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Was bringen soziale Medien für die Reputation in der Scientific Community?

Die Ziele, die Wissenschaftler*innen mit ihrer Forschungstätigkeit verfolgen, reichen von Reputation innerhalb der Scientific Community über Anwendung in der Wirtschaft bis zum Nutzen für die Gesellschaft. In dieser Trilogie schaut Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi darauf, welche sozialen Medien von Twitter bis Xing dabei helfen können. Hier im Fokus: Das Thema Reputation.

Möchte man sich in der Wissenschaftswelt behaupten, kann man dies mit verschiedenen „Währungen“ erreichen. Dazu gehören Publikationen in Journals mit hohem Impact-Faktor beziehungsweise Ranking und entsprechend vielen Zitationen, Vorträge bei hochgeachteten wissenschaftlichen Tagungen und Kolloquien, erteilte Rufe anderer Hochschulen, Stipendien, Preise, Drittmittelprojekte, gefördert von namhaften Förderinstitutionen, aktive Teilnahme am akademischen Diskurs, zum Beispiel als Reviewer*in, durch Engagement in wissenschaftlichen Fachgesellschaften oder Patentanmeldungen und Patente.1

Durch den Einsatz von Twitter, LinkedIn, Facebook, Instagram, Youtube und Xing können Wissenschaftler*innen auf diese Währung sowie die Währungen der Wirtschaft und Gesellschaft einzahlen. Doch welches dieser sozialen Medien kann konkret dabei helfen, die Reputation innerhalb der Scientific Community zu steigern?

Kleiner Exkurs: Reine Wissenschaftsnetzwerke

Bei ResearchGate, Academia und Mendeley handelt es sich ebenfalls um eine Art sozialer Netzwerke beziehungsweise Medien. Da es aber reine Wissenschaftsnetzwerke sind, werden sie hier nicht näher beleuchtet. Einen kleinen Überblick gibt ein Artikel von Susanne Geu, Coach für digitale Wissenschaftskommunikation, mit dem Titel „Business- und Wissenschaftsnetzwerke: Digital das Hochschulimage pflegen“. Die Frage, welchen Nutzen Wissenschaftsnetzwerke für Studierende (also die Forschenden von morgen) haben, beantwortet Christian Reinboth im Blog Wissenschafts-Thurm.2 Eine gute Einführung speziell zur Nutzung von ResearchGate, das grundsätzlich als erstes genannt wird, wenn es um Wissenschaftsnetzwerke geht, gibt Ute Blindert auf Karriereletter.de.3 Zu Wissenschaftsnetzwerken gibt es also bereits genügend Lektüre und deren Regeln und Nutzen sind Wissenschaftler*innen häufig bekannt. Welches soziale Medium außerhalb der Wissenschaftswelt eignet sich also zur Steigerung der Reputation in der Scientific Community?

Twitter, Twitter, Twitter

Um Sichtbarkeit für die eigene Forschung und Expertise zu erreichen, kann man sich mit fundierten Inhalten sozialer Medien bedienen. Für die in der Scientific Community geltenden, oben genannten Währungen kann dabei das soziale Medium Twitter sehr gute Dienste leisten. Über Twitter bauen Forscher*innen häufig zunächst ein Netzwerk aus anderen Forscher*innen und wissenschaftlichen sowie wissenschaftsnahen Institutionen auf. Hier findet fachlicher Austausch zu Themen, Herausforderungen, Projekten und Ergebnissen statt und man trifft auf potenzielle Arbeitgeber*innen aus der Wissenschaft.

„Außerdem können Forscher*innen laut zweier Studien über Twitter-Aktivität sogar zur Steigerung ihrer Zitationsraten beitragen.“ Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi
Außerdem können Forscher*innen laut zweier Studien über Twitter-Aktivität sogar zur Steigerung ihrer Zitationsraten beitragen. Die Studie von Peoples et al.4 mit dem Titel „Twitter Predicts Citation Rates of Ecological Research“ legt einen Zusammenhang zwischen Twitter-Aktivität und „Research Impact“ nahe. Die Ergebnisse fasst auch Susanne Geu in einem Beitrag, den sie dem Sinn Twitters für Forschende gewidmet hat, zusammen. Sie schreibt: „Die Twitteraktivität war ein signifikanter Prädiktor für die Zitationsrate. Insbesondere durch den Faktor ‚Anzahl der Tweets‘.“ Das gelte für den in der Studie untersuchten „Bereich der Umweltforschung. Die Wissenschaftler*innen nehmen an, dass dieses Prinzip auch für andere Disziplinen“ gelte. Auch eine im Juni 2020 vorveröffentlichte Studie mit dem Titel „Does Tweeting Improve Citations?5 bestätigt dieses Ergebnis. Luc et al. analysierten darin unter anderem die Zitationsrate wissenschaftlicher Publikationen im Bereich der Thorax-Chirurgie, beschränkten ihre Aussagen jedoch ebenfalls nicht auf das Fachgebiet. Auch sie resümieren, dass Twitter-Aktivität die Zitationsrate signifikant steigern kann.

