Foto: Ben Knabe 

Im Profil: Sina Kürtz

Schon in ihrer Schulzeit war Sina Kürtz genervt von liebloser Vermittlung naturwissenschaftlicher Inhalte. Als Moderatorin und Podcasterin für den SWR möchte die Physikerin junge Leute für Wissenschaft begeistern. Für die Wissenschaftskommunikation wünscht sie sich buntere Formate und eine Nobelpreisträgerin, die gleichzeitig Instagram-Influencerin ist. Warum? Das verrät sie im Jobprofil.

Karriereleiter, Karrieresprungbrett oder Karrierekarussell – Wie war Ihr Weg in die Wissenschaftskommunikation?

Eigentlich fühlte es sich mehr nach Karussell an, aber rückblickend war es vielleicht doch viel geradliniger als gedacht. Ich habe mich immer für Physik und Astronomie interessiert und gleichzeitig zog es mich, seit ich denken kann, auf die Theaterbühne. Da ist man nach dem Schulabschluss ziemlich aufgeschmissen. Physik mit Nebenfach Schauspiel? Tja, dazu habe ich leider nichts im Hochschulangebot gefunden. Also hab ich das normale Physikstudium gewählt und in meiner Freizeit in Theaterproduktionen gespielt und vor dem Mikro des Uniradios gearbeitet. Hier fanden dann auch die ersten Symbiosen zwischen meinen beiden Interessen statt: Physikshows an der Uni und Wissenschaftssendungen im Uniradio. Während meiner Arbeit als Studentin im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt habe ich mit Freunden angefangen, Videos zu Physik- Experimenten zu produzieren. Dadurch habe ich meine ersten Kontakte zum SWR bekommen und darf seitdem von hier aus die Menschen mit Wissenschaft unterhalten.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag?

Mich hat es schon in der Schule genervt, dass so viele naturwissenschaftliche Inhalte oft ziemlich lieblos und unkreativ an junge Menschen herangetragen werden. Kein Wunder, dass wir Nachwuchsmangel in der Forschung haben. Aber machen wir uns nichts vor, auch wenn Physik spannend ist, viele Themen sind trotzdem anspruchsvoll. Polarlichter sehen wunderschön und faszinierend aus, aber in zwei Sätzen hat man dieses Phänomen nicht erklärt, ohne dass Fragen offen bleiben. Genau hier liegt die Herausforderung: Dinge so erklären, dass sie verständlich sind, neugierig machen und bei den Erklärungen gleichzeitig wissenschaftlich korrekt und präzise bleiben. Ich möchte vor allem junge Menschen für Naturwissenschaften begeistern, weil ich glaube, dass Bildung und Wissenschaft der erste Schritt zur Lösung vieler Probleme und Fragen unserer Zeit sind. Egal ob sozialgesellschaftlich oder technisch. Es kann sich also nur lohnen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?

Mehr Kreativität und Unterhaltung. Bestehende Formate können gerne noch bunter werden und mehr Kunst kann einfließen, mehr kann ausprobiert werden. Interdisziplinäre Ansätze sind in der Forschung ganz normal, warum nicht auch mal mehr Kunst oder Entertainment ausprobieren? Mischt die besten Wissenschaftler*innen mit den besten Regisseur*innen und die besten Szenenbildner*innen mit den besten Ingieneur*innen. Gleichzeitig brauchen wir mehr Formate für Mädchen. Ich fände es toll, wenn irgendwann mal die zukünftige Nobelpreisträgerin der Physik gleichzeitig die größte Instagram-Influencerin des Jahres ist und wir für junge Menschen spannende vielfältige Vorbilder haben.

Ihre wichtigsten Tipps für den Wechsel von Forschung in die Wisskomm sind…?

Man sollte sich folgende Fragen stellen: Was will ich gerne erzählen? Denn das, was mich selbst begeistert, damit kann ich auch andere am einfachsten begeistern. Wichtig ist auch, sich über Zielgruppe und Formate Gedanken zu machen: Wen will ich genau erreichen und über welche Plattform möchte ich das tun? Video, Bühne, Podcast, Literatur, Blogging, Fotostrecke – heutzutage gibt es sehr viele Formate, die man für seine Wisskomm nutzen kann. Gibt es einen tollen Versuchsaufbau über Quantenoptik, den ich in einem Video zeigen will? Möchte ich eine Geschichte über die Entdeckung der Radioaktivität in einem Podcast erzählen? Sollen die Leute endlich mal sehen, wie der Arbeitsalltag eines Luft- und Raumfahrt- Ingieneurs als Comic aussieht? Und manchmal ist die wichtigste Frage: Wer kann mir dabei helfen, wenn ich selber nicht weiß welchen Weg ich wählen soll?
Das Gute an der heutigen Zeit ist, dass es in fast jeder Forschungseinrichtung oder Hochschule eine eigene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit gibt, die sich über Inhalte von motivierten Leuten aus der Forschung freut. Und das Internet bietet noch mehr Inspiration und Möglichkeiten, Wissenschaft zu präsentieren. Generell würde ich sagen: Einfach machen und sich ausprobieren!


Sina Kürtz arbeitet in der Nachwuchsförderung des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt. Seit 2021 ist die Physikerin auch als Wissenschaftsmoderatorin für den SWR und ARD aktiv, etwa für die Wissenschaftssendung „Tomorrow Now“, die sie gemeinsam mit Niklas Kolorz moderierte. Zudem ist sie Host beim SWR2-Podcast „Fakt ab! Eine Woche Wissenschaft“.