Foto: Sid Saxena

Stimmungsbild: Wie läuft der Austausch zwischen Wissenschaft und Politik?

Das Verhältnis von Wissenschaft und Politik wird derzeit viel diskutiert. Wir haben die Community gefragt, was sie über wissenschaftliche Politikberatung denkt. 139 Personen haben sich an unserer Umfrage beteiligt. Teil eins der Auswertung.

Zum Start unseres Schwerpunktes „Wissenschaft und Politik“ haben wir die Community auf Wissenschaftskommunikation.de gefragt: Was denken Sie über wissenschaftliche Politikberatung? 139 Personen haben sich an unserer Umfrage zu dem Thema beteiligt und sind damit unseren Aufrufen hier auf der Seite, bei Twitter und beim Forum Wissenschaftskommunikation gefolgt. Diese Stichprobe ist nicht repräsentativ, gibt aber dennoch einen Einblick in die Standpunkte der Community zum Austausch zwischen Wissenschaft und Politik.

Wer hat teilgenommen?

Mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer arbeitet in der Forschung (55 Prozent), ein knappes Drittel, 27 Prozent, in der Öffentlichkeitsarbeit. Einige Teilnehmende (6 Prozent) arbeiten in der Politik und deren Umfeld und 4 Prozent sind Journalistinnen und Journalisten. 17 Prozent fanden sich in keiner der Kategorien wieder und gaben sonstige Berufszweige an, darunter sind 6 Prozent im Wissenschaftsmanagement tätig. Um abzubilden, dass für manche Personen mehrere Kategorien passend sind, war hier eine Mehrfachauswahl möglich.

Knapp die Hälfte der Teilnehmenden, 47 Prozent, ist an wissenschaftlicher Politikberatung beteiligt. Von den 53 Prozent, die nicht an Politikberatung beteiligt sind, wäre es allerdings 65 Prozent gerne. 35 Prozent davon, also 29 Prozent der Gesamtteilnehmenden möchten nicht in wissenschaftliche Politikberatung involviert sein.

Wie sind die Beteiligten in Politikberatung involviert?

Die Meisten gehen bei der Politikberatung über die eigene Forschungsinstitution oder Hochschule, das gaben 42 Prozent an. Direkt danach folgt öffentliche Kommunikation. 39 Prozent nutzen demnach Social Media, Medienauftritte und Co, um mit ihren Inhalten die Politik zu erreichen. 37 Prozent nutzen direkte Verbindungen zur Politik. Die kleinste Gruppe, 9 Prozent, engagiert sich über eine Akademie in der Politikberatung. Rund 3 Prozent gaben Sonstiges an und nannten zum Beispiel politiknahe Beratung durch die Ressortforschung und Citizen Science im offenen Antwortfeld.

Grafik: Anne Weißschädel

Und in welchen Forschungsfeldern?

Die Sozial- und Politikwissenschaften mit 45 Prozent und die Naturwissenschaften mit 42 Prozent sind in der Umfrage mit Abstand die meistgenannten Wissenschaftsfelder, in denen Teilnehmende in die Politikberatung involviert sind. Im Mittelfeld liegen Medizin mit 19 Prozent, Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften mit jeweils 16 Prozent, die Geisteswissenschaften mit 15 Prozent und mit Abstand folgt Jura mit 1 Prozent. Hierbei ist aufgrund der geringen Antwortzahl auf diese Frage – insgesamt 67 Teilnehmende – allerdings Vorsicht bei der Interpretation geboten. Die Umfrage hat gegebenenfalls zum Beispiel einfach kaum Juristinnen und Juristen erreicht.

Grafik: Anne Weißschädel

Wie läuft der Austausch zwischen Wissenschaft und Politik?

Die Teilnehmenden der Umfrage sind zu einem großen Teil, 40 Prozent, unentschlossen, ob es sich negativ auf die Reputation von Forschenden auswirkt, wenn sie sich politisch äußern. Von denjenigen, die sich eine Einschätzung zutrauen, denken 38 Prozent, dass es sich nicht negativ auswirkt, während 21 Prozent der Meinung sind, dass es negative Effekte hat, wenn Forschende sich politisch äußern. Auf die Frage wie der Austausch zwischen Wissenschaft und Politik läuft, sehen ebenfalls 39 Prozent keine Tendenz in eine Richtung. Relativ gleich auf sind hier auch die Einschätzung, dass es eher gut läuft (32 Prozent) entgegen der Einschätzung, dass es eher schlecht (26 Prozent) oder sehr schlecht (3 Prozent) läuft. Niemand war allerdings der Ansicht, dass der Austausch zwischen Wissenschaft und Politik sehr gut läuft. Eine deutlichere Einordnung ist bei der Frage zu sehen, wie der Einfluss der Wissenschaft auf die Corona-Pandemie bewertet wird. Hier geben 67 Prozent an, dass der Einfluss eher hoch ist, für drei Prozent sogar zu hoch. Lediglich 20 Prozent schätzen den Einfluss weder gering noch hoch, 7 Prozent eher gering und 3 Prozent zu gering ein.

Wer sollte auf wen zugehen?

Außerdem haben wir gefragt: Welche Seite sollte noch mehr auf die andere zugehen? Hier wünschten sich 63 Prozent mehr Engagement von der Wissenschaft und 92 Prozent mehr Engagement von Seiten der Politik. Wie der Dialog zwischen Wissenschaft und Politik aussehen kann, haben wir mit einigen Aussagen thematisiert. Zustimmung erhielten dabei folgende Statements:  86 Prozent finden, Politikerinnen und Politiker sollten ihre Entscheidung auf Basis wissenschaftlicher Expertise treffen. 88 Prozent sagen, es ist richtig, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich öffentlich äußern, wenn politische Entscheidungen Forschungsergebnisse nicht berücksichtigen. Sogar 91 Prozent stimmten der Aussage zu, dass Politikerinnen und Politiker häufiger aktiv wissenschaftliche Expertise einbeziehen sollten. Weniger Zustimmung erhielt dagegen die Aussage, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich selbst aktiv für bestimmte politische Maßnahmen einsetzen sollten, nämlich 37 Prozent und lediglich 26 Prozent finden, dass die Rolle der Wissenschaft dort endet, wo die Präsentation und Einordnung der Ergebnisse endet.

Teil der Umfrage waren außerdem zwei offene Fragen: Welche Strategien empfinden Sie als effektiv für die wissenschaftliche Politikberatung? Und was wünschen Sie sich für die Zukunft der wissenschaftlichen Politikberatung? Die Auswertung erfolgt in einem eigenen Beitrag, der ebenfalls im Schwerpunkt „Wissenschaft und Politik“ veröffentlicht wird.