Infektionskrankheiten wie Covid-19 sind besonders dann von allgemeinem Interesse, wenn sie uns betreffen (könnten). Till Koch ist Mediziner und Forscher, der in seinem Podcast über die aktuelle Pandemie spricht, aber auch über Erkrankungen wie Ebola oder die eher unbekannte Infektionskrankheit Loiasis.
Infektiopod.de – ein Podcast über Infektionskrankheiten vom Mediziner und Forscher Till Koch
Herr Koch, Sie sind als Arzt am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf tätig und auch in der Forschung aktiv. Wie kamen Sie auf die Idee, da noch nebenher einen Podcast über Infektionskrankheiten zu starten?
Das ist eine sehr berechtigte Frage, weil ja die beiden Tätigkeiten zusammen bereits sehr zeitintensiv sind. Diese Form der Kommunikation mache ich primär aus ganz eigenem Interesse und in meiner Freizeit. Ich mag Podcasts gerne und mich interessiert die Infektionsmedizin als Thema sehr. Inspiriert haben mich englischsprachige Beispiele wie „This Week in Parasitism“. Da unterhalten sich amerikanische Ärztinnen und Ärzte mit Forschenden in lockeren Gesprächen über Parasiten.
Sich inspirieren lassen ist eine Sache, aber tatsächlich selber einen Podcast zu starten eine andere.
Stimmt, es brauchte noch einen weiteren Faktor. Während meiner beruflichen Laufbahn habe ich immer viel Freude daran gehabt, Studierenden Infektionsmedizin beizubringen. Mit meinem Podcast konnte ich meine Faszination für das Thema und die Wissensvermittlung verbinden. Deshalb habe ich einfach mal angefangen und es ausprobiert. Um zu sehen, ob es klappt und mir Spaß macht. Nach mittlerweile einem Jahr und durchschnittlich einer Folge pro Monat kann ich sagen: Ja, es macht Spaß und ich will es auch auf jeden Fall weiterführen.
Geben Sie uns einen Einblick in den Aufbau Ihres Podcasts?
Für die Inhalte suche ich mir immer eine Expertin oder einen Experten zum jeweiligen Thema, mit denen ich ein lockeres Gespräch zu einer Infektionskrankheit und dem Erreger führe. Dafür schreibe ich mir eine Struktur auf und versuche dabei immer nach dem gleichen Schema vorzugehen: Zunächst sagen wir etwas über den Erreger und gehen auf die Geschichte der Erkrankung ein, dann kommen wir zur Epidemiologie, der Diagnostik und zum Krankheitsbild, und zum Schluss besprechen wir die Therapie. Der Vorteil dieses Dialogformats ist für mich, dass ich nicht alleine eine Stunde lang ein Skript ablesen muss, das würde mir ziemlich langweilig vorkommen. Ich möchte auch keine perfekt geskriptete Unterhaltung und versuche möglichst wenig zu schneiden. Viele der Folgen sind daher sogenannte One-Takes, die 30 bis 60 Minuten dauern und an die ich nur das Intro und Outro hänge. Dadurch ist es für mich zeitlich neben meiner Klinik- und Forschungsarbeit machbar. Wenn ich mir die fertigen Folgen noch einmal anhöre, zeichne ich dabei gerne ein paar Visualisierungen zum besprochenen Thema, die ich mit der Audiodatei auf Infektiopod.de publiziere.
Wie gestalten Sie die Recherche zu den Themen und wie finden Sie Ihre Expertinnen und Experten?
Die meisten meiner Gäste sind Kolleginnen und Kollegen des Universitätsklinikums in Eppendorf, mit denen ich täglich zusammenarbeite. Alle vorgestellten Themen habe ich mit ihnen schon einmal in irgendeiner Form besprochen, sei es im Rahmen einer Fortbildung oder weil wir uns über eine Patientin oder einen Patienten mit dieser Krankheit ausgetauscht haben. Einige Interviewte habe ich aber auch von Kolleginnen und Kollegen vermittelt bekommen. Es sind hochkarätige Forscherinnen und Forscher, wie Sven Pischke, mit dem ich über Hepatitis E gesprochen habe. Oder Marylyn Addo, in deren Forschungsgruppe ich arbeite und mit der ich über Ebola gesprochen habe. Sie war wesentlich an der Erforschung des Ebola-Impfstoffs beteiligt.
Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Podcast?
Warum sollten wir alle mehr über Infektionskrankheiten wissen?
Gerade bei Viren ist es ja so, dass sie vor Landesgrenzen nicht Halt machen. Wie wir bei Ebola gesehen haben und es gerade auch bei dem aktuellen Ausbruch des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 sehen, kann ein solcher Ausbruch von heute auf morgen nicht mehr lokal begrenzt sein, sondern auch in Windeseile auf andere Teile der Welt übergreifen. Alleine deswegen sollte es ein ureigenes Interesse von uns sein, mehr darüber zu erfahren.
