Foto: Manuel Mauky

Im Profil: Marlene Knoche

Als freischaffende Künstlerin hat sich Marlene Knoche ihren Kindheitstraum erfüllt: Ihre Leidenschaften für Mathematik und Kunst miteinander zu verbinden. Warum der für sie „beste Job der Welt” dennoch mit Hürden verbunden ist, verrät die studierte Informatikerin im Jobprofil.

Karriereleiter, Karrieresprungbrett oder Karrierekarussell – Wie war Ihr Weg in die Wissenschaftskommunikation?

Von Kunst leben zu können, war schon während meiner Schulzeit eine Vorstellung, der ich entgegengefiebert habe. Sogar mein Schulpraktikum habe ich damals in einem Atelier absolviert und meine Freizeit habe ich größtenteils mit Zeichnen verbracht. Außerdem bin ich schon früh mit Computern, Computerspielen und Naturwissenschaften in Berührung gekommen. Etwas, das mich bis heute nicht losgelassen hat.
Mit Wissenschaftskommunikation bin ich dann beim ersten Heidelberg Laureate Forum 2013 in Berührung gekommen. Bei dieser Konferenz haben Nachwuchsforschende die Gelegenheit, sich mit Preisträger*innen der großen Preise aus Mathematik und Informatik, wie dem Turing Award oder der Fields-Medaille auszutauschen. Dort war ich Teil des Blog-Teams und habe unter anderem Interviews mit den Nachwuchsforschenden geführt und das Forum mit meinen Zeichnungen dokumentiert.

Das Forum inspirierte mich, mehr Mathematik in meine Kunst einfließen zu lassen und war der ausschlaggebende Grund, mich weiter mit Wissenschaftskommunikation zu beschäftigen. Gemeinsam mit der Mathematikerin Constanza Rojas-Molina habe ich 2019 die Mathe-Kunst-Challenge #mathyear ins Leben gerufen, bei der wir Themen rund um die Mathematik kreativ aufbereitet haben. Ziel für uns war, insbesondere Mathematikerinnen eine Plattform zu bieten, aber auch andere zu ermutigen, sich kreativ mit Mathematik auseinanderzusetzen. Durch ein wissenschaftsjournalistisches Fellowship am MIP.labor Berlin, konnte ich dann mein erstes großes Projekt im Kontext der Mathematikgeschichte realisieren: Mein Point-And-Click-Adventure-Computerspiel „Hilbert’s Holidays”. Inzwischen übe ich die Illustration und Kunst hauptberuflich aus. So gesehen konnte ich meinen Kindheitstraum wahr werden lassen und kann nun meine beiden Leidenschaften miteinander verbinden. Das macht mich sehr glücklich und stolz.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag?

Ich sage gerne: „Ich habe den besten Job der Welt!“ Aber natürlich gibt es immer wieder Hürden zu überwinden. Zum Beispiel ist es schwierig, Kontakte zu Forschungseinrichtungen zu knüpfen und aufrechtzuerhalten, ohne selbst aktiv in der Forschung tätig zu sein. Hinzu kommt das Einarbeiten in neue, fachfremde Themengebiete, um korrekte Illustrationen erstellen zu können. Gleichzeitig liebe ich diesen Teil meiner Arbeit, da ich so ständig Neues dazulernen kann.

Auch die zum Teil schwierige Budgetsituation bei Auftraggebenden erschwert meine Arbeit als Illustratorin. Nicht immer sind finanzielle Mittel vorhanden oder eingeplant, um Illustrationen anfertigen zu lassen. Leider erlebe ich auch hin und wieder, dass meine Arbeiten kostenlos oder zu Preiskonditionen erfragt werden, die ich als Selbstständige nicht tragen kann. Ich muss genau abwägen, welche Aufträge ich guten Gewissens annehmen kann.

Hinzu kommen die vielen kleinen Nebentätigkeiten, die neben der ‚eigentlichen‘ Arbeit, als Selbstständige immer mitbedacht werden müssen: Akquise, Steuererklärung, Social Media, Website, Kundenpflege und Co. können manchmal so viel Zeit rauben, dass eigene Projekte zu kurz kommen. Bei all den Dingen, an die ich da denken muss, fällt es mir manchmal sehr schwer, mich zu entspannen und die nötigen Pausen einzulegen. Dennoch freue ich mich immer wieder auf meine Arbeit. Das liegt vor allem daran, dass dieser Job für mich eine Herzensangelegenheit ist und ich dabei das gute Gefühl habe, etwas Sinnvolles zu tun.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?

Durch meine Zeit am MIP.labor bin ich mit experimentellen und alternativen Ansätzen für Wissenschaftsjournalismus in Berührung gekommen. Die Arbeit an meinem Computerspiel hat mir gezeigt, dass unterhaltsame Formate gut ankommen und die Hürde senken, sich mit Themen wie Mathematik zu beschäftigen. Entsprechend fände ich es toll, wenn sich neue, mutige Formate als zusätzlicher Kommunikationskanal etablieren. Ich denke dabei an Spiele, Comics, Graphic Novels, Podcasts oder auch andere interaktive Formate wie Virtuel-Reality-Anwendungen, die Wissenschaft erlebbar machen. Diese Formate sind natürlich aufwändiger und erfordern entsprechend mehr Budget und unter Umständen externe, nicht zwingend in der Forschung ansässige Akteure. Ich sehe in dieser Zusammenarbeit aber auch das Potential, den Kommunikations- und Erkenntnisprozess durch andere Perspektiven positiv zu beeinflussen. Auf diese Weise lassen sich sicherlich auch neue Zielgruppen erschließen und für Wissenschaft begeistern.

Bilder sind wichtig für die Wissenschaftskommunikation, weil….

… sie Menschen Inhalte und Emotionen direkt vermitteln können, ohne dass es notwendig ist, Texte einzubinden. Ich bin davon überzeugt, dass wissenschaftliche Themen, die ästhetisch aufbereitet sind, auch mehr Interesse wecken. Sie haben das Potenzial, Aufmerksamkeit auf Themen zu lenken, die sonst vielleicht nicht wahrgenommen werden, weil sie als trocken oder zu komplex empfunden werden. Ich erlebe oft, dass Menschen, die sich mit meiner Kunst auseinandersetzen, zunächst verdutzt sind, weil sie sich nicht vorstellen können, dass Kunst und Mathematik zusammenpassen. Wenn ich mit ihnen über meine Kunst spreche, sind sie überrascht, wie schön Mathematik sein kann und bewerten sie positiver.


Marlene Knoche ist freiberufliche Illustratorin und Künstlerin. Nach einigen Jahren als Softwareentwicklerin nutzt sie heute ihre Kunst, um mathematische Themen unterhaltsam und verständlich zu präsentieren. Als MIP.labor Berlin Fellow verwirklichte sie ihr Mathematik Point-And-Click-Adventure „Hilbert’s Holidays”.  Zudem war sie Gast bei Real Scientists und ist Mitinitiatorin der Kunst-Challenge #mathyear. Foto: Manuel Mauky