Foto: Petri Heiskanen

Kurz vorgestellt: Neues aus der Forschung im November 2023

Sollten wir eher vom „Klimawandel“ oder „globaler Erwärmung“ sprechen? Wie reagieren norwegische Gesundheitsbehörden auf Kritik an Corona-Empfehlungen? Und ändern Menschen ihre Meinung zu medizinischen Themen, wenn sie mit wissenschaftlichen Ergebnissen konfrontiert werden? Das sind Themen im Forschungsrückblick.

In unserem monatlichen Forschungsrückblick besprechen wir aktuelle Studien zum Thema Wissenschaftskommunikation. Diese Themen erwarten Sie in der aktuellen Ausgabe:

  • Sind Menschen mit starkem Vertrauen in die Wissenschaft anfälliger dafür, auch pseudo-wissenschaftliche Erkenntnisse für wahr zu halten? Das haben Forscher*innen vom Leibniz-Institut für Psychologie getestet.
  • Wie reagieren Gesundheitsbehörden in der Coronapandemie auf kritische Stimmen aus der Medizin? Das hat ein norwegisches Forschungsteam in einer explorativen Studie untersucht.
  • Klimawandel oder globale Erwärmung? Forscher*innen haben untersucht, welchen Unterschied es macht, welches Framing in Umfragen genutzt wird.
  • In der Rubrik „Mehr Aktuelles aus der Forschung“ geht es unter anderem um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Journalismus und die Frage, ob es einen Unterschied machen, wenn wir es im Museum mit Originalen oder Repliken zu tun haben.

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Blindes Vertrauen in die Wissenschaft?

Häufig ist es schwierig, den Wahrheitsgehalt von wissenschaftlichen Informationen direkt zu überprüfen. Deshalb stützen sich Menschen auf Bewertungen „aus zweiter Hand“1, etwa die Vertrauenswürdigkeit von wissenschaftlichen Quellen. Wie stark ändern Menschen ihre Meinung zu medizinischen Themen, wenn sie wissenschaftliche Informationen dazu bekommen? Und inwiefern hängt das davon ab, wie groß ihr Vertrauen in die Wissenschaft ist? Das haben Tom Rosman und Sianna Grösser vom Leibniz-Institut für Psychologie am Thema Akupunktur getestet.

Methode Studie 1: In einer ersten, explorativen Studie haben die Forscher*innen über einen Online-Panel-Anbieter Teilnehmende zwischen 18 und 65 Jahre rekrutiert. Es wurden unter anderem Menschen ausgeschlossen, die in den letzten zehn Jahren eine Akupunktur-Behandlung erhalten haben, weil sie möglicherweise bereits feste Meinungen zu dem Thema haben. Die 985 Teilnehmenden bekamen jeweils zwölf Kurzzusammenfassungen fiktiver wissenschaftlicher Studien zu lesen, in denen es um Rückenschmerzen ging. Bei einer Gruppe sprachen die Studienergebnisse deutlich dafür, dass Akupunktur-Behandlungen besser wirken als Massagen, bei einer anderen Gruppe war es andersherum. Eine dritte (Kontroll-)Gruppe erhielt gemischte Studienergebnisse. Vor und nach dem Lesen wurden die Einstellungen der Teilnehmenden zum Thema Akupunktur abgefragt. Außerdem beantworteten sie Fragen zum Vertrauen in die Wissenschaft.

Menschen mit hohem Vertrauen in die Wissenschaft scheinen gegenüber minderwertigen wissenschaftlichen Studien besonders misstrauisch zu sein.

Ergebnisse Studie 1: Nachdem die Teilnehmenden der Pro-Akupunktur-Gruppe die Zusammenfassungen gelesen hatten, bewerteten sie die Wirksamkeit der Methode positiver. In der Contra-Akupunktur-Gruppe wurde die Methode nach der Lektüre schlechter bewertet als vorher. Mit zunehmendem Vertrauen in die Wissenschaft veränderten sich die Überzeugungen je nach Studienergebnissen stärker in Richtung Pro- oder Contra-Akupunktur. Je stärker Menschen der Wissenschaft vertrauten, desto stärker stimmten ihre Überzeugungen mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen überein, die ihnen vorgelegt werden. Unklar blieb dabei, so die Forscher*innen, ob das daran liege, dass Menschen mit hohem Vertrauen in die Wissenschaft Informationen besser einschätzen können – oder aber, dass sie der Quelle mehr vertrauen, weil sie wissenschaftlich ist (Bewertung „aus zweiter Hand“). Falls letzteres überwiegt, sehen die Forscher*innen die Gefahr, dass Menschen der Wissenschaft „blind“ folgen. Das könnte dazu führen, dass sie sich von minderwertigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beeinflussen lassen. Um das zu testen, schlossen die Forscher*innen eine zweite Studie an.

