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#Wisskomm bei der Europawahl 2019 – Das plant die FDP

Welche Ideen haben die Parteien für die Wissenschaftskommunikation in Europa? Zur Europawahl haben wir die Parteien im Bundestag dazu befragt. Die Antworten auf unsere vier Fragen von der FDP im Überblick.

Welche Bedeutung hat für Sie der Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft im europäischen Raum und (wie) wollen Sie diesen fördern?

Wir Freie Demokraten erachten den Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft für wesentlich. So zeigen etwa die Debatten um „fake news“ oder Abgaswerte, dass Wissenschaft und Gesellschaft teilweise die Fähigkeit des Austausches verloren haben. Der Transferkanal aus der Wissenschaft in die Gesellschaft und Wirtschaft ist möglicherweise derzeit unterentwickelt. Die Aufgabe des Austauschs muss von allen Beteiligten, sowohl der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft als auch der Politik, offensiv vorangetrieben werden.

Daher wollen wir Freie Demokraten etwa die existierenden exzellenten Forschungszentren in der Europäischen Union (EU) stärker vernetzen. Denn wissenschaftliche Erkenntnisse haben keine Staatsbürgerschaft, sondern fördern den Fortschritt überall in unserer Gesellschaft und der Welt, wenn wir sie teilen. Im Haushalt der EU soll Forschung künftig ein stärkerer Förderungsschwerpunkt sein. Wir setzen uns für die Freiheit der Forschung ein und fordern dementsprechend, dass bei der EU-Forschungsförderung nicht politische Interessen die Schwerpunkte vorgeben. Außerdem soll die EU die bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit der Forschungszentren verstärkt unterstützen.

Wir Freie Demokraten wollen ein Europa des wissenschaftlichen Austausches schaffen. Im zunehmenden internationalen Wettbewerb können die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nur gemeinsam Spitzenreiter in Forschung und Innovation sein. Der Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern untereinander sowie mit der Gesellschaft, Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Universitäten muss erleichtert werden. Die digitale Revolution schafft auch in der Wissenschaft neue Möglichkeiten. Auf Basis des europäischen Forschungsrahmenprogramms „Horizont Europa“ muss ein digitaler Austausch unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern jederzeit gewährleistet werden. Hierzu gehören die dezentrale Bereitstellung von Materialien für Open Data und die digitale Durchführbarkeit von PhD- oder anderen Forschungsprojekten. In diesem digitalen europäischen Netzwerk für Wissenschaft und Forschung muss der Schutz des geistigen Eigentums gewahrt bleiben.

Gleichzeitig wollen wir die Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen, die mehr als 50 Prozent durch europäische Forschungsförderung finanziert wurden, durch Open Access zum Standard machen. Schutz von geistigem Eigentum und Nutzungsrechten der Forscher, Institute und forschenden Wirtschaft bleiben hiervon unberührt. Dies verbessert die stark begrenzte Verfügbarkeit, besonders die zu hohe Schwelle zwischen Wissenschaft und gesellschaftlicher sowie wirtschaftlicher Innovation und macht die europäische Forschungsförderung zu einem Beschleuniger im internationalen Wettbewerb.

Bei Horizont 2020 gab es einen eigenen Förderschwerpunkt „Wissenschaft mit der und für die Gesellschaft“. Im ersten Entwurf des Folgeprogramms fehlt dieser Schwerpunkt. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

In der Vergangenheit wuchs in Teilen der Gesellschaft das Misstrauen gegenüber der Wissenschaft. Ohne wissenschaftliche Erkenntnisse sind aber europäische und globale Herausforderungen des Klimawandels oder der Digitalisierung nicht zu bewältigen. Wissenschaft benötigt also gesellschaftliche Akzeptanz und Legitimität. Daher befürworten wir eine Erkennbarkeit der Themen des Förderschwerpunkts „Wissenschaft mit der und für die Gesellschaft“ auch im Folgeprogramm, „Horizont Europa“, welches anders als sein Vorgänger bedarfsgerecht finanziert werden sollte. Wie in Frage 1 beschrieben, fordern wir etwa – eine bisherige Förderaktivität von „Wissenschaft mit der und für die Gesellschaft“ – die Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen, die mehr als 50 Prozent durch europäische Forschungsförderung finanziert wurden, durch Open Access zum Standard machen.

Sind Sie der Meinung, dass Wissenschaftskommunikation Teil der Forschung in Europa sein sollte? Welche Art von Dialogen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft schwebt Ihnen für den europäischen Raum vor?

Wissenschaftskommunikation sollte ein fester Bestandteil der Forschung in Europa sein. Durch den Austausch mit der Öffentlichkeit zu wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen, der Beteiligung von Bürgern an Forschungsprojekten sowie der Teilhabe der Zivilgesellschaft und anderen Akteuren an forschungspolitischen Prozessen soll der Dialog gestärkt werden.

