Foto: Gerhard Kopatz / Wissenschaft im Dialog

Ich mach mir die Schule, wie sie mir gefällt

Bei den Hackdays von Make Your School entwickeln Schülerinnen und Schüler Ideen für ihre Schule und setzen diese in kreativer Werkstattatmosphäre mit digitalen Tools um. Das neue Projekt begleitet den Prozess, stellt Werkzeugkoffer, Anleitung und wissenschaftliche Beratung.

Ein kleiner grauer Roboter fährt surrend über den Flur und wirft aus einer kleinen Klappe auf seiner Rückseite im regelmäßigen Takt Leckerlis aus. Zwei Jugendliche stecken die Köpfe über einem Bildschirm zusammen und diskutieren über Quellcodes. Am Nebentisch verbindet ein Mädchen Kabel, LEDs und einen Mini-Computer und freut sich, als die kleinen Lämpchen nacheinander aufleuchten. Sind wir in einer dieser kreativen Tüftelwerkstätten, einem Maker Space oder Fab-Lab? Fast. An der Gustav-Heinemann-Schule in Rüsselsheim finden vom 20. bis 22. März 2018 die ersten Hackdays des Projekts Make Your School (MYS) statt.

 

Was wollen wir entwickeln? Die Ideenfindung steht am Anfang des Hackdays von Make Your School. Foto: Gerhard Kopatz / <a href="https://www.wissenschaft-im-dialog.de/" target="_blank">Wissenschaft im Dialog</a>
Was wollen wir entwickeln? Die Ideenfindung steht am Anfang des Hackdays von Make Your School. Foto: Gerhard Kopatz / Wissenschaft im Dialog

Nach einer Pilotphase im Schuljahr 2016/17, gibt es dieses Jahr bis zu den Sommerferien zehn Hackdays an zehn Schulen in ganz Deutschland. Ziel ist es, die digitale Bildung an Schulen zu verbessern und Schülerinnen und Schülern die Bandbreite digitaler Tools näherzubringen. Kurz: Naturwissenschaften, Design und Informatik spielerisch zu verbinden.  So wird die Fähigkeit, Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren und eigenständig Lösungen zu entwickeln, gefördert. Und Rüsselsheim macht den Anfang.

Mentorinnen und Mentoren unterstützen beim Löten, Basteln und Programmieren

Während der dreitägigen Hackday-Veranstaltung in Rüsselsheim identifizieren die rund 50 Schülerinnen und Schüler in einer Ideenfindungsphase zunächst Probleme und Herausforderungen aus ihrem Schulalltag. Sie sammeln Ideen, wie sie diese mit digitalen und technischen Tools lösen können. Während der Hackingphase entwickeln sie dann Prototypen, die am Ende vor Mitschülern, Eltern und Presse präsentiert werden.

Der Leckerli-Roboter ist noch in der Testphase. GIF: <a href="https://www.wissenschaft-im-dialog.de/" target="_blank" rel="noopener">Wissenschaft im Dialog</a>
Der Leckerli-Roboter ist noch in der Testphase. GIF: Wissenschaft im Dialog

In Rüsselsheim entsteht unter anderem ein Leckerli-Roboter für den Schulhund. Bereits am zweiten Tag rollt dieser bedächtig durch die Schule. Nur der regelmäßige Auswurf der Leckerlis klappt noch nicht immer. Manchmal klemmt die Klappe. Da müssen die Jugendlichen nochmal ran. Unterstützt werden sie dabei von Mentorinnen und Mentoren. Das sind vier Fachleute, meist Studierende, aus Bereichen wie Informatik, Design oder Maschinenbau. Sie kommen für die Hackdays an die Schule, geben fachliche Impulse und helfen immer dann, wenn es mal hakt. Sie werden vor den Hackdays vom Make-Your-School-Projektteam geschult und auf die Arbeit an Schulen vorbereitet.

Das Material für ihre Prototypen bekommen die Schülerinnen und Schüler aus Materialkoffern, die Make Your School stellt. Eine Gruppe möchte eine Ampel für ihren Schulparkplatz programmieren. Eine Schülerin aus dem Team hat dafür bereits mehrere LEDs zum Leuchten gebracht. Dafür brauchen sie neben den kleinen Lämpchen noch Widerstände, Kabel, Steckplatinen – sogenannte Breadbords – und einen Arduino, einen Mini-Computer. All das findet sie im Materialkoffer, den das Projekt jeder Schule für die Hackdays ausleiht. Am Ende des Hackdays wird ein Modell des Parkplatzes entstehen, bei dem ein Sensor die Autos zählt, die durch die Einfahrt fahren. Sind fast alle Plätze vergeben, springt die Ampel auf gelb, ist der Parkplatz voll, wird sie rot.

