Foto: DIW Berlin/F.Schuh

„Das ist zu kompliziert. Da muss etwas raus“

Die Doktorandin Jana Hamdan hat zum ersten Mal bei einem Science Slam über ihre Forschung gesprochen – und würde es wieder tun. Im Interview erzählt die Ökonomin, wie sie sich vorbereitet hat und warum sie beim Slam nervöser war als bei einem Fachvortrag.

Frau Hamdan, Sie haben kürzlich zum ersten Mal an einem Science Slam teilgenommen und dort ein Thema aus Ihrer Promotion vorgestellt. Wie kam das?

Ich war 2018 schon bei einem Science Slam im Planetarium Berlin und fand es sehr lustig und mutig, wie die Slamer*innen ihre Forschung vorgestellt haben. Das Thema Science Slam hatte ich seither immer im Hinterkopf. Ich war damals aber im ersten Jahr meiner Promotion und hatte noch nicht so viel wissenschaftlich gearbeitet. Als ich vor zwei Monaten dann einen Aufruf vom Leibniz-PhD-Netzwerk für einen virtuellen Science Slam im Posteingang hatte, habe ich mich einfach spontan gemeldet.

Und worum ging es dann im Slam?

Jana Hamdan ist studierte Volkswirtin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Weltwirtschaft am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Dort und an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert sie zum Themenbereich Haushaltsfinanzen und persönliche Finanzentscheidungen, Konsumschulden und finanzielle Inklusion. Foto: DIW Berlin/F.Schuh

Ich habe eines meiner Projekte ausgewählt, von dem ich dachte, dass es am amüsantesten ist. In Kürze ging es um schlechte Finanzentscheidungen und welche Rolle Selbstkontrolle und finanzielle Bildung dafür spielen, ob und wie man Konsumschulden macht. Als Erstes haben ich dann erklärt, was Verhaltensökonomie ist – die Erforschung des Verhaltens von Menschen in wirtschaftlichen Situationen, das nicht rational erscheint. Dann habe ich auch darüber gesprochen, welche schlechten Finanzentscheidungen ich selbst schon mal getroffen habe und wie verbreitet das Problem der Konsumschulden in Deutschland ist. Dann habe ich erklärt, was Selbstkontrolle damit zu tun hat und was für ein Experiment ich mit einer Ko-Autorin mit Studierenden durchgeführt habe, um herauszufinden, ob es einen kausalen Effekt von Selbstkontrolle auf Konsumschulden gibt. Ich habe versucht, die Inhalte unterhaltsam zu erzählen und mit einer persönlichen Note zu verbinden, um es interessant und nachvollziehbar zu machen. Das Fazit war dann, dass finanzielle Bildung den Effekt mangelnder Selbstkontrolle abmildern kann und man sich darum mit seinen Finanzen beschäftigen sollte.

Braucht es generell mehr Bildung zum Thema Finanzen?

Auf jeden Fall. In der Schule ist es kaum Thema. Darum würde ich mir zum Beispiel wünschen, dass es ein fester Bestandteil der Bildung wird. Das Thema Geld und Finanzentscheidungen ist einfach für jeden wichtig. Viele Menschen beschäftigen sich damit aber nicht besonders gerne und schieben das eher vor sich her. Erst recht liest niemand wissenschaftliche Aufsätze dazu in der Freizeit. Deswegen habe ich überlegt, wie ich Menschen das Thema näher bringen kann. In meinem Freundeskreis rede ich schon viel darüber und kommuniziere auf Twitter. Das macht mir einfach sehr viel Spaß.

Und wie war es dann, beim Science Slam auf der virtuellen Bühne zu stehen?

„Ich habe mich eine Woche lang vorbereitet und war tatsächlich aufgeregter als vor einem Vortrag vor einem wissenschaftlichen Publikum.“ Jana Hamdan
Ich habe mich eine Woche lang vorbereitet und war tatsächlich aufgeregter als vor einem Vortrag vor einem wissenschaftlichen Publikum. Da ging es gar nicht so sehr um die Anzahl der Leute, die zuschauen, sondern darum, mich auf diese Zielgruppe einzustellen.

