Foto: Tabea Damm

Viele Wege führen in die Kommunikation

Wie landet man eigentlich in der Wissenschaftskommunikation? Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung gibt es zwar nicht, aber Michael Büker hat nach fast sieben Jahren in der Branche viele gute Tipps gesammelt. Hier zeigt er verschiedene Wege auf, wie der Einstieg gelingen kann.

Bei meiner Arbeit als freier Wissenschaftskommunikator, -journalist und -autor komme ich gelegentlich ins Gespräch mit jungen Forschenden, die auch gern beruflich kommunizieren möchten. Sie alle haben Freude am Erklären, Texten, Gestalten und Präsentieren wissenschaftlicher Inhalte, wissen aber nicht recht, wie sie damit in eine Karriere starten können.

Neulich wurde ich nach meinem eigenen Einstieg in die Kommunikation gefragt, der bald sieben Jahre zurückliegt. Meine Antwort war: „Eigentlich ging es schleichend, während ich dem nachgegangen bin, was mir Spaß gemacht hat.“ Das fasst es zwar treffend zusammen, aber mal ehrlich: Für Einsteigerinnen und Einsteiger ist es so nützlich wie ein Kalenderspruch. Deshalb möchte ich hier einige handfeste Ratschläge sammeln, die mir alle auf die eine oder andere Weise geholfen haben, heute einer Arbeit nachzugehen, die mich begeistert, fordert und erfüllt.

Auf eigene Faust, im eigenen Namen

Die eigene Lust am Erklären und Erzählen kann man mit selbstproduzierten Medien besonders einfach und ohne große Hürden ausprobieren. Bei mir waren das zum Beispiel Blogposts wie dieser, den ich während meiner Diplomarbeit geschrieben habe. Das ist eine gute Übung, um die eigene Erklärweise zu testen, seinen Gedanken Struktur zu geben und sie zu bebildern. Außerdem weiß man nie, wann es nützlich sein kann, ein Beispiel für die eigene Arbeit zum Vorzeigen zu haben. Ein gründlich recherchierter, gut gereifter Blogpost in der Hinterhand kann viel mehr wert sein als eine hastig aus den Fingern gesaugte Arbeitsprobe.

"Ein gründlich recherchierter, gut gereifter Blogpost in der Hinterhand kann viel mehr wert sein als eine hastig aus den Fingern gesaugte Arbeitsprobe." Michael Büker
Auch in sozialen Medien kann man sich dahingehend ausprobieren. Über Hashtags zu Forschungsthemen oder Veranstaltungen findet man zudem schnell Anschluss an die Szene auf dem eigenen Fachgebiet, die einen auch mit Neuigkeiten versorgt. Ich habe auf Twitter schon Antworten von „Promis“ bekommen, die wohl kaum auf eine Mail geantwortet hätten. Die erzwungene Kürze macht es möglich: präzise Fragen, schnelle Antworten, prägnante Formulierungen. Auf Twitter tummeln sich neben Forschungsorganisationen auch viele Kommunikatorinnen und Kommunikatoren und Projekte für den Blick über den Tellerrand, wie etwa Real Scientists DE.

Für Experimentierfreudige kann auch ein eigener Podcast ein lohnenswertes Projekt sein. Man muss etwas Geld und eine Menge Zeit hineinstecken, aber ein lebendiger Podcast aus eigenem Antrieb und eigener Produktion ist eine sehr wertvolle Referenz und kann sich zum Netzwerk entwickeln. Viele der heute großen Wissenschaftspodcasts sind als Liebhaberprojekte gestartet, etwa Methodisch Inkorrekt, aber auch kleinere Podcasts wie AstroGeo von Karl Urban oder der Botenstoff von Peter Kohl können begeistern, und sind für die Produzierenden nützlich und lehrreich.

Und dann ist da natürlich eine der Königsdisziplinen: der Science Slam! Hier ist der Typ „Rampensau“ zu Hause, aber auch mit leisen Tönen, klugen Gedanken oder feinem Humor kann man sehr gut landen. Slams gibt es in vielen Städten, und die Locations sind meist gemütlich – eine ideale Chance, sich auszuprobieren. Was die Wenigsten wissen: Teilnehmende werden immer händeringend gesucht! Neben der Bühnenerfahrung und Video-Aufzeichnungen der eigenen Auftritte kann man vor allem Kontakt zu großartigen Leuten gewinnen – und manchmal sogar handfeste Karrierechancen. Für meine eigene berufliche Entwicklung waren Auftritte bei Science Slams und FameLab von zentraler Bedeutung. Daneben gibt es auch kleinere Events von ähnlichem Charakter, etwa Science-Pubs oder die Three Minute Thesis.