Methode Studie 2: Das Verfahren ähnelte der ersten Studie. Allerdings wurde die Qualität der fiktiven wissenschaftlichen Beweise manipuliert: Dieses Mal wurden einer Gruppe hochwertige Studien vorgelegt und einer anderen Gruppe solche mit geringer Qualität. Wie in Studie 1 wurden bei den 1100 Teilnehmenden akupunkturbezogene Überzeugungen und das Vertrauen in die Wissenschaft abgefragt. Außerdem wurde über einen Fragebogen ihre wissenschaftliche Kompetenz gemessen und gefragt, wie die Qualität der jeweiligen Studien eingeschätzt werde.

Ergebnisse Studie 1: Auch hier zeigt sich, dass die Ansichten zum Thema Akupunktur in die Richtung tendieren, die die wissenschaftlichen Studien nahelegen. Mit zunehmendem Vertrauen in die Wissenschaft scheint diese Tendenz jedoch nicht grundsätzlich stärker zu werden.
Allerdings fiel die Veränderung der Einstellung mit zunehmendem Vertrauen in die Wissenschaft geringer aus, wenn die Teilnehmenden mit qualitativ minderwertigen Studien konfrontiert wurden. Die Forscher*innen gehen also davon aus, dass das Vertrauen in die Wissenschaft stärkere Auswirkungen auf die Meinung hat, wenn Einzelpersonen mit qualitativ hochwertiger Evidenz für Akupunktur konfrontiert werden.

Schlussfolgerungen: Menschen mit hohem Vertrauen in die Wissenschaft scheinen gegenüber minderwertigen wissenschaftlichen Studien besonders misstrauisch zu sein. Menschen mit geringerem Vertrauen in die Wissenschaft scheinen hingegen weniger zwischen qualitativ hochwertigen und mangelhaften Studien zu unterscheiden.
Die Forscher*innen interpretieren das insofern als „beruhigendes“ Ergebnis, da Menschen mit hohem Vertrauen in die Wissenschaft dieser nicht blind zu vertrauen scheinen. Im Gegenteil, sie scheinen eine differenzierte Sicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu haben. Dies schütze sie davor, durch schlechte wissenschaftliche Erkenntnisse manipuliert zu werden. Demnach liefen Menschen mit geringem Vertrauen in die Wissenschaft eher Gefahr, auf Pseudowissenschaft und Fake News hereinzufallen. Deshalb fordern die Forscher*innen, Menschen zu befähigen, wissenschaftliche Ergebnisse selbst kritisch bewerten zu können.

Demnach liefen Menschen mit geringem Vertrauen in die Wissenschaft eher Gefahr, auf Pseudowissenschaft und Fake News hereinzufallen.
Sie empfehlen der Wissenschaftskommunikation, Informationen über den wissenschaftlichen Arbeitsprozess bereitzustellen – beispielsweise methodische Details oder eine leicht verständliche Beschreibung der experimentellen Vorgehensweisen. Diese Empfehlungen zielen darauf ab, Menschen zu befähigen, die Richtigkeit und Wahrhaftigkeit von Informationen durch selbstbestimmtes kritisches Denken zu beurteilen.

Einschränkungen: Die Forscher*innen merken an, dass ihre Manipulationen sehr stark waren. Die fiktiven Studienergebnisse lieferten sehr klare Ergebnisse. In der Realität sei man jedoch selten mit solch eindeutigen Beweisen konfrontiert, schreiben sie. Zukünftige Forschungsvorhaben könnten beispielsweise den Anteil qualitativ hochwertiger und minderwertiger Studien variieren.

Rosman, T., & Grösser, S. (2023). Belief updating when confronted with scientific evidence: Examining the role of trust in science. Public Understanding of Science, 0(0). https://doi.org/10.1177/09636625231203538

Gesundheitsbehörden in der Kritik

Welche Empfehlungen sind angemessen, überzogen oder zu lax? Die Entscheidungen von Gesundheitsbehörden wurden gerade zur Anfangszeit der Coronapandemie kontrovers diskutiert. Kritik aus medizinischen Fachkreisen sei besonders heikel, weil diese die Kompetenz der Behörden infrage stellen könne, schreiben Øyvind Ihlen and Anja Vranic. Die beiden Forscher*innen von der Universität Oslo haben untersucht, wie norwegische Gesundheitsbehörden auf Stimmen von kritischen Mediziner*innen reagierten.

