Grafik: Anne Weißschädel

Man nehme: Verständlichkeit, Korrektheit – und kommunikations­willige Forscher

Welche Zutaten braucht es für gute Wissenschaftskommunikation? Auch das wollten wir in unserer Umfrage zum Zukunfts-Schwerpunkt herausfinden. Ein Überblick über die am häufigsten genannten Antworten.

Im März haben wir unsere Leserinnen und Leser gebeten, uns in einer Umfrage ihre Sicht auf die Zukunft der Wissenschaftskommunikation mitzuteilen. 230 Personen haben teilgenommen, die größte Gruppe waren Beschäftigte aus der Öffentlichkeitsarbeit. Neben der Frage, was sich die Teilnehmenden wünschen, um in Zukunft mehr oder besser kommunizieren zu können, und wie sich diese Veränderungen wohl erreichen lassen, wollten wir wissen: Welche Zutaten braucht es eigentlich für gute Wissenschaftskommunikation? Die Antworten zeigen: Den Hauptbestandteil, der allen Befragten gleichermaßen wichtig ist, gibt es nicht – das Rezept ist vielfältig. So erwähnten selbst den am häufigsten genannten Punkt, Verständlichkeit, nur ein Drittel der Teilnehmer.

Die sieben meistgenannten Bestandteile guter Wissenschaftskommunikation
Grafik: Anne Weißschädel

 

Auf die offene Frage haben insgesamt 138 Personen geantwortet. Davon nannten 51 % Öffentlichkeitsarbeit als ihr Tätigkeitsfeld, ein Fünftel (20 %) sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, 12 % arbeiten im Journalismus. Fünf Prozent verstehen sich sowohl als Forscher als auch als Öffentlichkeitsarbeiter, vier Prozent gaben an, in der Öffentlichkeitsarbeit und im Journalismus gleichermaßen heimisch zu sein. Diese Verteilung entspricht fast genau der Zusammensetzung der Gesamtstichprobe. Es waren also nicht einzelne Berufsgruppen stärker oder weniger bereit, sich zu dieser Frage zu äußern. Die Antworten haben wir zwecks besserer Übersichtlichkeit in Cluster zusammengefasst.

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Foto: SpaceX, CC0

Ganz oben auf der Zutatenliste, in 33 % der Antworten genannt, steht eine einfache und verständliche Sprache. Manche Teilnehmer sprachen in diesem Zusammenhang von „guter Schreibe“, auch Begriffe wie „journalistische Kompetenz“ haben wir hierzu gezählt. In rund der Hälfte der Fälle fiel explizit der Begriff der Verständlichkeit. Bei einigen war auch von der gelungenen „Übersetzung“ wissenschaftlicher Inhalte in eine für Laien verständliche Sprache die Rede. Eine Person aus der Öffentlichkeitsarbeit forderte: „Mut für schräge Vergleiche, knappe Sätze und treffsichere Bilder“.

Keine Angst vor Verständlichkeit!

Traditionell wird die Aufgabe des Übersetzens – also wissenschaftliche Sachverhalte möglichst allgemeinverständlich auszudrücken – Pressearbeitern und Journalistinnen zugeschrieben. Die Autorin und Redenschreiberin Jacqueline Schäfer berichtete etwa vor kurzem auf unserem Portal, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hätten häufig Angst, „zu wenig intellektuell oder wissenschaftlich zu wirken“, wenn sie sich laienverständlich ausdrücken und ihre Erkenntnisse beispielsweise mit Hilfe von Metaphern erklären. Das bezieht sich nicht nur auf die Öffentlichkeit, sondern auch auf das Urteil von Forscherkollegen. Fachjargon sei eine Möglichkeit, mit der Forschende den Diskurs unter sich halten können. Dem gegenüber steht der Ruf nach Verständlichkeit nicht nur für den interessierten Teil der Öffentlichkeit, sondern sogar für schwer erreichbare Zielgruppen (wie etwa bereits 2015 vom Siggener Kreis gefordert).

38 Personen (28 %) nannten die wissenschaftliche Fachkenntnis der Kommunikatoren beziehungsweise die Korrektheit der Informationen als wichtige Zutat. „Seriosität“, „gründliche Recherche“, „inhaltliche Qualität“ und „wissenschaftliches Verständnis“ waren einige der Stichworte. Während manche Teilnehmenden eher darauf abhoben, dass wissenschaftliche Sachverhalte nicht verzerrt oder falsch wiedergegeben werden sollten (und dies zum Beispiel als „Faktentreue“ bezeichneten), forderten andere in diesem Cluster, dass Kommunikatoren „komplexe Sachverhalte einordnen und Konsequenzen aufzeigen“ können sollten.

