Bild: FermentWelten

„Wir wollen die direkte Kommunikation stärken“

Aus der Begeisterung für die eigene Forschung entstand für Miriam Popkes und Till Popkes-van Oepen eine Leidenschaft für die Darmgesundheit und die Fermentation. Gepaart mit ihrer Freude am Kommunizieren entwickelten sie daraus ein Wissenschaftskommunikationsprojekt namens „FermentWelten“, über das sie im Interview berichten.

Frau Popkes, Herr Popkes-van Oepen, mit „FermentWelten“ vermittelt Sie Wissen über Darmgesundheit und Fermentation. Wie passt das mit Ihrer Forschung am Max-Planck-Institut für die Biologie des Alterns zusammen?

Miriam Popkes und Till Popkes-van Oepen vermitteln Wissen zur Darmgesundheit und Fermentation mit Ihrem Projekt „FermentWelten“. Seit Dezember 2019 sind die beiden Forschenden des MPI für die Biologie des Alterns auf Instagram und seit 2020 auch auf ihrer Internetseite, bei Facebook und Pinterest zu finden.Foto: FermentWelten

Popkes: Tatsächlich basiert das Projekt auf meiner Doktorarbeit, bei der ich mich mit dem Einfluss von Darmbakterien auf das Altern beschäftige. Dabei möchte ich herausfinden, wie das Mikrobiom mit Alterungsprozessen zusammenhängt und ob wir über Einflussnahme auf das Mikrobiom auch auf das Altern einwirken können. Das Fermentieren ist seit etwa zwei Jahren ein Hobby, das durch die Doktorarbeit und das Interesse am Thema Darmgesundheit entstanden ist.

Und wie ist daraus dann „FermentWelten“ entstanden?

Popkes: Ich habe bereits in der Masterarbeit vor vier Jahren begonnen, mich mit den Darmbakterien zu befassen und fand es so faszinierend, dass ich auch privat viel davon erzählt und Till offensichtlich mit dieser Begeisterung angesteckt habe. Da wir beide gerne kochen und essen, war das Fermentieren die perfekte Verbindung. Hier hat man auf der einen Seite den Darmgesundheitsaspekt und auf der anderen Seite diesen kulinarischen Aspekt.

Auch darüber haben wir im Bekannten und Freundeskreis viel gesprochen und gemerkt, wie interessiert alle am Thema und den wissenschaftlichen Hintergründen dazu sind.

Popkes-van Oepen: Es hat sich herausgestellt, dass fermentierte Lebensmittel eine sehr interessante Trägermaterie sind, um Menschen für Wissenschaft zu begeistern. Hier gibt es schöne Bilder und die Menschen sehen eine direkte Anwendungsmöglichkeit. Sie möchten sich dann eher mit Darmgesundheit beschäftigen. Wenn wir ganz trocken nur über die Wissenschaft dahinter informiert hätten, wäre das Interesse bestimmt nicht so groß gewesen. Und essen tun die meisten Leute gerne!

 

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Was wollen Sie mit „FermentWelten“ erreichen?

Popkes-van Oepen: Unser Ziel ist es, das Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig der Darm für unsere Gesundheit ist. Das Thema beinhaltet so viele Facetten und hier geschieht unheimlich viel neue Forschung. Sei es über die Entwicklung des Darmmikrobioms, die Verbindungen zum Immunsystem und damit auch zu Allergien oder die Verbindungen zum Gehirn. Diese Aspekte möchten wir gerne zeigen und sie mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen verknüpfen. Denn oft haben wir das Gefühl, dass diese Erkenntnisse teilweise erst mit Jahren Verzögerung in der Öffentlichkeit ankommen. Das wollen wir ändern.

Popkes: Daher versuchen wir, Information zur Darmgesundheit einfach und verständlich darzustellen und auch den wissenschaftlichen Stand klarzumachen. Auf der anderen Seite findet man bei uns aber auch Rezepte und Inspiration zum Fermentieren.

 

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Fließen Ergebnisse aus Ihre aktuellen Forschung auch bei „FermentWelten“ ein?

Popkes: Bisher geht es bei FermentWelten noch nicht so sehr um Alterungsforschung, sondern eher ganz allgemein um die Darmgesundheit – auch weil das sehr gut zum Fermentieren passt. Wir lesen als Doktoranden täglich viel zu diversen Themen, sodass wir ein großes Repertoire an Publikationen haben, über die wir berichten können.

Wir würden mittelfristig aber auch gerne mehr in Richtung Darmgesundheit im Zusammenhang mit Alterungsprozessen berichten, weil das unser tägliches Brot ist. Dann werde ich auf jeden Fall die sehr interessanten Ergebnisse aus der eigenen Arbeitsgruppe einfließen lassen.

Popkes-van Oepen: Wir wollen das Thema Alterungsforschung alleine deswegen schon aufgreifen, weil es immer noch ein Nischenthema ist. Obwohl es für die Öffentlichkeit durchaus von Interesse ist, werden die Erkenntnisse aus diesem Bereich noch nicht so kommuniziert oder wahrgenommen.

An wen richten Sie Ihre Inhalte?

Popkes-van Oepen: Eigentlich an alle, denn wir haben alle einen Darm und daher ist Darmgesundheit eigentlich auch für alle ein Thema. Da wir momentan vor allem auf Instagram unterwegs sind, ist unsere Zielgruppe gerade eher jünger. Wir wollen das aber gerne ausbauen, weil wir auch Feedback von vielen Menschen über 40 bekommen, die nicht auf Instagram sind.

