Foto: Christian Wiediger

#Wisskomm bei der Europawahl 2019 – Das planen die Grünen

Welche Ideen haben die Parteien für die Wissenschaftskommunikation in Europa? Zur Europawahl haben wir die Parteien im Bundestag dazu befragt. Die Antworten auf unsere vier Fragen von Bündnis 90/Die Grünen im Überblick.

Welche Bedeutung hat für Sie der Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft im europäischen Raum und (wie) wollen Sie diesen fördern?

Wissenschaft existiert nicht jenseits von Gesellschaft. Sie lebt unter gesellschaftlichen Voraussetzungen und befruchtet gesellschaftliche Entwicklungen durch ihre Erkenntnisse. Exemplarisch wird das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft etwa beim Klimaschutz deutlich. Die Wissenschaft beeinflusst das gesellschaftliche Bewusstsein vom Klimawandel in fundamentaler Weise; trotzdem hat die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht einfach eine Funktion wissenschaftlicher Analysen. In Europa spielt zusätzlich die Vielfalt wissenschaftlicher Traditionen und gesellschaftlicher Erwartungen eine Rolle. Der gesellschaftliche Austausch mit und über Wissenschaft muss daher intensiv und auf verschiedenen Ebenen gefördert werden, in und zwischen den Nationalstaaten ebenso wie im gesamteuropäischen Raum. Dabei fordern wir, dass die Kultur-, Geistes- und Sozialwissenschaften verstärkt in Forschungsprogramme wie „Horizon Europe“ eingebunden und gefördert werden. Außerdem unterstützen wir die Idee der Gründung europäischer Universitäten. Hochschulen sind eine europäische Erfindung, sie prägen Geistesleben, Wissenschaft und Kultur unseres Kontinents seit Jahrhunderten. Aufgabe spezifisch europäischer Universitäten soll es sein, zur Verknüpfung vielfältiger Dimensionen der Wissenschaft beizutragen und in den Regionen, in denen sie entstehen, neue Entwicklungsimpulse zu setzen.

Bei Horizont 2020 gab es einen eigenen Förderschwerpunkt „Wissenschaft mit der und für die Gesellschaft“. Im ersten Entwurf des Folgeprogramms fehlt dieser Schwerpunkt. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Wir bedauern das Auslaufen des separaten Förderschwerpunktes „Wissenschaft mit der und für die Gesellschaft“. Für uns ist die Beteiligung und Einbindung von Zivilgesellschaft und Bürger*innen an der Entwicklung von Forschungs- und Innovationsagenden und -programmen zentral, um nicht an dringenden gesellschaftlichen Herausforderungen und Bedürfnissen „vorbeizuforschen“. In der kommenden Legislaturperiode werden wir uns einsetzen, um deren Beteiligung an Prozessen wie der „Strategischen Planung“ im Vorlauf zu den Arbeitsprogrammen und der Ausarbeitung von thematischen Schwerpunkten und Prioritäten zu stärken.

Sind Sie der Meinung, dass Wissenschaftskommunikation Teil der Forschung in Europa sein sollte? Welche Art von Dialogen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft schwebt Ihnen für den europäischen Raum vor?

Unbedingt. Ein wissenschaftlicher Austausch über die europäischen Länder hinweg würde die Forschung integrativer gestalten. Der Wissenschaftsaustausch muss frei und transparent sein. Wir wehren uns entschieden dagegen, wenn autoritäre Regierungen und Regime den freien Wissenschaftsaustausch behindern oder unterdrücken. Das gilt im Falle der Central European University genauso wie in Fällen von Selbstzensur, wie sie etwa bei Cambridge University Press oder dem Springerverlag vorkamen, um der Führung Chinas zu gefallen. Außerdem unterstützen wir den institutionalisierten Aufbau einer unabhängigen und wissenschaftsorientierten Institution auf europäischer Ebene. Es ist unser Ziel, dass die EU einen europäischen „Fonds für verfolgte Wissenschaftler*innen“ einrichtet, aus dem Forschungsaufenthalte an Universitäten, Hochschulen und weiteren Forschungseinrichtungen für solche Gastwissenschaftler*innen finanziert werden können. Wissenschaftskommunikation soll auch Teil der politischen Bildung sein, deshalb sind wir für den Aufbau einer europäischen Zentrale für politische Bildung und unterstützen Bemühungen, die den institutionalisierten Aufbau einer solchen unabhängigen und wissenschaftsorientierten Institution dafür auf europäischer Ebene zum Ziel haben.

Wo liegen die Programmschwerpunkte Ihrer Partei zu Forschung bzw. Wissenstransfer?

Wir wollen die Forschung besonders im Bereich der Nachhaltigkeit fördern und die Forschung für Klimaneutralität massiv ausbauen. Wichtig ist uns die Integration der Nachhaltigkeitsdimension bei der Digitalisierung. Zwei prominente Forschungsfelder sind für uns zum Beispiel die Forschung an alternativen Antrieben im Verkehrsbereich, einschließlich die Luftfahrt, ebenso wie der ganz große Bereich der Cybersicherheit. Um die Wissenschaft und Forschung zu stärken, fordern wir höhere finanzielle Mittel für das neue „Horizon Europe“-Programm. Wir wollen, dass das Haushaltsvolumen von „Horizon Europe“ gegenüber „Horizon 2020“ verdoppelt wird. Auch ist es uns wichtig, Forschungsergebnisse durch das gezielte Fördern von Open-Access-Publikationen allen frei zugänglich zu machen. Dazu wollen wir etwa Projekte wie cOAlition S, die öffentlich geförderte Publikationen frei zugänglich machen, auf europäischer Ebene vorantreiben.

 

Das antworteten die anderen Parteien:

 

Wir veröffentlichen hier die Antworten der Parteien in der Reihenfolge, in der sie in der Redaktion eingetroffen sind. Einsendeschluss war eine Woche vor der Europawahl. Angefragt waren alle Parteien, die derzeit im Bundestag vertreten sind.