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Facebook: Was bedeutet der veränderte Algorithmus für die Wisskomm? (2)

Anfang des Jahres hat Facebook seinen Algorithmus umgestellt. Eine Umstellung mit Folgen? Wir haben uns bei Social-Media-Verantwortlichen aus der Wissenschaftskommunikation umgehört. Teil 2 unserer Fragerunde.

Wenn Freundinnen und Freunde einen Inhalt teilen, liken oder kommentieren, hat er für die Nutzerinnen und Nutzer von Facebook mehr Bedeutung, als wenn er von Institutionen oder Unternehmen kommt – so die These, die hinter dem neuen Algorithmus steckt. Seit Januar werden deshalb in der Facebook-Timeline verstärkt Inhalte von Freundinnen und Freunden und entsprechend weniger Inhalte von Institutionen und Co. angezeigt.

Wir haben Social-Media-Verantwortliche aus der Wissenschaftskommunikation gefragt:

  • Machen sich die Veränderungen für Sie/Ihre Einrichtung bemerkbar?
  • Wie reagieren Sie darauf?
  • Und glauben Sie, Facebook wird künftig noch eine Rolle in der Wissenschaftskommunikation spielen?

Daniel Lingenhöhl, Redaktionsleiter von Spektrum.de und Head of Digital Content von „Spektrum der Wissenschaft“

Foto: privat

Ja, wir haben einen deutlichen Rückgang des Traffics von Facebook und weniger Interaktionen. Prinzipiell geht jeder Artikel auf die Facebookseite. Es werden jetzt weniger Texte häufig geteilt und weiterverbreitet.

Wir reagieren darauf, indem wir versuchen, die Interaktion zu verstärken bzw. zukünftig vielleicht mehr reine Inhalte für Facebook zu produzieren. Es zeigt bislang aber noch wenig Wirkung. Pocket (ein Bookmarkingdienst für Browser und Smartgeräte; Anm. d. Red.) spielt allerdings mittlerweile ohnehin eine deutlich größere Rolle und wir wollen dies insofern beeinflussen, in dem wir Titel und Einstieg noch aussagekräftiger machen.

In Zukunft wird Facebook eine deutlich kleinere Rolle spielen. Facebook steckt in meinen Augen in einer generellen Glaubwürdigkeitskrise und stark abnehmender Akzeptanz jüngerer Nutzerinnen und Nutzer, die zu Instagram abwandern. Institute, Hochschulen und Verlage werden weiterhin bei Facebook bleiben, einfach um auch hier ein Publikum zu erreichen. Doch nach gegenwärtigem Stand der Dinge hängt das Herzblut der Social-Media-Manager nicht mehr an Facebook.


Daniel Bayer, Online Kommunikation am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)

Foto: Schmelz-Fotodesign

Am DZNE ist uns die Auswirkung der Veränderung des Facebook-Algorithmus erst vor Kurzem aufgefallen. Die Reichweite von Beiträgen ist nun mitunter sehr gering, wobei unser kleiner Auftritt mit nur knapp 1.200 Followern vorher teilweise überdurchschnittlich gut performt hat.

Nicht nur die Veränderung des Algorithmus, sondern auch die (noch nicht absehbaren) Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) haben uns veranlasst, unsere institutionelle Webseite stärker mit Inhalten zu füttern.

Diese wären beispielsweise vorher nur über Facebook gelaufen, da es inhaltlich nicht für eine offizielle Pressemitteilung reicht. Dafür haben wir eine eigene Rubrik „Im Fokus“ geschaffen, in der wir die Arbeit des DZNE aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln betrachten und aus vielen Bereichen berichten können. Im Marketing-Sprech haben wir jetzt also einen „Content-Hub“. Sprich: Hier veröffentlichen wir unsere Inhalte und distribuieren diese dann auf den jeweiligen Kanälen — angepasst an die Interaktionsgruppe.

Im Augenblick ist Facebook als ein Kanal der Wissenschaftskommunikation nicht wegzudenken, auch wenn es momentan etwas schwierig scheint mit Blick auf Algorithmus und DS-GVO. Sicherlich wird sich unsere Nutzung den neuen Gegebenheiten anpassen. Ob es in naher Zukunft ein anderer Anbieter schaffen wird, eine Plattform zu etablieren, dessen Nutzerschaft zum einen derart groß und zum anderen so heterogen aufgestellt ist, wage ich zu bezweifeln. Zumindest solange der Mainstream seine Medien weiterhin so intensiv über Tablet, Smartphone oder Computer konsumiert. Aber wer weiß, vielleicht sitzen wir in fünf Jahren ja alle mit Virtual-Reality-Brille im Büro und denken nur mit einem müden Lächeln an Facebook und Co. zurück.


Peter Limacher, Social Media Manager bei Science et Cité

Foto: privat

Facebook ist für uns der Kanal, mit dem wir breiter in die Öffentlichkeit kommunizieren. Von daher betreffen uns die stetigen Änderungen der Facebook-Algorithmen ziemlich stark. Besonders aufgefallen ist, dass die organische Reichweite trotz steigender Interaktionsrate ziemlich abgesackt ist.

Bei gekaufter Reichweite können wir bestätigen, dass Inhalte, welche auf die beworbene Zielgruppe zugeschnitten sind, relativ gut laufen. Ebenfalls kann man die Beiträge in thematischen Facebookgruppen teilen. Es lohnt sich auch herauszufinden, ob es für gewisse Themen Influencer oder sogenannte Micro-Influencer gibt. Das können Referierende, Workshopteilnehmende, Mitarbeitende und Freundinnen und Freunde sein, die bereits dafür bekannt sind, zu gewissen Themen auf Social Media Stellung zu nehmen. Wenn sie unsere Inhalte spannend und teilenswert finden, profitieren wir davon.

Ebenfalls sollte mit den Einrichtungen zusammengearbeitet werden, mit denen man sowieso schon in Kontakt ist. Organisieren wir eine Veranstaltung mit Partnern, dann werden diese in den Beiträgen und in der Facebookveranstaltung markiert und man kann sie auch bitten, Beiträge zu teilen. Genauso sollte man aber auch bereit sein, Beiträge der Partner zu teilen, zu kommentieren, zu liken oder besser noch zu loven, also Herzchen zu geben.

Facebook wird kurzfristig sicherlich relevant für die Wissenschaftskommunikation bleiben. Wie das langfristig aussieht, entscheiden in erster Linie die Nutzerinen und Nutzer von Facebook. Wir stellen aber fest, dass praktisch alle Zielgruppen, die älter als 25 Jahre sind, weiterhin auf Facebook vertreten sind. Momentan bietet uns die Plattform mehr Möglichkeiten, multimediale Inhalte zielgenau zu platzieren als jede andere.

Da das Interesse der Bevölkerung an Wissenschaftskommunikation eher gering ist und eher selten direkt danach gegoogelt wird, sind bezahlte Posts auf Facebook aber auch nicht unbedingt etwas Schlechtes. Sie funktionieren relativ gut und bieten uns die Möglichkeit, zielgenau das gewünschte Publikum zu erreichen.


Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem neuen Facebook-Algorithmus? Schicken Sie uns Ihr Statement: Redaktion@wissenschaftskommunikation.de