Popkes: Wir haben uns auch schon viele Gedanken gemacht, wie wir die unterschiedlichen Gruppen erreichen können. Ich denke, dass wir langfristig viele Projekte und Unterprojekte daraus machen werden. Gerade wenn wir in Richtung Alterungsforschung gehen, ist das für die Generation 6o plus sehr interessant. Die ist aber auf Instagram eher nicht zu finden. Da müssen wir schauen, ob uns das eher über Vorträge gelingt.

Woher wissen Sie, welche Altersgruppen sie tatsächlich erreichen?

Popkes: Auf Instagram etwa können wir das genau sehen. Da sind es momentan eher Frauen in der Altersgruppe von 20 bis 40.

Auf „FermentWelten“ schreiben Sie: „Häufig wird Wissenschaft nicht gut (oder gar nicht) in der Öffentlichkeit kommuniziert“. Wieso haben Sie diesen Eindruck?

Popkes-van Oepen: Wir haben das Gefühl, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler häufig sehr wissenschaftlich und kompliziert ausdrücken. Das verstehen die meisten Leute dann nicht. Oder es läuft vom Forschenden über Medien oder über andere Kanäle, bis es irgendwann in veränderter Form in der Öffentlichkeit ankommt. Wir wollen gerne die direkte Kommunikation stärken. Wir sehen uns als Sprachrohr in beiden Richtungen und möchten die Kommunikation an die Öffentlichkeit hinbekommen und gleichzeitig wissenschaftliches Fachwissen vermitteln. So können wir auch Missverständnisse vermeiden, beispielsweise wenn Dinge aus dem Kontext gerissen oder weggelassen werden, wie in manchen Interviews. Wir wissen, dass das keine böse Absicht ist – es ist oft trotzdem wichtig, bestimmte Informationen im Interview stehen zu lassen.

Popkes: Beim „gar nicht“-Aspekt beziehen wir uns auf die große Diskussion rund um das Thema Open Science. Viele Publikationen sind zum einen unverständlich für die Allgemeinheit formuliert und oft auch gar nicht frei verfügbar. Daher fänden wir es schön, wenn mehr Forschende ihre Erkenntnisse direkt und verständlich kommunizieren würden, damit die Allgemeinheit von dieser Forschung erfahren und auf dem aktuellen Stand bleiben kann.

Entschieden habt Sie sich für eine Internetplattform mit einem Blog und Instagram als Hauptkanäle. Inwiefern sind genau diese Medien für den Austausch sinnvoll?

Popkes-van Oepen: Instagram ist ja ein sehr interaktives Medium, das Kommentare, Feedback und auch das Netzwerken ermöglicht. Wir gehen das Ganze ein bisschen wie in der Start-up-Branche an, indem wir versuchen nahe am Kunden zu sein. Das heißt, wir fragen aktiv, was die Menschen interessiert. Wir versuchen auch Inspiration zu geben und schauen sehr genau auf das Feedback, das wir bekommen. Wenn wir sehen, dass es zu einem Thema Interesse gibt, gehen wir mehr in die Tiefe.

Popkes: Tatsächlich ist das für uns auch erst der Anfang und es sind einfach zwei Medien, die man gut nebenbei bedienen kann. Wir sind natürlich auch Forscher und experimentieren gerne – daher glaube ich, dass wir langfristig viel ausprobieren und mit unterschiedlichen Medien experimentieren werden. Die meisten Menschen, mit denen wir bisher gesprochen haben, tummeln sich gerade auf Instagram. Unseren Facebook- oder auch Pinterest-Account haben wir für die Menschen, die diese Medien bevorzugen. Hier teilen wir aber eher „nur“ die Inhalte, die wir primär für Instagram und den Blog erstellen. Langfristig wollen wir auch noch visueller werden und Youtube nutzen, um Dinge noch tiefer zu erklären. Hier können wir bestimmt noch viel mehr Menschen erreichen.

Popkes-van Oepen: Wir möchten auch gerne in die direkte Interaktion in Form von Vorträgen gehen. Da hat uns Corona ein bisschen ausgebremst, obwohl das virtuell sicher auch möglich wäre.

Haben Sie ein paar Erfahrungen aus den vergangenen sieben Monaten, die Sie teilen möchten?

„Wichtig ist, mit der Zielgruppe zu reden und in Interaktion zu bleiben.“ Miriam Popkes

Popkes: Es ist bisher einfach alles sehr gut gelaufen. Wichtig ist, mit der Zielgruppe zu reden und in Interaktion zu bleiben. So wussten wir, was die Menschen wirklich interessiert und konnten auch auf ihre Themenvorschläge oder Fragen eingehen.

Popkes-van Oepen: Ich merke an mir selbst, dass ich etwas viel lieber lese oder ansehe, wenn es mit Emotionen vermittelt wird. Man sollte sich Gedanken machen, warum die Leute sich für mein Thema interessieren und meinen Beitrag lesen sollten. Was bringt ihnen das? Es sollte irgendwie das direkte Leben der Menschen ansprechen, was mit dem Thema Fermentation gut gelingt.

Popkes: Dranbleiben ist auch wichtig. Denn, die ersten Monate können hart sein, weil man noch nicht so viele Menschen erreicht und auch wenig Feedback bekommt.

Popkes-van Oepen: … und erst einmal Anfangen.

Popkes: Genau, vor allem erst einmal anfangen. Wir haben schon eineinhalb Jahre darüber nachgedacht und hätten auch einfach mal früher anfangen können!