Korrektheit und Verständlichkeit sind wohl nicht von ungefähr die beiden meistgenannten Zutaten, dreht sich doch um diese beiden Pole ein großer Teil der handwerklichen Arbeit von Wissenschaftskommunikatoren. Doch Seriosität und inhaltliche Qualität dürfte noch aus einem weiteren Grund weit vorne liegen: nämlich der Sorge um zunehmenden Populismus und Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen. Eine Lanze brechen für Wissenschaft als Methode, objektives Wissen hervorzubringen – oder zumindest: so objektiv wie möglich –, wollen aktuell auch die Teilnehmenden und Unterstützer der Wissenschaftsmärsche. Sie haben sich unter anderem als Reaktion auf eine nach ihrer Ansicht grassierende Wissenschaftsfeindlichkeit in Politik und Bevölkerung formiert.

Forschende mit Sendungsbewusstsein gesucht

An dritter Stelle unterstrichen die Befragten, wie bedeutsam eine aktive Rolle der Wissenschaftler selbst im Prozess der Wissenschaftskommunikation ist. In 20 % aller Antworten wurden etwa die „Kommunikation mit Forschenden“ genannt, ein „Sendungsbewusstsein von Seiten der Wissenschaft“, „volksnahe Forschende“ oder „engagierte“ und „kommunikative Wissenschaftler“. Unter den Teilnehmern, die diese Zutat anführten, waren Öffentlichkeitsarbeiter übrigens überproportional vertreten; aus dieser Gruppe kamen 19 der 27 Nennungen oder 70 %. Nur drei Personen aus der Wissenschaft und eine aus dem Journalismus betonten dagegen die Kommunikationsbereitschaft von Forschenden. Vor allem, dass die Journalisten unserer Stichprobe diesen Punkt nicht stärker erwähnten, ist erstaunlich – sollte aufgrund der geringen Fallzahlen in diesem Antwortcluster aber auch nicht überinterpretiert werden.

Ob Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst Kommunikation „nach draußen“ betreiben sollten, ist eine derzeit vieldiskutierte Frage (siehe auch unser Pro und Contra von Sabine Hossenfelder und Michael Sonnabend). Zumindest aber sind die Teilnehmenden unserer Umfrage davon überzeugt, dass engagierte Forschende grundsätzlich für die Kommunikation gebraucht werden, und sei es beispielsweise in Form ihrer Bereitschaft, mit Pressestellen zusammenzuarbeiten.

Immerhin an vierter Stelle, von 19 % der Befragten genannt, stehen Leidenschaft, Enthusiasmus und Motivation. Kommunizierende sollen selbst Begeisterung verspüren und Begeisterung bei anderen wecken oder, wie ein Teilnehmer es formulierte: „Es soll Spaß machen“! Auch Neugier und generell der Wunsch, sich mitzuteilen, zählten zu diesem Cluster.

Nummer fünf der meistgenannten Zutaten: Das Denken an und in Zielgruppen. Fünfundzwanzig Teilnehmende (18 %) fanden es wichtig, dass Kommunikatoren stets wissen, wen sie mit ihren Kommunikationsbemühungen erreichen wollen. Damit sprechen die Befragten einen Punkt an, der als Grundvoraussetzung für erfolgreiche Kommunikation gilt und sich dementsprechend in Vielen Handreichungen und Leitlinien zum Thema findet. „Der größte Fehler ist es, verschiedene Zielgruppen auf dieselbe Weise und mit derselben Botschaft anzusprechen“, heißt es etwa in einem Leitfaden für Forschende, den der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) herausgegeben hat.

Mit Transparenz gegen Wissenschaftsverdruss?

Offenheit und Transparenz wurden von 16 % der Antwortenden als bedeutsame Wisskomm-Zutat notiert. Auch Begriffe wie „Ehrlichkeit“, „Authentizität“ und „Glaubwürdigkeit“ ordneten wir diesem Cluster zu. Die vermehrt zu hörenden Rufe nach Transparenz – sowohl über die Ziele, die Finanzierung und die Vorgehensweise der Wissenschaft als auch über ihre Grenzen und Fallstricke – darf als Reaktion darauf gewertet werden, dass viele Forscher ein sinkendes Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft konstatieren. Fünf der hier gezählten Antworten enthielten auch explizit das Wort „Vertrauen“.

Es mag überraschen, dass das Thema Ressourcen nur in 15 % der Antworten genannt wurden und damit erst an siebter Stelle der Zutatenliste kommt – standen doch mehr Zeit, mehr Geld und (mit Abstrichen) mehr Personal ganz oben, als es darum ging, was sich die Teilnehmer wünschen, um besser kommunizieren zu können. Genügend Zeit und ausreichende Finanzierung wurden als Schlagworte in diesem Cluster etwa gleich häufig genannt. Beides sahen die Teilnehmenden demnach zwar als notwendig für gelungene Wissenschaftskommunikation an, aber nicht als die wichtigsten Ingredienzen. Was Kommunikatoren, die diese Zutat gerade nicht zur Hand haben, vielleicht Hoffnung machen kann: Auch mit beschränkten Ressourcen lässt sich offenbar nach Meinung unserer Umfrage-Teilnehmenden eine ansprechende Wissenschaftskommunikation betreiben, wenn die übrigen Bestandteile stimmen.

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