Foto: Rami Al-zayart, CC0

„Ich erlebe die Diskussionen [auf Twitter] als sehr konstruktiv und sachlich“

Andreas Peichl ist Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen und, wenn man aktuellen Kommunikationsrankings glaubt, einer der am besten vernetzten Ökonomen in den Sozialen Medien. Ein guter Anlass, um mit ihm über seine Einstellung zur Wissenschaftskommunikation zu sprechen.

Herr Peichl, sie haben über 3.000 Follower auf Twitter. Wie sind Sie dazu gekommen, diesen Kanal für die Kommunikation zu nutzen?

Ich habe im Studium zunächst Facebook und den deutschen Kanal StudiVZ privat genutzt für die Vernetzung mit anderen Studierenden sowie Freundinnen und Freunden. Die Kanäle haben sich dann ja immer mehr auch zu Nachrichten- und Kommunikationskanälen entwickelt und darüber bin ich dann auf Twitter gestoßen. Dort war ich erst mal als stiller Beobachter unterwegs und habe es genutzt, um anderen Leuten zu folgen und deren Beiträge zu lesen. Ich habe dann gemerkt, dass man sich darüber schnell und einfach in Diskussionen einbringen kann und Twitter insbesondere in den Branchen Journalismus und der Politik von vielen sehr intensiv verfolgt wird. Für uns am ifo und auch mich als Forscher sind das wichtige Zielgruppen in der Kommunikation und um diese zu erreichen, ist Twitter aus meiner Sicht sehr gut geeignet. Ich sehe es deshalb auch als Teil meines Jobs, unsere Forschung aktiv zu kommunizieren und mich in aktuelle Debatten einzumischen.

Was ist das Hauptziel Ihrer Kommunikation?

Prof. Dr. Andreas Peichl ist Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen und Professor für Volkswirtschaftslehre an der LMU München. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Finanzwissenschaft, Arbeitsmarktökonomik, Ungleichheit und Chancengerechtigkeit. Foto: CESifo Group Munich

Das Ziel ist schon, eine breite Öffentlichkeit zu informieren – „ifo“ steht ja auch für „Information und Forschung“. Politik und Medien sind aber direkter und unmittelbarer zu erreichen. Unsere sonstigen Publikationen haben einen sehr beschränkten Adressatenkreis und mit Twitter erzielt man dann schon eine andere Reichweite.

Gibt es Beispiele dafür, wo Ihnen das gelungen ist?

Es gibt jetzt nicht das eine positive Erlebnis, aber es zeigt sich schon, dass es funktioniert.

Ich habe es schon häufiger erlebt, dass ein Tweet von Journalistinnen und Journalisten oder der Politik aufgegriffen wurde und man als Resultat dessen dann ein ausführliches Interview oder Hintergrundgespräch geführt hat.

Ein ganz schönes Beispiel ist vielleicht eine rege Diskussion zwischen den Accounts vom Finanzministerium und dem des Wirtschaftsministeriums, in die ich mich mit dem Verweis auf wissenschaftliche Beiträge zu dem Thema eingeschaltet habe. Das hat direkt dazu geführt, dass in den Medien über meine Tweets berichtet wurde und ich eine Einladung vom Wirtschaftsministerium erhalten habe, mich noch mal im Detail dazu zu äußern. Das ist aber nur eines von vielen Beispielen, wo unsere Äußerungen in der Öffentlichkeit und eben auch in den Social-Media-Kanälen dann wirklichen Impact hatten.

Wie viel Zeit nimmt das in Anspruch?

Das ist eine sehr schwierige Frage, die mir aber auch häufig von Kolleginnen und Kollegen gestellt wird. Ich mache es eigentlich nicht während der normalen Arbeitszeit, sondern nebenbei. Zum Beispiel wenn ich irgendwo auf einen Bus warte oder unterwegs bin. Deshalb twittere ich natürlich auch unregelmäßig und nicht zu bestimmten Zeiten beziehungsweise zu Zeiten, in denen die meisten Menschen arbeiten.

Was für Inhalte twittern Sie denn?

Im Vordergrund stehen eigene Forschungsinhalte und Ergebnisse. Darüber versuche ich primär zu berichten. Außerdem versuche ich immer dann, wenn ich etwas beizutragen habe zu einer öffentlichen Debatte, auch in diese einzusteigen. Allerdings eben nur, wenn ich eine wissenschaftlich fundierte Meinung dazu habe. Ich bin, glaube ich, eher etwas zurückhaltend, wenn es um reine Meinungsäußerungen abseits unserer Forschung geht.

Wie erleben Sie die Diskussionskultur auf Twitter?

Ich erlebe die Diskussionen als sehr konstruktiv und sachlich. Natürlich gibt es manchmal polemische und beleidigende Kommentare. Das ist aber die absolute Minderheit. Und je nach Person ist die Diskussion auch mal sehr humorvoll. Insgesamt habe ich sehr positive Erfahrungen gemacht.

Wieso finden Sie es denn wichtig, als Wissenschaftler selbst aktiv zu kommunizieren?

Ich halte es für wichtig, die eigenen Forschungsergebnisse zu kommunizieren. Es auf Twitter zu tun, ist natürlich eine besondere Herausforderung, weil man es zum einen sehr kurz und knapp machen und zum anderen dabei auch noch für Laien verständlich kommunizieren muss. Das erschwert es natürlich und ich verstehe auch, wenn Leuten die Herausforderung hier zu groß ist oder sich davor scheuen. Aber ich kann es jedem nur empfehlen und finde es wichtig, der Gesellschaft über öffentliche Kommunikation etwas zurückzugeben beziehungsweise sie an der Forschung teilhaben zu lassen. Natürlich gibt es aber auch andere Wege das zu tun und wie man es macht, hängt auch von der eigenen Persönlichkeit ab. Aus meiner Sicht müssen nicht alle Forschenden auf Twitter sein.

Gibt es Rückmeldungen dazu aus der Community?

Ich kriege inzwischen relativ viel Feedback und bisher ist es ausschließlich positiv. Es wird immer mal wieder gefragt, wie ich es neben der Arbeit hinbekomme. Aber kritisch beäugt oder an der Qualität meiner Arbeit gezweifelt wird da bisher nicht.

Wie schwer fällt es Ihnen denn, Ihre Forschung verständlich zu kommunizieren?

Ich war schon immer ganz gut darin, anderen Leuten Sachen zu erklären und glaube auch, es ganz gut zu können. Man muss es sich manchmal eben auch trauen, Themen zu vereinfachen und die Aussage herunterzubrechen. Solange die Kernaussage dann noch stimmt, denke ich, sollte man versuchen, so einfach wie möglich zu erklären.

Genau das ist eben mein Job als Wissenschaftler wenn es um Kommunikation geht. Diese Fähigkeit ist vor allem auch in der Politikberatung relevant, da die Politik oft einfache Antworten sucht und man eben nicht tausend Bedingungen für eine Empfehlung mitliefern kann. Um diese Fähigkeit zu erwerben, hilft es natürlich, sich auch privat mit Leuten zu unterhalten, die in anderen Bereichen arbeiten und daher nicht über das gleiche Fachwissen verfügen. Mir persönlich fällt es relativ leicht, was aber auch daran liegt, dass ich sehr geübt darin bin, mit fachfremden Leuten über meine Arbeit zu sprechen.