Foto: Sharon McCutcheon

„Glitzern und Denken“ im Wissenschaftsvarieté

Das Projekt „Glitzern und Denken“ verbindet die Forschung am Museum für Naturkunde Berlin mit Musik, Erzählung und Artistik zu einem Wissenschaftsvarieté. Die künstlerische Leiterin Ines Theileis erklärt das Konzept und warum man über alle Wissenschaftsthemen lustig und schön sprechen kann.

Frau Theileis, was passiert beim Wissenschaftsvarieté „Glitzern und Denken“, das Sie gemeinsam mit dem Museum für Naturkunde und Wissenschaft im Dialog* konzipieren?

Das Wissenschaftsvarieté ist ein Ort, an dem Menschen verschiedenster Fähigkeiten intellektuell, körperlich und künstlerisch aufeinandertreffen und miteinander schöne Dinge präsentieren. Die aktuelle Schau „Glitzern und Denken“ haben wir gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Museums konzipiert. Darin erzählen sie von ihrem Arbeitsfeld und bringen dazu passende Stücke aus der Sammlung mit. Wir, also das künstlerische Team, sind auf der Bühne dabei die Brücke zum Publikum, indem wir im Gespräch einen Zugang zum Thema schaffen. Wir möchten erreichen, dass jemand, der sich sonst nicht so viel mit Naturwissenschaften beschäftigt, einen Zugang dazu findet. Zwischendrin gibt es Musik von unserer Band und wir haben insgesamt im besten Falle eine wunderbare Stimmung. Außerdem haben wir eine lebende Schnecke dabei, weil es im erste Teil des Projektes um Schnecken und Weichtiere geht.

Warum haben Sie dieses Thema ausgewählt?

Ines Theileis ist Sängerin, Stimmtrainerin und Gründerin des Wissenschaftsvarietées Salon Fähig. Sie studierte klassischen Gesang an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden und war in verschiedenen Musikprojekten aktiv. Foto: Stefan Tietz

Unser erstes Thema heißt „Schleimig!“ und dreht sich um die Molluskensammlung des Museums. Diese umfasst 220.000 trockene Teile und über 20.000 Objekte in der Nasssammlung. Da gibt es einfach unheimlich viel Potenzial für Gespräche. Wir wollten außerdem über Themen reden, die nicht die vordergründig coolen Themen sind, sondern die man mal hervorheben sollte. Und weder Schnecken noch Muscheln oder Oktopusse sind die klassischen Lieblingstiere von Museums- oder Zoobesuchern. Als zweites werden wir uns dann mit Insekten beschäftigen und im Anschluss mit dem Thema Tod, nämlich dem Insektensterben und Artensterben im Allgemeinen. Das Museum hat ja nun auch das eine oder andere ausgestorbene Tier und darunter sind auch einige sehr schräge Exemplare. Das kann man definitiv lustig und auch schön präsentieren und dazu werden wir im kommenden Jahr arbeiten.

Kann man zu allen wissenschaftlichen Themen lustig und schön Varieté machen?

Ich habe bisher noch kein Thema gefunden, mit dem es nicht funktioniert hat. Es ist unheimlich toll, wenn man jemandem gegenüber sitzt, der oder die sich mit einem Thema in der Tiefe beschäftigt hat, sei es Physik oder Geschichte. Es reißt dann einfach mit. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben so viel Wissen und intellektuelle Tiefe und in diesen Nischen sind auch die spannenden Geschichten zu finden. Wenn man sich also die Zeit nimmt, darf man diese Ecken eines Themas entdecken und das ist ein Privileg.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation aus Ihrer Sicht?

Ines Theileis und Artist Philip Golle im Dinosauriersaal des Museum für Naturkunde Berlin. Foto: Stefan Tietz

Es ist manchmal eine kleine Herausforderung zu erklären, wie wir bei den Wissenschaftsvarietés arbeiten. In viele Kategorien passen wir schlicht nicht hinein. Manchmal werde ich gefragt: Wo ist denn die künstlerische Intervention hier? Das ist dann ein Ansatz, der stark von Konzeptkunst geprägt und sehr intellektuell ist. Es wird oft zwischen ernster und Unterhaltungskunst unterschieden. Eine Unterscheidung, die ich nicht mache. Ich arbeite mit Leuten aus dem Zirkus oder mit Musikern zusammen. Wir sind dafür da, andere Menschen zu unterhalten, Spaß zu machen, Stimmung aufzubauen. Und es gibt trotzdem eine Virtuosität in der Hula-Hoop-Artistik oder der Musik.

Was ist für Sie aus künstlerischer Perspektive an dem Format Wissenschaftsvarieté spannend?

Ich bin nicht so ein Freund von Unterhaltung, die einfach so unterhält. Ich schätze ein Gespräch mit Menschen, die besondere Fähigkeiten haben. Da mache ich persönlich keine Unterscheidung zwischen dem Können einer Wissenschaftlerin, eines Akrobaten oder einer Musikerin. Für mich sind das gleichwertige Fähigkeiten und warum sollte man sie nicht auch gemeinsam präsentieren und damit die Welt bereichern?

Wie planen Sie jetzt unter den aktuellen Bedingungen die Vorstellungen?

Geplant haben wir aktuell drei Veranstaltungen vor Ort mit einem begrenzten Publikum, die gleichzeitig live über Youtube und Facebook gestreamt werden. Das Ganze findet zwei Mal auf Deutsch und ein Mal auf Englisch statt. Ich hoffe aber, dass ich trotz der Pandemiebedingungen im kommenden Jahr viele Clowns und Akrobatinnen, Musiker und Märchenerzählerinnen ins Museum bringen kann, um dort mit ihnen zu Themen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu spielen.

*Wissenschaft im Dialog ist einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.