Methode: Die Forscher*innen identifizierten vier Mediziner*innen, die sich besonders kritisch äußerten. Für ihre Untersuchung sammelten sie journalistische Artikel, die auf deren Kritik Bezug nahmen und die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 31. Dezember 2020 erschienen waren. Für ihre Untersuchung extrahierten die Forscher*innen daraus diejenigen 78 Artikel, die Reaktionen der Gesundheitsbehörden Norwegian Institute of Public Health (NIPH) und Norwegian Directorate of Health (NDH) enthielten. Im ersten Schritt arbeiteten die Forscher*innen aus dem Material vier Kommunikationsstrategien heraus: (1) „Dementi“: Die Behörden erklären, dass die Kritiker*innen falsch liegen, (2) „Epistemologisches Netzwerk“: Die Behörden greifen auf das beste verfügbare Wissen zurück, indem sie sich auf internationale Expert*innennetzwerke beziehen; (3) „Situative Anpassung“: Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind an die aktuelle Situation angepasst und verhältnismäßig, (4) „Zugeständnisse“: Die Behörden nehmen die Kritik teilweise an und schlagen Änderungen vor.

Die Behörden argumentieren, dass Ratschläge auf Grundlage des aktuell zur Verfügung stehenden Wissens erteilt würden.
Auf Grundlage dieser vier Strategien entwickelten die Forscher*innen ein Codebuch für die detaillierte Analyse der Artikel.

Ergebnisse: Zeitgleich mit dem ersten Covid-19-Ausbruch und dem darauffolgenden Lockdown erreicht auch die kritische Berichterstattung über Empfehlungen der Gesundheitsbehörden ihren Höhepunkt. Die häufigste Reaktion der Behörden war, die empfohlenen Maßnahmen als „angemessene“ Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen zu beschreiben. Die anderen Kommunikationsstrategien wurden etwa gleichhäufig genutzt.
Eine sehr starke Dementi-Reaktion war zu beobachten, als dem NIPH vorgeworfen wurde, in Bezug auf Mund-Nasen-Schutze auf eine Notlüge zurückzugreifen. Weil es nicht genügend Vorräte gegeben habe, sei nicht zum Tragen von Masken geraten worden, so die Kritik. Das NIPH bezeichnete dies als üble und falsche Behauptung. Die Behörde verwies auf die damals brüchige Wissensbasis in Bezug auf den Nutzen von Masken zur Covid-19-Prävention.
Subtiler als ein solch offenes Dementi sei die Strategie, sich auf internationale Expert*innen-Netzwerke von WHO und ECDC zu beziehen, schreiben die Forscher*innen. Diese Argumentation, über das bestmögliche Wissen zu verfügen, sei auch mit einer weiteren Strategie kombiniert worden: dem Verweis auf situative Anpassung und Verhältnismäßigkeit. Die Behörden argumentieren, dass Ratschläge auf Grundlage des aktuell zur Verfügung stehenden Wissens erteilt würden. Dieses könne sich im Laufe der Zeit ändern. Dadurch würden Flexibilität und Rationalität signalisiert, schreiben die Forscher*innen.
Teilweise wurden Kritiker*innen auch Zugeständnisse gemacht – beispielsweise, als die Knappheit an Schutzausrüstung bemängelt wurde. Die Behörden räumten ein, dass das Thema vor der Pandemie nicht weit genug oben auf der Tagesordnung gestanden habe.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen am Beispiel Norwegens, dass Behörden unterschiedliche kommunikative Möglichkeiten haben, um ihre Entscheidungen und ihre Expertise zu verteidigen. Dabei aber agieren sie, so die Forscher*innen, innerhalb bestimmter Grenzen, die durch ein bürokratisches wie auch wissenschaftliches Ethos bestimmt werden. Das zeige sich beispielsweise daran, dass die Behörden gegenüber ihren Kritiker*innen keine harschen Reaktionen zeigen und deren Argumente auch nicht einfach beiseite wischen. Denn eine aggressive Kommunikation könnte sich auf die Vertrauenswürdigkeit der Institution auswirken, schreiben die Forscher*innen. So erkläre sich, dass sich die Reaktionen auf einem Spektrum von defensiv bis anpassend bewegen.

Indem sich die Behörden auf die Unsicherheit von Wissen berufen, können sich möglicherweise ihre Glaubwürdigkeit erhöhen.
Die bevorzugte Strategie war dabei, sich auf eine Anpassung an die aktuelle Situation und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu berufen. Auf diese Weise könne der eigene Standpunkt behauptet werden, ohne die Kritik direkt zu widerlegen, schreiben die Forscher*innen. Dadurch werde die eigene Position bekräftigt und gleichzeitig Bereitschaft signalisiert, sich an neue Situationen anzupassen. Indem sich die Behörden auf die Unsicherheit von Wissen berufen, können sich möglicherweise ihre Glaubwürdigkeit erhöhen, überlegen die Forscher*innen.
Dass eher selten auf übergeordnete Expert*innen-Netzwerke wie die WHO verwiesen wurde, könne unterschiedliche Ursachen haben – darunter möglicherweise Misstrauen der Bevölkerung gegenüber internationalen Institutionen.