Was macht da den Unterschied zwischen Lai*innen- und Fachpublikum aus?

Wenn ich vor einem Fachpublikum spreche, auf einer Konferenz zum Beispiel, sind die meisten Teilnehmenden im gleichen Forschungsfeld tätig. Das heißt, sie verstehen von selbst die Relevanz des Themas. Beim Science Slam hatte ich das Gefühl, dass ich viel mehr erklären muss, warum ich tue, was ich tue und ich musste mir natürlich mehr Mühe geben, das auch allgemeinverständlich auszudrücken. Die große Herausforderung war außerdem, den Inhalt auf das Wesentliche herunterzubrechen. Mein erster Entwurf war auch noch viel zu lang und ich musste stark kürzen.

Wie haben Sie sich dann von Details getrennt?

Ich habe meinen Beitrag vor zwei Freundinnen getestet und die haben mir das Feedback gegeben: Es passt schon ganz gut, aber wenn du dann dein Experiment erklärst, zieht es sich zu sehr. Das ist zu kompliziert. Da muss etwas raus. Durch dieses Feedback habe ich gemerkt, was am Ende wirklich wichtig ist und dass die Details, die man eigentlich erzählen will, gar nicht so relevant sind für die Story, die ankommen muss.

Welches Feedback gab es bei der Veranstaltung?

„Es war ziemlich cool, zu erleben, dass so viele Leute Interesse an so einem Science Slam haben.“ Jana Hamdan
Bei Zoom sieht man ja nur einige Zuschauer*innen. Aber bei denen, die ich gesehen habe, ist mein Vortrag wohl auch gut angekommen. Meine Erfahrung war sehr positiv. Es haben sieben Promovierende des PhD-Netzwerks teilgenommen und die Themen waren dementsprechend divers. Ich habe dann den vierten Platz gemacht und bin damit sehr zufrieden. Außerdem haben zwei Kolleginnen von mir zugeschaut und mir nachher auch noch mal ein positives Feedback gegeben. Letztendlich ist es aber bestimmt was ganz anderes, auf einer Bühne zu stehen und das ganze Publikum zu erleben.

Aber schon die Besuchszahlen waren sehr überraschend. Eingeladen hatten die Organisator*innen per E-Mail und via Twitter und als es dann losgehen sollte, waren plötzlich hundert Leute in der virtuellen Veranstaltung und es kam niemand mehr rein, weil das Limit erreicht war. Sie hatten einfach nicht mit so vielen Leuten gerechnet und mussten dann kurzfristig noch einen Stream auf die Beine stellen für alle, die „draußen” geblieben waren. Es war ziemlich cool, zu erleben, dass so viele Leute Interesse an so einem Science Slam haben.

Würden Sie wieder an einem Science Slam teilnehmen?

Ja. Ich habe mich jetzt auch beim Berliner Science-Slam-Verein gemeldet. Die haben im Herbst die nächsten Live-Termine im Planetarium und ich hoffe, dann da auftreten zu können.

Welche Tipps würden Sie jemandem geben, der oder die sich auf den ersten Science Slam vorbereitet?

Ich würde jede*n dazu motivieren, denke aber, dass es erst sinnvoll ist, wenn man schon mindestens im zweiten Jahr der Promotion ist. Außerdem ist es gut, sich gründlich vorzubereiten, Komplexität rauszunehmen, vor Freund*innen zu üben und auch etwas Persönliches zu erzählen. Das hat mir auch nochmal gezeigt, was mir eigentlich an meinem Forschungsthema wichtig ist und warum es gut zu mir passt. Das motiviert mich jetzt auch wieder für meine wissenschaftliche Arbeit.