Foto: Sam McGhee, CC0

„Ich musste mich erst daran gewöhnen, mich selbst im Video zu sehen“

Auf Youtube über die eigene Forschung sprechen? Das kann ja nicht so kompliziert sein, dachte Lennart Bach, Postdoc am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, und hat es ausprobiert. Im Interview berichtet er über den Selbstversuch und was er dabei über Wissenschaftskommunikation und Videos gelernt hat.

Herr Bach, warum haben Sie die Youtube-Serie „Klima Real Talk“ gestartet?

Für einen Projektantrag habe ich mich in die Forschung über den Klimawandel – genauer in den Themenkomplex der negativen Emissionen – eingearbeitet. Und obwohl ich dachte, darüber schon viel zu wissen, ist mir selbst aufgefallen, dass mir einige der entscheidenden Details noch gar nicht bekannt waren. Das ging meinen Kollegen ähnlich. Und da dachte ich: Wenn wichtige Details schon in unserem Bereich nicht vollständig bekannt sind, dann lohnt es sich, es auch noch mehr Menschen zu erklären.

Wie steigen Sie in dieses komplexe Themenfeld Klimaforschung ein?

Die Folge Eins ist eher die Vorbereitung auf mein Kernanliegen. Eigentlich möchte ich über das Thema negative Emissionen sprechen, also was man tun muss, um CO2 wieder aus der Atmosphäre herauszufiltern und zu binden. Dazu möchte ich auch weiter forschen. Trotzdem habe ich mich im Mai erst mal dazu entschieden, die Grundlagen dafür in einem Video zu verpacken. Damit wollte ich zum einen meine Recherche zugänglich machen und sie zum anderen auch für die Zukunft festhalten.

<b>Lennart Bach</b> ist Postdoc in der Biologischen Ozeanographie am <a href="https://www.geomar.de/mitarbeiter/fb2/bi/lbach/" target="_blank" rel="noopener"><i>GEOMAR</i> Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel</a>. Er forscht zu den Bereichen Mariner Kohlenstoffkreislauf, Phytoplanktonverteilung und -evolution im Ozean und Auswirkungen des Klimawandels auf pelagische Lebensgemeinschaften. Foto: Lennart Bach
Lennart Bach ist Postdoc in der Biologischen Ozeanographie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Er forscht zu den Bereichen Mariner Kohlenstoffkreislauf, Phytoplanktonverteilung und -evolution im Ozean und Auswirkungen des Klimawandels auf pelagische Lebensgemeinschaften. Foto: Lennart Bach

Warum haben Sie sich denn für ein Video als Format entschieden?

Davon verspreche ich mir, mehr als sonst meine Generation zu erreichen. Ich könnte den Text, den ich eingesprochen habe, ja auch recht einfach für einen Blog aufbereiten. Ich sehe da aber nicht so wirklich Sinn drin. Ich glaube nicht, dass das viel gelesen wird. Youtube ist das Medium, das wir eigentlich viel mehr nutzen müssten. Deshalb wollte ich genau das machen.

Ist es ihnen leicht gefallen, das Video zu drehen?

Nein, überhaupt nicht. Ich dachte, ich könnte ausnutzen, dass ich mich zur Vorbereitung meines Forschungsprojektes gerade in den aktuellen Forschungsstand eingelesen und die Fakten grad parat hatte. Die Umsetzung habe ich dann aber ziemlich unterschätzt. Ich würde mich eher nicht als geborenen Kommunikator bezeichnen und musste mich erst daran gewöhnen, mich selbst zu filmen und das dann auf dem Computer zu sehen. Also habe ich zuerst einen Text verfasst und mir dann zum ersten Mal auch angeschaut, wie andere Leute das auf Youtube eigentlich machen. Die meisten sprechen gar keine langen Texte am Stück, sondern immer nur einzelne Sätze und machen dann schnelle Schnitte. Das macht es viel einfacher, den Text vor der Kamera einzusprechen. Man muss nicht 300 Sätze am Stück gut sprechen, sondern immer nur einen oder zwei.

Wie viele Anläufe haben Sie denn für den ersten Film gebraucht?

Drei. Meinen ersten Versuch habe ich meiner Frau gezeigt und sie hat gesagt, ich solle etwas seriöser rüberkommen und nicht so aufdringlich in die Kamera sprechen. Da habe ich mir ein Hemd angezogen, mich vor ein Kornfeld gestellt und das Ganze noch einmal draußen aufgezeichnet. Das Setup wirkte aber irgendwie unauthentisch. Beim dritten Versuch habe ich mich dann zu Hause in einen Sessel gesetzt und versucht zu entspannen. Das war dann so weit erträglich, dass ich das auch veröffentlichen wollte.

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Und wie lange hat das insgesamt gedauert?

Das waren bestimmt zwei volle Tage – auch gedanklich hat es mich immer wieder beschäftigt, bis die Idee ausgereift war. Am Anfang dachte ich, dass es recht schnell gehen müsste, weil ich mir die ganzen Informationen ja bereits für den Forschungsantrag angelesen hatte. Den Aufwand habe ich also schon sehr unterschätzt. Ich wollte am Ende nicht noch mehr Wochenenden in dieses eine Video investieren. Das macht mir zwar Spaß, aber ich bin Wissenschaftler und schaue mir lieber Daten an.

Sie kündigen im Video eine zweite Folge an. Was planen Sie dafür?

Da ich sie schon groß angekündigt habe, muss ich sie dann ja auch machen (lacht). Aber die zweite Folge ist eigentlich auch mein Grundanliegen: die negativen Emissionen. Ob ich danach noch weitere Folgen machen werde, hängt natürlich davon ab, ob ich ein Thema wichtig finde und einen sinnvollen Beitrag leisten kann. Ich mach es nur, wenn ich Inhalte liefern kann.  

Welche Tipps würden Sie anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geben, die ein ähnliches Projekt starten möchten?

Das Filmen muss man erst einmal üben. Am Anfang wusste ich nicht, wie ich mich hinstelle, wo ich hinschaue, etc. Und wenn dann ein Detail nicht passt, muss man alles noch mal machen. Das braucht schon etwas Übung und war ziemlich nervig. Aber am Ende hatte ich dann schon zu viel Arbeit reingesteckt, um es wieder abzubrechen. Und ich hatte auch mal ein Medientraining hier am GEOMAR. Da haben wir schon geübt, vor der Kamera zu reden. Das hat mir sehr geholfen.

Gab es denn Feedback auf das Video und wenn ja, wie ist dieses ausgefallen?

Die Rückmeldungen sind überwiegend positiv. Ich habe aber auch Verbesserungsvorschläge bekommen. Zum Beispiel ist das Video eher nicht für Menschen geeignet, die noch gar nichts über das Thema wissen. Ich setze zu viel voraus und erkläre manche Details nicht. Zum Beispiel erwähne ich zwar, dass eine Gigatonne eine Milliarden Tonnen sind. Aber man kann sich unter dem Maß einfach nichts vorstellen. Da muss ich mir noch mal Gedanken machen, wie weit ich solche Informationen runterbrechen kann, ohne unwissenschaftlich zu werden. In erster Linie bin ich natürlich Wissenschaftler und da ist es mir wichtig, nicht so stark zu vereinfachen, dass es für mich nicht mehr korrekt ist. Das ist aber ziemlich schwierig und da liegt irgendwo auch die Kunst.