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Im Profil: Rico Grimm

Rico Grimm schreibt bei den Krautreportern über die Klimakrise aus politischer Sicht. Warum für ihn dieser Fokus essenziell ist und die Aufteilung zwischen Wissenschafts-, Wirtschafts- und Politikjournalismus eigentlich nicht mehr zeitgemäß, erklärt er im Jobprofil.

Karriereleiter, Karrieresprungbrett oder Karrierekarussell – Wie war Ihr Weg in den Wissenschaftsjournalismus?

Eigentlich sehe ich mich gar nicht als klassischen Wissenschaftsjournalisten, sondern als politischen Journalisten im Themenfeld Klimawandel und Umwelt. Als ich gemerkt habe, welche Dimensionen die Auswirkung der Umweltzerstörung auf unsere sozialen und politischen Systeme annimmt, habe ich mich entschlossen, dem Thema meine Aufmerksamkeit zu widmen. Wenn mich in vierzig Jahren meine Enkel fragen, was heute passiert ist, will ich nicht sagen müssen: Wir haben von der Klimakrise gewusst und nichts getan. Ich will sagen können: Ich habe versucht, die Debatte darüber weiterzubringen. Im Idealfall haben wir die Probleme aber auch gelöst und meine Enkel fragen mich gar nichts, weil wir die Klimakrise abgewendet haben.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag?

Die größte Herausforderung bei diesem Thema ist es, die Perspektive zu behalten. Wenn ich mir wissenschaftliche Studien anschaue, dann mit einem dezidiert politischen oder sozialen Zugang. Die wissenschaftlichen Methoden dahinter sind natürlich wichtig. Mir geht es aber schon um die Auswirkungen, die diese Erkenntnisse auf die Gesellschaft haben. Dabei hat man leicht den Eindruck, dass eine Horrornachricht auf die andere folgt und es selten konstruktive Erkenntnisse gibt, die im Vergleich winzig wirken. Deswegen versuche ich, das große Ganze im Blick zu behalten und mich nicht vom Tagesaktuellen beeinflussen zu lassen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Wissenschaftsjournalismus?

Ich wünsche mir, dass die Rubrik Wissenschaftsjournalismus abgeschafft wird – genauso wie die Rubriken Wirtschaft und Politik. Wenn man zum Beispiel die Berichte über sich häufende Naturkatastrophen liest, wird einem hoffentlich klar, dass das kein reines Wissenschaftsthema ist, sondern auch ein Wirtschafts-, Politik- und Gesellschaftsthema. Und das ist bei vielen Wissenschaftsthemen der Fall. Wenn sie sich entwickeln und die Forschung noch am Anfang ist, stecken sie oft in einer Nische. Wenn die Ergebnisse dann da sind und diskutiert werden, stellt man fest, dass es eigentlich schon fast zu spät ist.

Wie sehen Sie Ihre Rolle als Journalist im Themenfeld Umwelt und Klima gegenüber Wissenschaft, Politik und Gesellschaft?

Ich versuche, die aktuellen Forschungsdiskussion in diesem Bereich zu verfolgen. Die Wissenschaft ist also die Quelle, um Perspektiven für meine Berichterstattung zu gewinnen und zu erkennen, was überhaupt möglich ist. Die Politik ist der Hauptschauplatz über den ich schreibe. Mich interessieren die Leute, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse in echte Konsequenzen, echte Politik überführen. All das ist gesellschaftlich wichtig und darum ist es auch wichtig, dass Journalistinnen und Journalisten oder andere Menschen mit einer gewissen Reichweite, das Thema immer wieder hochhalten. Wir informieren uns stellvertretend für andere, um eine gesellschaftliche Debatte zu ermöglichen.


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Rico Grimm ist Chefredakteur von Krautreporter und  berichtet dort über die Klimakrise und die Macht der Vielen. Ihn interessieren, als politischer Journalist, die Folgen der Umweltveränderungen für unsere Gesellschaften – und was Bürgerinnen und Bürger dagegen tun können. Er ist studierter Politikwissenschaftler und hat die Deutsche Journalistenschule in München besucht.