„Insofern besteht die begründete Vermutung, dass im Kontext von Twitter eine – indirekte – Auswirkung auch auf die Bewilligung von Drittmittelprojekten nicht auszuschließen ist.“ Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi
Dass sowohl Peoples et al. als auch Luc et al. über ihre Fachdisziplinen hinaus verallgemeinern, ist nicht ganz unkritisch zu sehen. Die Übereinstimmung der Studienergebnisse für zwei verschiedene Fachrichtungen ist jedoch ein Anfang, der optimistisch stimmt. Untersuchungen für weitere Richtungen wären wünschenswert. Aufgebaute Reputation oder Bekanntheit – wozu entsprechend auch die Twitter-Aktivität beigetragen haben kann – kann sich in einem weiteren Schritt auch auf Folgendes auswirken: ob man für einen Vortrag oder zur oben beschriebenen Mitgestaltung von Tagungen oder zu Kolloquien eingeladen wird und auch, ob einem die Gutachter*innen einer Förderinstitution zutrauen, ein bestimmtes Förderprojekt durchführen zu können. Insofern besteht die begründete Vermutung, dass im Kontext von Twitter-Aktivität eine – indirekte – Auswirkung auch auf die Bewilligung von Drittmittelprojekten nicht auszuschließen ist. Und hier schließt sich wiederum der Kreis: Im Rahmen von Drittmittelprojekten ist es häufig verpflichtend, über Inhalte, Stand und Ergebnisse zu kommunizieren – und auch hierfür kann Twitter genutzt werden.

„Auch virtuell durchgeführte Tagungen können das nicht komplett ersetzen. An dieser Stelle ist Twitter ein guter Ersatz.“ Karsten Lübke
In der aktuellen, durch COVID-19 dominierten, Situation ist es außerdem nicht oder nur eingeschränkt – etwa virtuell – möglich, wissenschaftliche Tagungen zu besuchen, um dort die eigene Forschung vorzustellen. „Der wichtige kollegiale Austausch sowie das persönliche Kennenlernen der anderen, zumeist internationalen Forschenden meiner Fachrichtung fällt weg“, sagt Karsten Lübke, Professor am ifes Institut für Empirie & Statistik der FOM Hochschule. Weiter führt er aus: „Die Tagungen werden auch genutzt, um Projekte anzustoßen und sich informell auszutauschen – das geschieht nicht über Journals. Auch virtuell durchgeführte Tagungen können das nicht komplett ersetzen. An dieser Stelle ist Twitter ein guter Ersatz. So kann man auf dem Laufenden bleiben und gleichermaßen die anderen auf dem Laufenden halten.“

Zielgruppenorientierung, Followerschaft und Socia-Media-Werkzeuge

Wichtig ist – und das gilt für alle Medien und Plattformen – neben einer an die Zielgruppe angepassten Sprachwahl und zum Medium passendem Handwerkszeug das Aufbauen einer geeigneten Followerschaft. Das geht in der Regel Hand in Hand. Es ist gut, sich mit dem Medium vertraut zu machen. Erstens durch Lektüre über das Medium, zweitens durch Beobachten der Interaktionen im Medium sowie drittens durch eigene Aktivität. Wichtig ist, Aktivitäten in unterschiedlichen sozialen Medien nicht miteinander zu mischen. Werkzeuge sind neben der richtigen (Bild-)Sprache bspw. auch Verlinkungen und je nach sozialem Medium passende Hashtag-Verschlagwortung. Zentrale Vorarbeit sollte sein, den richtigen Kanal für ein bestimmtes Ziel, eine Botschaft und Zielgruppe zu wählen. Hierzu soll diese Serie einen Beitrag leisten. Weitere Ausführungen zum Thema Ziele und Zielgruppen, mit dem Fokus auf Wissenschaftskommunikation von Hochschulen, gibt es zum Beispiel im Interview „Hochschulkommunikation bei LinkedIn“, das sich nicht ausschließlich auf das genannte Medium bezieht.

Fazit und Ausblick

Forscher*innen und die Wissenschaft im Allgemeinen können vom Einsatz der richtigen sozialen Medien – und Social-Media-Kanäle, wie die nächsten Teile dieser Serie noch zeigen werden – profitieren. Sie bieten eine Fülle an Möglichkeiten für verschiedene Ziele, die Wissenschaftler*innen mit ihrer Forschung erreichen möchten. Zur Steigerung der eigenen Reputation in der Scientific Community können Forscher*innen das soziale Medium Twitter nutzen. Soll Forschung, auch im Sinne der Third Mission, für Gruppen außerhalb der Wissenschaft zugänglich sein, lässt sich dies über Twitter weniger gut erreichen. Nur 5 Prozent der Deutschen nutzen der ARD/ZDF-Onlinestudie zufolge Twitter mindestens einmal wöchentlich. Hier bedarf es anderer sozialer Medien. In Teil zwei dieser Trilogie wird darum das Ziel der Anwendung der Erkenntnisse in der Wirtschaft beleuchtet und im dritten Teil geht es um den Dialog mit der Gesellschaft.

Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.