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Pressearbeit – ab in die Zeitung?!

Wie bringt man Medien dazu, über Forschende und ihre Ergebnisse zu berichten? Oder deren wissenschaftliche Erkenntnisse in eine aktuelle Debatte einzubeziehen? Für unseren Schwerpunkt Forschende und die Medien haben wir bei Pressestellen von Hochschulen nachgefragt, wie sie heute Pressearbeit mit ihren Expertinnen und Experten machen.

Die Kommunikationsabteilung schreibt eine Pressemitteilung, schickt sie an eine Zeitung und diese druckt den Text dann ab. So einfach, so … unwahrscheinlich. Denn die Medien haben ihre eigenen Kriterien für die Themenauswahl. Wir haben bei Pressestellen von Hochschulen nachgefragt:

  • Wie funktioniert die Vermittlung von Expertinnen und Experten an die Medien bei Ihnen?
  • Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Forschenden in Ihrer Medienarbeit?
  • Was fällt Ihnen in der Medienarbeit mit Forschenden immer wieder auf?

Nora Frei, Online-Redakteurin der Universität Siegen

Foto: Katrin Wagner
Nora Frei, Foto: Katrin Wagner

Expertinnen und Experten an überregionale Medien zu vermitteln, ist für eine Hochschule wie die Universität Siegen eine besondere Herausforderung. Anders als Köln, München oder Berlin, ist Siegen nicht der Sitz großer medialer Player. Unsere Strategie ist deshalb, unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gezielt für Themen zu platzieren, die noch nicht durch bekannte Expertinnen und Experten besetzt sind. Ein Beispiel: Wenn in Frankreich oder den USA Wahlen anstehen, berichten alle Medien rund um die Uhr, oft mit fixen Ansprechpersonen. Bei den Wahlen in den Niederlanden 2017 war das anders. Viele Journalistinnen und Journalisten haben die Ticker in der Nacht ruhen lassen, es gab keine aktuellen Experteneinschätzungen. Wir hatten vorab einen unserer Politikwissenschaftler um ein aktuelles Statement zum Wahlausgang gebeten, das wir dann sofort an die Medien geschickt haben. Die Idee, sich auf eine Wahl in einem kleineren Land zu konzentrieren, ging auf: Die dpa verbreitete einige Zitate, viele Medien in ganz Deutschland griffen das Statement auf.

Für uns in der Pressestelle ist es besonders entscheidend, proaktiv Themen sowie Expertinnen und Experten anzubieten. Seit Anfang des Jahres haben wir die Rubrik „Experten der Woche“, die wir an die Medien vermitteln. Die Themen reichen vom Meeresspiegelanstieg über das Diesel-Fahrverbot bis hin zur Royal Wedding in Großbritannien oder großen Sportevents. Feststehende Termine und Jahrestage sind recht einfach zu planen. Bei tagesaktuellen Entwicklungen müssen wir entsprechend schnell handeln. Entscheidend ist, dass die Forschenden schnell reagieren und relativ spontan verfügbar sind. Damit steht und fällt meist die Vermittlung.


Mathias Fejes, Redakteur und stellvertretender Pressesprecher der Technischen Universität Chemnitz

Mathias Fejes, Foto: TU Chemnitz

Für die Vermittlung halten wir gute Kontakte zu vielen unserer Forschenden und kennen ihre Expertise. Bei aktuellen Ereignissen versuchen wir, sie gezielt entsprechend ihrer Expertise direkt an die lokalen/regionalen Medien zu vermitteln. So gibt es beispielsweise eine Medienpartnerschaft mit der größten Tageszeitung vor Ort, der „Freien Presse“, in der oft Gastbeiträge und Interviews von TU-Experten – insbesondere von Professorinnen und Professoren – erscheinen. Bei Ereignissen mit überregionaler Bedeutung arbeiten wir für die Expertenvermittlung mit persönlichen Kontakten zu Redaktionen, mit der Expertendatenbank des „Informationsdienstes Wissenschaft“ sowie Twitter.

Einige unserer Forschenden haben auch bereits ein eigenes Standing zu bestimmten Themen in der Medienlandschaft, sodass die Redaktionen selbstständig und gezielt auf diese Personen zugehen. Aktuell arbeiten wir zudem am Aufbau eines Forschungsinformationssystems für die TU Chemnitz, das ein eigenes Modul für die Expertenvermittlung für Medienvertreterinnen und -vertreter sowie einen Themenservice enthalten wird.

Nahezu täglich vermitteln wir so Expertinnen und Experten an die Medien. Der Aufwand ist immer dann etwas größer, wenn Expertise im Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen, Studien, Forschungsergebnissen gesucht wird beziehungsweise die überregionale Bedeutung des Themas zunimmt.

Die Zusammenarbeit mit den Forschenden läuft bei uns als Universität mit relativ überschaubarer Größe meist über enge Kontakte. Wir kennen die Personen und in der Regel ihre Präferenzen bezüglich Themen, bevorzugten medialen Kanälen und Verfügbarkeit – mitunter auch außerhalb der normalen Arbeitszeit. Insofern verläuft die Ansprache und Vermittlung üblicherweise sehr flüssig, schnell und reibungslos.

Ein grundsätzlicher „Fallstrick“ ist natürlich die tagesaktuelle und zum Teil unmittelbare Verfügbarkeit von Expertinnen und Experten bei aktuellen Ereignissen, die auch wir nicht grundsätzlich voraussetzen können. In der Regel funktioniert eine zügige Vermittlung, mit Ausnahme von arbeitsintensiven Phasen (zum Beispiel in der Prüfungszeit) oder der vorlesungsfreien Zeit recht gut. Hilfreich ist es, mit den betreffenden Forschenden Vorabgespräche im Sinne eines individuellen Medientrainings zu führen und über die Arbeitsweise der Medien aufzuklären. Darüber hinaus weisen wir auch darauf hin, dass Zitate in der Berichterstattung nicht immer eins zu eins übernommen oder manche Aussagen auch zugespitzt werden können.

Sofern das Vertrauensverhältnis und die Bereitschaft zur Vermittlung gegeben ist, ist oft ein Kontakt zu den Experten via Handy unerlässlich, um schnell zu reagieren.


Christina Kaufmann, Leiterin der Abteilung Hochschulkommunikation der Hochschule München

Christina Kaufmann, Foto: Hochschule München

Wir vermitteln unsere Themen, unsere Expertinnen und Experten seit einiger Zeit kaum mehr über klassische Pressemitteilungen. Stattdessen versenden wir zunehmend sogenannte Teaser, mit denen wir Themen ausgesuchten Journalistinnen und Journalisten anbieten. Neben überregional interessanten Themen spielen Personalisierung und Lokalisierung eine wichtige Rolle. Das Stichwort dabei ist natürlich Storytelling.

Vor allem junge Forschende nehmen wir zunehmend als medienaffin wahr. Es gibt aber auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die wir von ihrem „Glück“ erst überzeugen müssen. Wir versuchen zu erklären, dass die Kommunikation von wissenschaftlichen Themen nicht nur für eine begrenzte Fachcommunity bedeutsam ist. Wer schlechte Erfahrungen gemacht hat, steht bei der nächsten Medienanfrage nicht unbedingt zur Verfügung. Hier hilft nur intensive Betreuung. Aber: Gute Ergebnisse machen stolz und öffnen die Tore für spannende Geschichten aus der Wissenschaft.


Wie sind Ihre Erfahrungen in der Pressearbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern? Schicken Sie uns Ihr Statement: Redaktion@wissenschaftskommunikation.de