Foto: Marisa Benz

Im Profil: Jens Foell

Jens Foell ist promovierter Neurobiologe und Teil des Teams um den Youtube-Kanal „MaiLab“ der Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim. Im Jobprofil erzählt er, wie ihm seine Interaktionen auf Twitter neue Jobperspektiven eröffnet haben und welche Entwicklungen in der Wissenschaftskommunikation ihn besonders freuen.

Karriereleiter, Karrieresprungbrett oder Karrierekarussell – Wie war Ihr Weg in die Wissenschaftskommunikation?

„Offiziell“ war ich bis Mitte 2020 ausschließlich in der Forschung angestellt. „Nebenher“, auf einer Hobbyebene, habe ich mich aber schon länger mit Wissenschaftskommunikation beschäftigt. Dazu gehörten für mich z.B. gelegentliche Interviews, aber vor allem auch die regelmäßige Interaktion mit Forschenden und Nicht-Forschenden über Twitter. Diese Aktivitäten führten 2017 dazu, dass ich dort den deutschsprachigen Ableger des großen Wisskomm-Accounts Real Scientists ins Leben rufen konnte: Bei Real Scientists DE geht es darum, deutschsprachigen Wissenschaftler*innen auf Twitter eine größere Reichweite und Sichtbarkeit zu verschaffen. Ein Nebeneffekt davon war zudem, dass ich Kontakt zu vielen Mitgliedern der deutschsprachigen Wissenschafts- und Wisskomm-Communities gewinnen konnte.

Letztlich war es auch dieses Projekt, über das ich die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim kennenlernte. Als diese ihr Team für den YouTube-Kanal MaiLab erweitern wollte, kamen wir ins Gespräch und inzwischen bin ich in Vollzeit bei ihr angestellt. Meine Hauptaufgaben dabei sind Recherche, Schreiben und Factchecking – wobei diese Dinge üblicherweise vom ganzen Team durchgeführt werden.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag?

Aus der Forschung war ich es gewohnt, oft jahrelang am selben Thema zu arbeiten. In meiner jetzigen Tätigkeit wird erwartet, dass ich mich sehr schnell in neue Themen einfinden und deren Kernkonzepte herausarbeiten kann. Das kann durchaus eine Herausforderung sein, sorgt aber gleichzeitig dafür, dass es nie langweilig wird.

Der Job hat mir auch sehr dabei geholfen zu erkennen, was mich an der Forschung eigentlich schon immer am meisten gereizt hat: nicht unbedingt nur, neue Dinge herauszufinden, sondern vielmehr auch, diese Erkenntnisse mit anderen zu teilen, zu interpretieren und einzuordnen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?

Meine Wünsche in diesem Bereich sind momentan bereits dabei, in Erfüllung zu gehen. Ich habe mir schon immer mehr Unterstützung und Begeisterung für die Wisskomm gewünscht, und zwar von den klassischen Medien ebenso wie von der breiten Bevölkerung. Und tatsächlich zeichnet sich diese Entwicklung in den letzten 10 Jahren ab. Aus meiner Sicht hat das vor allem mit dem größeren Einfluss sozialer Medien zu tun: Wenn man auf Twitter, Instagram oder TikTok nach wissenschaftlichen Inhalten sucht, merkt man schnell, dass die Forschung heute nur noch sehr wenig mit dem trockenen, konservativen Mann im Kittel zu tun hat, der vor einer Generation noch die alleinige Repräsentation von Forschenden in der Öffentlichkeit war. Die Forschenden in den sozialen Medien sind bunt, tanzen, machen Witze und sprechen die Sprache ihres Publikums. Das alles hat schon lange gefehlt und dieser Fortschritt macht mich sehr glücklich. Die Pandemie hat Teile dieser Entwicklung noch beschleunigt, da sich viele Leute gleichzeitig mit üblicherweise abstrakten Begrifflichkeiten aus der Virologie und Epidemiologie vertraut machen mussten.

Bonusfrage: Was sind aus Ihrer Sicht wichtige Voraussetzungen für den Start eines neuen Wisskomm-Projekts?

Zunächst muss es eine Passung, eine Übereinstimmung, geben zwischen dem Medium und dem eigenen Stil. Manche sind gut im Podcasten, Science Slammen, oder Diskutieren, andere im Schreiben oder im Erstellen von Grafiken. Daher sollte man nicht der Versuchung nachgeben, der aktuell beliebtesten Plattform nachzulaufen, sondern sollte vor allem ausprobieren, mit welcher man sich am besten fühlt. Dann geht es darum, ein erstes Publikum zu finden. Das kann je nach Plattform leichter oder schwieriger sein, aber vor allem ist es wichtig, offen für das Feedback dieser Gruppe zu sein. Nur so kommt man dann der zweiten wichtigen Passung näher: der zwischen dem eigenen Konzept und der Zielgruppe. Ein Wisskomm-Projekt, das bereits aus den Startlöchern heraus perfekt ist, existiert nicht; daher ist das ständige Verfeinern der eigenen Methoden in der Wisskomm ebenso zentral wie in der Wissenschaft.


Foto: Marisa Benz

Jens Foell ist promovierter Neuropsychologe und Wissenschaftskommunikator. 2017 gründete er den Twitter-Account Real Scientists DE, der seinen Followern Einblicke in die Arbeit und das Leben von wöchentlich wechselnden Wissenschaftler*innen und Kommunikator*innen gewährt. Seit 2020 arbeitet er im Team des wissenschaftlichen YouTube-Kanals MaiLab und seit 2021 als freier Dozent für Wissenschaftskommunikation am NaWik.


Weitere Informationen:

Jens Foell berichtet über sein Wisskomm-Projekt Real Scientist DE im Interview mit wisskomm.de und im Videointerview.

 

*Das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation ist einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.