Im Profil: Susann Beetz

Ein nebenberufliches Studium im Bereich Wissenschaftskommunikation eröffnete der promovierten Biologin, Susann Beetz, eine völlig neue Sicht auf die Dinge. Heute hat sie die Kommunikation des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie im Blick.

Karriereleiter, Karrieresprung oder Karrierekarussell – Wie war Ihr Weg in die Wissenschaftskommunikation?

Oh, definitiv ein Karrierekarussell! Schon als Kind wollte ich Krankheiten erforschen und etwas dagegen (er)finden. So studierte und promovierte ich in der Biologie. Doch Karrieren in der Wissenschaft verlaufen nicht immer nach Maß. Für mich war es irgendwann Zeit, sich eine Alternative zu überlegen. Diese bot sich vor 10 Jahren durch eine Stelle im Wissenschaftsmanagement. Damals habe ich ein Doktorandenprogramm aufgebaut und koordiniert.

Parallel studierte ich online „Wissenschaftsmarketing und -kommunikation“ an der Technischen Universität Berlin. Dieses Studium eröffnete mir eine völlig neue Sicht auf die Dinge.

Während ich mich als Wissenschaftlerin wenig um Wissenschaftspolitik oder gar Wissenschaftskommunikation geschert hatte, wurde nun schlagartig alles anders. Ich merkte, dass die Arbeit in der Wissenschaftskommunikation eigentlich dem wissenschaftlichen Arbeiten sehr ähnlich ist: Man hat eine Idee, recherchiert, sucht und findet Zusammenhänge, stellt Fragen, fasst zusammen und tritt in Kommunikation mit einer Zielgruppe. Es gibt Versuch und Irrtum, Fallen und Aufstehen und natürlich das Weitermachen.

Seit 2011 bin ich nun Kommunikatorin – zunächst für die Max-Planck-Gesellschaft im Team der Max Planck Science Gallery und des Max Planck Science Tunnels, dann für die Helmholtz-Gemeinschaft u.a. für deren Ausstellungsprojekt „Ideen 2020“. Seit April 2018 bin ich am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie für die interne und externe Kommunikation zuständig.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag? 

Meine größte Herausforderung ist gleichzeitig meine größte Freude am Job. Es gilt, die interessanten und spannenden Themen – die Geschichten – zu finden. Aber was ist spannend und interessant und für wen? Und wie bereite ich das auf?

Einerseits ist man den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an seiner Institution verpflichtet. Sie stecken viel Enthusiasmus und Lebenszeit in ihre Forschung, bewerben sich wieder und wieder um Drittmittel, ringen um eine adäquate Veröffentlichung. Jede und jeder hat es verdient, mit ihrem/seinem Thema im Rampenlicht zu stehen. Andererseits sind die Forschungsgegenstände manchmal so komplex, abstrakt und sperrig, dass Übersetzungen ins Allgemeinverständliche gewollt klingen oder dem Gegenstand nicht gerecht werden.
Die richtige Balance zu finden, ist nicht immer einfach. Ich denke, ich kann hier noch viel lernen und Erfahrungen sammeln. Zum Glück sind die Kolleginnen und Kollegen in der Wissenschaftskommunikation immer offen für einen ehrlichen Austausch. Davon profitiere ich enorm.

Als besonders lohnenswert empfinde ich einen Tag, an dem ich mit Doktorandinnen und Doktoranden zusammenarbeiten kann. Sie haben oft einen entspannten, ja sogar spielerischen Umgang mit diversen Formaten und Medien. Sie haben große Lust auf Science Slams oder humorvolle Instagram-Stories. Ich bin zuversichtlich, dass Wissenschaftskommunikation für sie natürlicher Bestandteil ihrer wissenschaftlichen Arbeit sein wird. Egal ob selbstgemacht oder zusammen mit unterstützendem Personal wie mir.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?

Ich muss zugeben, dass mich die aktuellen Entwicklungen beunruhigen. In unseren unmittelbaren Nachbarländern, wie Polen oder Ungarn, sind populistische Parteien an der Macht, die nicht vor der wissenschaftlichen Freiheit Halt zu machen scheinen. Entwicklungen wie an der Central European University in Budapest oder die Querelen um das Museum des Zweiten Weltkriegs in Gdańsk finde ich sehr alarmierend. Auch in unserem eigenen Land erstarkt eine Partei, die z.B. die Arbeit und den Konsens von Klimaforschern anzweifelt. Mit sorgenvoller Spannung schaue ich auf die kommende Europawahl.

Im Artikel 5 des Grundgesetzes ist die Wissenschaftsfreiheit als bürgerliches Grundrecht verankert. Es ist eine Selbstverständlichkeit für uns. So selbstverständlich, dass wir nicht darüber sprechen. Doch das sollten wir tun. So, wie wir auch über andere Leitplanken unserer Demokratie sprechen und diese wertschätzen, wie etwa Religionsfreiheit oder Gleichberechtigung.

In diesem Zusammenhang wünsche ich mir, dass es uns als Wissenschaftskommunikatoren gelingt, noch mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu überzeugen, sich in die Kommunikation einzubringen. Einerseits braucht Demokratie fundiertes Wissen, aber auch inspirierende Persönlichkeiten und kreative Ideen. Andererseits, so denke ich, müssen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Vertrauensbonus der Gesellschaft einlösen. Ich wünschte, wir könnten klarer machen, dass Mobbing, Veröffentlichung nicht reproduzierbarer Daten, Plagiarismus und ähnliches, allen schadet: dem Ansehen und Vertrauen in die Wissenschaft, der Demokratie und nicht zuletzt auch unserer Arbeit.

Das zweite, was ich mir wünsche, ist eine stärkere wissenschaftliche Begleitung der Wissenschaftskommunikation. Wann ist ein Format erfolgreich? Wann nicht? Mir scheint, als ob unser einziges Maß für Erfolg oder Misserfolg die Anzahl der Besucher ist. Das finde ich zu kurz gedacht.

Bonusfrage: Welches Format zur Kommunikation von Wissenschaft gefällt ihnen am besten?

Am besten gefallen mir die kleinen und feinen Formate. Speeddating, Elevator Pitch, kleine Runden in der Kneipe. Das sind Formate, bei denen man ins Gespräch kommt und Beteiligte sich trauen, Fragen zu stellen.

Ich interessiere mich sehr für Projekte zwischen Wissenschaft und Kunst. Wenn diese beiden Welten zusammenkommen, können sehr spannende Dinge entstehen. Ich denke, der Wissenschaft tut diese Reflektion gut.


Foto: David Ausserhofer, MPI für Infektionsbiologie

Susann Beetz ist promovierte Biologin und studierte nebenberuflich „Wissenschaftsmarketing und -kommunikation“. Sie arbeitete in verschiedenen Projekten der Max-Planck-Gesellschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft. Aktuell ist sie für die Kommunikation am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie zuständig.