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„Twitter ist eine gute Plattform für Lobbyarbeit“

Martin Grund ist Doktorand am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und twittert als @GrundMar vor allem über Wissenschaftspolitik. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum er das macht.

Herr Grund, warum sind Sie als Wissenschaftler in den Sozialen Medien aktiv?

Ich finde, die Sozialen Medien bieten einem eine gute Möglichkeit, sich aktiv in einen Dialog einzuschalten, in dem Wissenschaft sonst oft nicht vorkommt. Es ist ja irgendwo auch eine Demokratisierung der Kommunikationslandschaft und aus dieser inzwischen kaum noch wegzudenken. Deshalb und wegen des Vernetzungspotenzials mit den verschiedenen Akteuren – vor allem auch im wissenschaftspolitischen Bereich – habe ich damit angefangen.

<b>Martin Grund</b> ist Experimentalpsychologe und erforscht, wie bewusste sensorische Erlebnisse im Gehirn entstehen. Nebenher engagiert er sich für eine gerechtere Wissenschaft. Für ihn sind die Sozialen Medien zentral, um diesen Demokratisierungsprozess zu organisieren. Foto: MPI CBS
Martin Grund ist Experimentalpsychologe und erforscht, wie bewusste sensorische Erlebnisse im Gehirn entstehen. Nebenher engagiert er sich für eine gerechtere Wissenschaft. Für ihn sind die Sozialen Medien zentral, um diesen Demokratisierungsprozess zu organisieren. Foto: MPI CBS

Wie sind Sie zu Twitter gekommen?

Ich habe mir 2012 einen Account angelegt, wahrscheinlich war das aber eher im Kontext meiner Arbeit im Bereich User-Experience-Consulting. Da habe ich ein Praktikum gemacht und zu der Zeit habe ich es dann auf einer Konferenz im wissenschaftlichen Bereich erstmals richtig genutzt. Danach habe ich Twitter etwas aus den Augen verloren, bis ich im letzten Jahr wieder so richtig eingestiegen bin. Da habe ich dann angefangen, es etwas professioneller zu nutzen. Dabei hat auch das Marketing für die N²-Konferenz eine Rolle gespielt, die ich als N²-Mitgründer und -Beirat unterstützt habe. N² ist ein Zusammenschluss der jungen Netzwerke der Institute Max Planck, Helmholtz und Leibniz. Im Rahmen dieser Konferenz haben wir sowohl Twitter als auch Facebook, wo ich schon länger recht aktiv war, genutzt.

Weshalb haben Sie sich entschieden, zusätzlich zu Facebook auch Twitter zu nutzen?

Ich nutze Facebook schon auch immer noch, habe aber bemerkt, dass die Community mehr und mehr zu Twitter wechselt beziehungsweise sich dort findet. Vor allem im letzten Jahr gab es da aus meiner Sicht noch mal einen starken Zuwachs, deshalb habe ich entschieden, dort auch wieder aktiver zu werden.

Worauf konzentrieren Sie sich in Ihrer Social-Media-Kommunikation?

Momentan vor allem über Wissenschaftspolitik. Dafür eignet sich Twitter aus meiner Sicht sehr gut. Journalisten, Politiker und Wissenschaftler sind dort gut vertreten und dadurch entsteht eine interessante Community, mit der man sich schnell und unkompliziert vernetzen kann. Mir geht es dabei aber vor allem auch darum, andere Perspektiven einzubringen oder individuelle Inhalten zu kreieren und nicht einfach nur zu teilen und zu liken.

Außerdem glaube ich, dass gerade Twitter gut geeignet ist, um sich innerhalb des Wissenschaftssystems zu vernetzen und ich halte es für eine gute Plattform, um Lobbyarbeit zu betreiben. Darin ist Wissenschaft per se aus meiner Sicht nicht so gut und könnte viel mehr auf sich aufmerksam machen, vor allem auch gegenüber der Politik.

Über meine eigene Wissenschaft kommuniziere ich momentan wenig, was aber auch einfach daran liegt, dass ich derzeit noch wenig selbst publiziere. Insofern gibt es da auch einfach noch nicht wahnsinnig viel inhaltlich zu kommunizieren, aber ich denke, das kommt später schon noch. Momentan beobachte ich in diesen Bereich eher. Wie alles in der digitalen Welt wandelt sich meine Strategie aber natürlich auch immer wieder, beziehungsweise ich passe sie an.

Haben Sie vor, das auszubauen?

Ich denke schon immer wieder darüber nach. Allerdings bin ich noch nicht ganz sicher, wie genau und ob es nicht die Zielgruppen zu stark vermischt. Die wissenschaftsinhaltliche, populärwissenschaftliche Kommunikation ist eher nicht meine Leidenschaft. Ich finde auch das total wichtig und finde es toll, dass es inzwischen ein so professionelles Feld ist, aber ich selbst sehe mich eher im wissenschaftspolitischen Bereich und eben später dann auch in der Kommunikation mit einer breiten Öffentlichkeit. Ich denke, in diesem Bereich brauchen wir auch dringend Wissenschaftler, die sich engagieren und am politischen Dialog teilnehmen.

Wie läuft es bisher?

Das Feedback ist bisher sehr positiv. Zumindest wächst meine Followerzahl stetig und man wird auch immer mal wieder angesprochen darauf. Gerade im wissenschaftspolitischen Kontext. Und auch sonst kriegt man immer mal wieder gute Rückmeldungen aus dem Bekanntenkreis, auch von Leuten, die selbst gar nicht so aktiv sind. Das ist natürlich die Belohnung.

Haben Sie Vorbilder für Ihre Arbeit oder sich Hilfe gesucht?

So richtige Vorbilder habe ich nicht, aber man guckt sich natürlich andere Leute an und wie die ihre Kanäle nutzen. Außerdem lernt man natürlich im Prozess auch viel dazu. Man sieht ja relativ schnell, welche Inhalte ankommen und von Leuten geteilt oder geliked werden und so wird man dann quasi Stück für Stück etwas besser und zielgerichteter.

Aber gerade im wissenschaftspolitischen Bereich gibt es natürlich viele spannende Accounts, die da einen guten Job machen und die ich beobachte.

Wie viel Arbeit steckt denn in Ihrer Social-Media-Präsenz?

Es ist natürlich schon Aufwand. Wenn man hochwertigen Inhalt posten will, dann braucht es auch Zeit. Da es aber natürlich nur ein Teil meiner Arbeit ist, hängt es auch davon ab, wie man ansonsten eingespannt ist. Eigentlich klappt es aber nebenher ganz gut, vor allem wenn man es ein bisschen systematisiert. Ich schreibe mir beispielsweise immer mal zwischendurch Ideen für Tweets auf oder plane im Voraus, zu bestimmten Dingen zu twittern oder etwas auf Facebook zu posten.

Ich sehe es als wichtigen Teil meiner Arbeit und meiner Rolle als Wissenschaftler an. Deshalb lohnt es sich. Gerade auch, weil man Leute erreicht und sich mit Leuten vernetzen kann, die man sonst nie treffen würde.