So können etwa außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit einer gelungenen Kommunikation hinsichtlich der konkreten Forschungserfolge, auch dazu beitragen, die gesellschaftliche Akzeptanz und das Vertrauen gegenüber der Wissenschaft insgesamt zu stärken. Daher fordern wir etwa, dass die Finanzierung von außeruniversitären Forschungsorganisationen u.a. auch vom Transfer und dem Impact von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie Kultur und Zivilgesellschaft abhängen sollte.

Promovierende spielen für die Wissenschaftskommunikation eine besondere Rolle und sollten dementsprechend geschult werden, da aus ihnen die nächste Generation der führenden Forscher hervorgeht. Neue Formate wie Wissenschaftsblogs ermöglichen, bereits zu Anfang der eigenen Karriere, eine große Reichweite über die akademischen Kreise hinaus zu erlangen. Es ist zu wünschen, dass dies bei künftigen Einstellungen und Berufungsverfahren eine größere Gewichtung erfährt.

Wir fordern zudem eine Deutsche Transfergemeinschaft, die den Transfer von innovativen Forschungsergebnissen in Gesellschaft und Wirtschaft ermöglicht. Diese Transfergemeinschaft soll den Erkenntnistransfer aus der Wissenschaft in die praktische Anwendung durch Kooperationen mit Partnern aus der Wirtschaft und Zivilgesellschaft fördern. Inwiefern ein Ausbau zu einer europäischen Transfergemeinschaft zielführend wäre, könnte in Zukunft diskutiert werden.

Wo liegen die Programmschwerpunkte Ihrer Partei zu Forschung bzw. Wissenstransfer?

Spitzenreiter in Forschung und Innovation kann Europa nur sein, wenn wir unsere Kräfte bündeln. Vernetzen wir daher unsere Hochschulen und Forschungszentren noch viel mehr, fördern wir den wissenschaftlichen Nachwuchs und erhöhen wir die europaweite Mobilität von Studierenden.

Wir Freie Demokraten wollen daher Studieren, Forschen und Lehren europäischer gestalten. Seit Jahrhunderten sind die Universitäten Europas Orte der internationalen Begegnung und der vereinten Suche nach universalen Wahrheiten. Dafür soll die Europäische Union den Ausbau grenzüberschreitender Hochschulnetzwerke vorantreiben. Die Partneruniversitäten sollen internationale Studiengänge anbieten, multinationale Forschungsvorhaben durch zwischen ihnen abgestimmte Forschungszulagen erleichtern und Studierende, Forschende und Lehrende aller akademischen Fachbereiche mehrsprachig auf ein Leben und Wirken in Europa vorbereiten. Neben diesem Bottom-up-Ansatz streben wir auch punktuell die Gründung neuer Hochschulen in Trägerschaft der EU an. Digitale Lehr- und Lernangebote sollen dabei im Fokus stehen, um Bildung standortunabhängig für Menschen aller Altersgruppen in ganz Europa zugänglich machen. Über „Massive Open Online Courses“ (MOOCs) und weitere innovative Formate soll eine European Digital University (EDU) das Fernstudium für alle Studierenden ermöglichen.

Wir Freie Demokraten wollen die existierenden exzellenten Forschungszentren in der Europäischen Union stärker vernetzen. Denn wissenschaftliche Erkenntnisse haben keine Staatsbürgerschaft, sondern fördern den Fortschritt überall in unserer Gesellschaft und der Welt, wenn wir sie teilen.

Wir Freie Demokraten sind überzeugt, dass das heute notwendige Ausmaß an Wissenschaftskommunikation nicht aus den aktuellen Budgets finanziert werden kann. Wir wollen daher die Budgets der Hochschulen insgesamt erhöhen. Wissenschaftskommunikation muss auch in den sogenannten Overheadkosten von Drittmitteln stärker berücksichtigt werden. Deutschland hat starke Köpfe in der Forschung. Damit auch die Allgemeinheit von den Ergebnissen profitieren kann, setzen wir uns für eine Open-Access-Politik ein: Ergebnisse und Publikationen, die mehr als 50 Prozent durch europäische Forschungsförderung finanziert wurden, sollen unter Berücksichtigung eines Erstverwertungsrechts auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Wir fordern zudem die Onlinebereitstellung von Unterrichts- und Lehrmaterialien im Zusammenhang mit der universitären Lehre, sofern keine Rechte Dritter verletzt werden.

 

Das antworteten die anderen Parteien:

 

Wir veröffentlichen hier die Antworten der Parteien in der Reihenfolge, in der sie in der Redaktion eingetroffen sind. Einsendeschluss war eine Woche vor der Europawahl. Angefragt waren alle Parteien, die derzeit im Bundestag vertreten sind. Keine Antworten erhielten wir von der SPD und der AfD.