Auftrag- und Arbeitgeber

Eine wichtige Erfahrung bei meinem Berufseinstieg waren Führungen am Forschungszentrum DESY in Hamburg, wo ich während meines Studiums viel Zeit verbracht habe. Die Arbeit mit Schulklassen, Kegelvereinen und Seniorengruppen war herausfordernd, vielfältig und sehr erfüllend für mich. Ähnliche Publikums-Aktivitäten gibt es an vielen Instituten und Universitäten. Falls es keine regulären Besucherführungen gibt, so gibt es sie mit Sicherheit zum Tag der Offenen Tür oder einer Langen Nacht der Wissenschaften, wo man entweder das eigene Labor oder gleich die ganze Institution präsentieren kann. Ansprechpartner ist hier in aller Regel die Pressestelle.

"Pressestellen sind oft dankbar für schreibwillige Forschende, und können vielfältige Ansätze für einen Einstieg in die Kommunikation bieten." Michael Büker
Bei einer Pressestelle kann es sich auch lohnen, Textarbeit anzubieten. Gibt es wissenschaftliche Ergebnisse zu präsentieren, so brauchen diese einen Kontakt in der entsprechenden Forschungsgruppe, beispielsweise um einen Textentwurf zu liefern. Pressestellen sind oft dankbar für schreibwillige Forschende, und können vielfältige Ansätze für einen Einstieg in die Kommunikation bieten – so auch Praktika oder Volontariate, wenn auch mit durchwachsener Bezahlung. Weitere Gelegenheiten bieten projektbezogene Anstellungen oder Elternzeitvertretungen, die mir selbst viel gebracht haben. Ganz allgemein stehen die eigenen Chancen darauf umso besser, wenn der eigene Name in Pressestellen bekannt ist – etwa durch Textarbeit, Social Media oder aus anderen Zusammenhängen. 

Auch bei Medien, die über das eigene Forschungsfeld berichten, kann es die Chance auf lehrreiche und bezahlte Textarbeit geben. Ich selbst habe durch mein Praktikum beim Onlineportal Welt der Physik das Handwerkszeug des Wissenschaftsjournalismus gelernt und viele Kontakte gewonnen. Später bot sich mir die Chance, Autor beim P. M. Magazin zu werden, für das ich seit inzwischen drei Jahren schreibe. Aus dieser Zusammenarbeit entstand schließlich auch unser Audible-Originalpodcast „Sag mal, Du als Physiker“.

Weiterbilden und Kontakteknüpfen

Selbstverständlich – wer dies liest, weiß es schon – gibt es auf wissenschaftskommunikation.de viel Inspiration und Hilfreiches für den Kommunikationsberuf. Zu den Machern dieser Seite gehören Wissenschaft im Dialog und das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation, kurz NaWik, die beide auch hervorragende Möglichkeiten zum Kontakteknüpfen in der Branche bieten.

Die zweifellos wichtigste Veranstaltung der Branche ist das dreitägige Forum Wissenschaftskommunikation, das jedes Jahr zwischen Mitte November und Mitte Dezember in einer anderen deutschen Stadt abgehalten wird. Neben Berichten und Neuigkeiten aus der Praxis sind vor allem die persönlichen Kontakte in der familiären, offenen Atmosphäre wertvoll, die mir selbst nicht nur Arbeitsgelegenheiten und Inspiration, sondern auch Freundschaften gebracht haben.

"Nur wenige wissen zu schätzen, wie viel eine gute Visitenkarte nützt – und eine schlechte Visitenkarte schadet." Michael Büker
Das NaWik bietet Veranstaltungen, Seminare, digitale Lernmaterialien und Weiterbildungen für kommunizierende Forschende und angehende Kommunikatorinnen und Kommunikatoren. Zudem gibt es die Jahrestagung der Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten, die Wissenswerte, die im jährlichen Wechsel in Bremen und anderen deutschen Städten stattfindet. 

Bei all dem persönlichen Kontakteknüpfen darf ein Geheimtipp nicht fehlen: gute Visitenkarten! Neben der grafischen Gestaltung zählen vor allem die Papierqualität oder ausgefallene Formen und Materialien. Nur wenige wissen zu schätzen, wie viel eine gute Visitenkarte nützt – und eine schlechte Visitenkarte schadet. Guter Rat von einem fähigem Gestalter oder einer Gestalterin und der Gang in eine ordentliche Druckerei machen sich langfristig mehr als bezahlt.

Dokumentieren und den Überblick behalten

Bei meiner Arbeit jongliere ich regelmäßig ein halbes Dutzend „Baustellen“ verschiedener Auftraggeber und Tätigkeiten: Texte, Audioproduktionen, Auftritte, Buchprojekte, Reisen und mehr. Dabei verschafft es mir viel Sicherheit, jederzeit einen guten Überblick zu haben. Mir helfen dabei mehrere Whiteboards, ein gründlich gepflegter Kalender und eine akribische Dokumentation von Finanzen, Geschäftsreisen und Korrespondenz. Für den großen Überblick aber nutze ich vor allem meine eigene Homepage. Sie ist nicht nur ein Aushängeschild, sondern dient mir auch als Dokumentation für fast alles, was ich im Beruf und auf dem Weg dorthin gemacht habe – und treibt mich an, sie wachsen zu lassen.

 

Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.