Und warum liegen Ihnen auch Erkrankungen am Herzen aus, die bei uns eher selten oder gar nicht auftreten?
Die Schistosomiasis, die ich auch im Podcast bespreche, tritt in Deutschland höchstens bei Reisenden auf, da es eine Wurmerkrankung ist, die an Schnecken als Zwischenwirte gekoppelt ist, die nur in bestimmten Regionen vorkommen. Global betrifft sie aber viele Hundertmillionen Menschen. Da wir ein Nord-Süd-Gefälle in Ressourcen und Forschungskapazitäten haben und der Norden besser aufgestellt ist, sehe ich unsere Verpflichtung darin, uns auch um Probleme zu kümmern, die nicht nur vor unserer eigenen Haustür stattfinden. Mit einer direkten Kollegin, die Expertin für die Loiasis ist, eine Erkrankung durch den (viel selteneren) Augenwurm Loa loa, habe ich eine Folge zu diesem Thema aufgenommen. Ich finde das einerseits sehr eindrücklich und andererseits findet diese Erkrankung wenig Beachtung – so wenig, dass sie noch nicht einmal auf der Liste der vernachlässigten tropischen Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation (sog. neglected tropical diseases, NTD) auftaucht. Sie betrifft global gesehen vergleichsweise wenige, aber es sind doch viele Tausend Menschen pro Jahr in bestimmten zentralafrikanischen Ländern mit geringen Ressourcen für deren Erforschung. Ich hätte die Hoffnung, dass die Wissensvermittlung zu einer eher unbekannten Erkrankung langfristig dazu führt, dass sie mehr Aufmerksamkeit erhält und dadurch auch mehr Forschung in diesem Bereich betrieben wird.
Die aktuelle Folge behandelt gar kein Randthema, denn es geht um Covid-19. Auf was haben Sie hier Ihr Augenmerk gelegt?
Das Coronavirus hat etwas Neues und Einzigartiges an sich. Das gilt auch für die Berichterstattung: Das Ausmaß, mit dem sich die Verunsicherung und Halbwahrheiten parallel zum Virus ausgebreitet haben, ist noch nie dagewesen. Das ist eine Situation, bei der wir alle als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Verantwortung sind, dagegenzuhalten und möglichst sachliche und wissenschaftlich fundierte Informationen zu liefern. Daher war es mir wichtig, auch dazu einen Podcast zu machen.
Welches sind die größten Herausforderungen bei Ihrer Kommunikation?
Ich möchte einerseits Ärztinnen und Ärzte, aber auch interessierte Laien erreichen. Das ist ein Spagat und da muss ich wahrscheinlich auch noch besser werden, um für beide Publikumsgruppen etwas Interessantes zu liefern. Das ist für mich die größte Herausforderung! Bei einem Thema wie Covid-19 gibt es schon recht viel leicht verdauliche Information in diversen Wissensformaten. Mir fehlt hier eine tiefergehende Beschäftigung mit dem Thema aus wissenschaftlicher Sicht.
Wie reagieren die Hörerinnen und Hörer auf Ihren Podcast und wer hört zu?
Da ich bislang keinerlei Werbung für den Podcast gemacht habe, ist die Hörerschaft noch recht klein. Erst kürzlich habe ich ein Plugin für eine Statistik installiert, das zeigte circa 50 Downloads in einer Woche. Aus Kollegenkreisen kommen durchweg positive Rückmeldungen. Bei Familie und Freunden hieß es: „Es ist interessant was Du da machst, aber es ist uns zum Teil zu anspruchsvoll oder zu voraussetzungsvoll.“ Vor allem bei der Einführung von neuen Fachbegriffen können wir auch noch besser werden im Infektiopod. Andererseits gibt es auch Fachbegriffe, die man gar nicht mit ein bis zwei Sätzen erklären kann.
Haben Sie deswegen eine „Basic-Folge“ in Ihrem Podcast erstellt, in der sie Labormethoden wie eine PCR erklären?
Ja, das kam durch diese Anregungen zum Podcast zustande. Angefangen habe ich mit der Erklärung der Polymerasekettenreaktion, kurz PCR. Hier kann ich mir die Zeit dafür nehmen, auch die Grundlagen erklären. Das möchte ich fortsetzen und mich einigen Grundlagen der Biologie widmen. Also beispielsweise zu Antikörpern oder dem Immunsystem eine Folge erstellen, damit man das nicht bei den spezifischeren Themen, bei denen es eher um den Erreger gehen soll, einführen muss, sondern auf dieses Wissen zurückgreifen kann.
Weitere Information:
Till Koch berichtet über seinen Podcast im Videointerview.