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Die mobile Ladestation für Mobiltelefone wird mit einer Solarzelle betrieben. Foto: Gerhard Kopatz / Wissenschaft im Dialog

Eine andere Gruppe will eine mobile Handyaufladestation bauen. Dafür brauchen sie noch eine Solarzelle und Holz für das Gehäuse. Für zusätzlich benötigte Materialien bekommt jede Schule ein Budget, damit der Umsetzung der Prototypen während der Hackdays nichts im Wege steht. Lehrer Sebastian Wilhelm schickt also eine Gruppe der älteren Schüler zum Einkauf in den Baumarkt. Alle verarbeiteten Materialien und verbauten Mini-Computer verbleiben nach den Hackdays an der Schule, sodass die Gruppen an ihren Prototypen weiterarbeiten können.

How-to Hackday: Handbuch und Trainings bereiten auf die Organisation der Hackdays vor

Das hat schon beim letzten Mal gut funktioniert, denn die Gustav-Heinmann-Schule in Rüsselsheim war bereits bei der Pilotphase von Make Your School 2016/17 dabei. Daraus hat sich eine Technik-AG entwickelt, die Wilhelm leitet. Vor den diesjährigen Hackdays nahm er, zusammen mit Lehrerinnen und Lehrern anderer teilnehmender Schulen, an einem zweitägigen Lehrertraining teil. Das Training bereitet die Lehrkräfte auf die Veranstaltung vor und beantwortet wichtige Fragen zur Organisation. Hilfreiche Tipps liefert auch das Make-Your-School-Handbuch, eine Anleitung für die Umsetzung von Hackdays, die frei im Netz zur Verfügung steht. Organisiert werden die Hackdays dann von einem Team aus Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern gemeinsam, unterstützt durch das Projektteam.

 

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Am Ende des Hackdays bekommen alle Schülerinnen und Schüler ein Zertfikat und präsentieren stolz ihre Prototypen. Foto: Gerhard Kopatz / Wissenschaft im Dialog

Wissenschaftliche Begleitforschung

Ob das Prinzip der Hackdays auch funktioniert, wird außerdem projektbegleitend erforscht. Francine Meyer,  wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Kommunikations- und Medienwissenschaften der Technischen Universität Braunschweig,  untersucht in ihrer Doktorarbeit die Wirksamkeit von Hackdays an Schulen. Dafür füllen die Schülerinnen und Schüler vor und nach den Hackday-Veranstaltungen Evaluationsbögen aus.

Für das Schuljahr 2018/19 gibt es noch freie Plätze. Interessierte Schulen können sich direkt bei dem Projektteam melden: kontakt@makeyourschool.de.


Projektsteckbrief

Träger: Make Your School ist ein Projekt von Wissenschaft im Dialog (WiD)*.

Budget/Finanzierung: Die Pilotphase, das Schuljahr 2016/17, wurde mit rund 80.000 Euro von der Klaus Tschira Stiftung gefördert. Die nun folgende Projektlaufzeit 2017–2019 wird mit rund 800.000 Euro (inklusive Begleitforschung an der TU Braunschweig) ebenfalls von der Klaus Tschira Stiftung gefördert.

Ziele: Quantitativ ist die Durchführung von 10 Hackdays in 2017/18 und 20 Hackdays in 2018/19 geplant und die Durchführung eines Maker-Festivals mit Präsentation ausgewählter Hacks in 2019. Es sollen Lehrer- und Mentorentrainings entwickelt und durchgeführt sowie ein Best-Practice-Handbuch erstellt werden. Zudem werden sogenannte „Hackday-Koffer“ für die Schulen bereitgestellt.
Qualitativ ist das Ziel der Hackdays, einen Beitrag zur Verbesserung der digitalen Bildung an Schulen zu leisten. Sie bringen Jugendlichen die Bandbreite digitaler und elektronischer Tools näher und reduzieren Hemmnisse. Sie fördern die Fähigkeit, Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren und eigenständig Lösungen zu entwickeln.

Zielgruppen: Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klasse sowie Lehrkräfte

Zahlen zur Zielerreichung: Im Schuljahr 2017/2018 nehmen 10 Schulen deutschlandweit mit je bis zu 50 Schülerinnen und Schülern teil. Ergebnisse der Begleitforschung liegen noch nicht vor.

Weitere Informationen: www.makeyourschool.de


*Wissenschaft im Dialog ist auch einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de

Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.