zielen gilt es das passende Netzwerk zu finden.
    – Twitter: Trotz aktueller Turbulenzen bleibt es ein wichtiges Netzwerk für den Austausch unter (Jülicher) Forschenden.
    – Mastodon: Die dezentrale Alternative zu Twitter kann in punkto Reichweite jedoch noch nicht mithalten.
    – LinkedIn: Ein sehr reichweitenstarkes Netzwerk mit guter Möglichkeit, sich mit Unternehmen und Partner:innen aus der Wirtschaft zu vernetzen.
    Instagram: Das Netzwerk eignet sich für bildstarke Forschung oder Expeditionen. Für einen reinen wissenschaftlichen Austausch ist es nur bedingt geeignet.
    – Facebook: Datenschutzprobleme und sinkende Reichweiten machen den Einstieg zunehmend unattraktiv. Um lokale Zielgruppen zu erreichen, kann sich der Betrieb dennoch lohnen.
  2. Im Netzwerk registrieren
    Bei der Registrierung sollte man auf eine Unterscheidung zwischen einem persönlichem Profil und einem Unternehmensprofil achten. Ebenso sollte man Profilangaben mit Bedacht auswählen und die Angabe persönlicher Daten soweit möglich vermeiden. Bei Unternehmensprofilen ist es notwendig das Impressum anzugeben oder zu verlinken.
  3. Vernetzen / folgen
    Hier lohnt es sich zu fragen: Welche Kolleg*innen aus der eigenen Einrichtung und der Fachcommunity sind angemeldet? Gibt es Projektpartner*innen oder Unternehmen, die relevante Inhalte posten?
  4. Zuhören und zusehen
    Nun geht es darum, das Netzwerk und seine Nutzer*innen kennenlernen ohne eigene Inhalte zu erstellen: Welche Inhalte posten Kolleg:innen? Welche Beiträge kommen gut an? Welche Inhalte werden oft geteilt? Wie gehen andere mit Kritik um?
  5. Inhalte anderer Nutzer*innen teilen, retweeten, liken etc.
    Noch keine eigenen Inhalte erstellen, sondern Posts anderer Nutzer:innen durch „Liken“ unterstützen oder durch „Teilen“ seinen eigenen Followern zugänglich machen.
  6. Existierende Inhalte außerhalb des Netzwerks verlinken
    Sobald man die neue Umgebung kennengelernt hat, kann man erste eigene Beiträge erstellen. Hierbei bieten sich Hinweise auf wissenschaftliche Veröffentlichungen mit Link, Hinweise auf Fachtagungen mit Link, Hinweise auf Pressemeldungen oder -berichte zur eigenen Forschung mit Link etc. an.
  7. Eigene inhaltliche Einträge gestalten
    Zum Beispiel: Sich selbst und seine Forschung vorstellen, Experimente beschreiben oder mit mehreren Tweets  (bei Twitter als sogenannter „Thread“) begleiten oder als Video streamen, Bilder oder Fotos mit Aussagen versehen („SharePics“), oder auf Einträge anderer Nutzer antworten.
  8. (Kontroverse) Meinungen posten, sich an Diskussionen beteiligen
    Stellungnahmen zu aktuellen Ereignissen oder das Posten einer starken Meinung erhalten oft eine erhöhte Aufmerksamkeit und bieten gleichzeitig Raum für Reaktionen anderer Nutzer*innen. Ebenso wie bei der Beteiligung an öffentlich geführten Debatten sollte man seinen Standpunkt argumentativ vertreten können.

Die redaktionelle Verantwortung für diesen Beitrag lag bei Anna Henschel. Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.

Der Beitrag wurde redaktionell angepasst. Den Original-Blogbeitrag, den Marcel Bülow im Blog des Forschungszentrum Jülich veröffentlicht hat, finden Sie hier.