Einschränkungen: In Norwegen ist das Vertrauen in die Gesundheitsbehörden grundsätzlich hoch. Ob das jedoch mit den identifizierten Kommunikationsstrategien zu tun hat, kann aus der Studie nicht abgeleitet werden. Dieser Zusammenhang könnte in anderen Forschungsprojekten weiter untersucht werden.

Ihlen, Ø., & Vranic, A. (2023). Dealing with dissent from the medical ranks: Public health authorities and COVID-19 communication. Public Understanding of Science, 0(0). https://doi.org/10.1177/09636625231204563

Klimawandel versus globale Erwärmung: eine Frage des Framings?

Globale Erwärmung, Klimawandel, Klimakrise: Welche Begriffe gewählt werden, kann Einfluss auf unser Verständnis und unsere Wahrnehmung von Phänomenen haben. Welche Wirkung das jeweilige Framing hat, ist für die Wissenschaftskommunikation, den Journalismus, aber auch für die Forschung eine wichtige Frage. Denn die Wahl von Begriffen in Umfragen kann sich darauf auswirken, wie Menschen antworten. Ádám Stefkovics vom Centre for Social Sciences in Budapest, Fulbright-Stipendiat an der Harvard University, und Lili Zenovitz von der Catholic University in Budapest haben deshalb untersucht, welchen Unterschied es macht, ob in Umfragen von „Klimawandel“ oder „globaler Erderwärmung“ die Rede ist.

Methode: Die Studie war Teil einer repräsentativen Telefonumfrage, die zwischen dem 1. August und dem 15. September 2021 von der Századvég-Stiftung, einem ungarischen Forschungsinstitut, in 30 europäischen Ländern durchgeführt wurde. Über computergestützte Telefoninterviews wurden 30.000 Personen befragt, darunter 1000 pro Land. Die Teilnehmenden beantworteten unter anderem Fragen zu ihren politischen Einstellungen, ihrer Meinung zur EU, der COVID-19-Pandemie, Familie, Wirtschaft und Energiefragen. Die Forscher*innen veränderten dabei den Wortlaut von vier Fragen zum Klimawandel. In einer Version war von „globaler Erwärmung“ die Rede, in der anderen von „Klimawandel“. Beide Begriffe werden laut der Forscher*innen häufig als Synonyme verwendet, dabei beziehe sich die globale Erwärmung auf den Anstieg der Oberflächentemperatur, während der Klimawandel langfristige Veränderungen des Weltklimas beschreibe und dabei auch Veränderungen der Temperatur, des Niederschlags und von Winden einbeziehe.

Der Glaube an die Existenz des Klimawandels war signifikant höher, wenn der Begriff „Klimawandel“ statt „globaler Erwärmung“ verwendet wurde.
Die Teilnehmenden sollten unter anderem angeben, ob die globale Erwärmung beziehungsweise der Klimawandel durch natürliche Prozesse, menschliche Aktivitäten oder beides verursacht werde und ob sie angesichts der Folgen des Klimawandels/der globalen Erwärmung besorgt seien.

Ergebnisse: Der Glaube an die Existenz des Klimawandels war signifikant höher, wenn der Begriff „Klimawandel“ statt „globaler Erwärmung“ verwendet wurde. Gleichzeitig bewerteten die Befragten die negativen Auswirkungen des Klimawandels als geringer. Auf den Glauben an den vom Menschen gemachten Klimawandel oder die Sorgen um die Folgen des Klimawandels hatte das Framing jedoch keinen Einfluss.
Die Wähler*innen linker und grüner Parteien waren weniger skeptisch gegenüber der Existenz des Klimawandels und besorgter über dessen Auswirkungen als die Wähler*innen rechter Parteien. Das Framing hatte keine signifikant unterschiedlichen Effekte auf die verschiedenen politischen Gruppen. Der Glaube an die Existenz des Klimawandels war in der Gruppe mit „Klimawandel“-Framing höher – unabhängig von der politischen Einstellung. Die Besorgnis über negative Auswirkungen des Klimawandels waren über das gesamte politische Spektrum hinweg ähnlich. Anders verhielt es sich mit der Frage danach, ob der Klimawandel menschengemacht sei. Dem stimmten Wähler*innen grüner Parteien stärker in der „globale Erwärmung-“ als in der „Klimawandel“-Gruppe zu. Bei Wähler*innen rechter Parteien war es andersherum.
Zwischen den Ländern zeigten sich große Unterschiede hinsichtlich der Größe und der Richtung des Framing-Effekts. Ein klares regionales Muster ließ sich laut der Forscher*innen jedoch nicht erkennen.

Schlussfolgerungen: Eine Erklärung dafür, dass der Glaube an die Existenz des Klimawandels beim „Klimawandel“-Framing höher war, könnte laut der Forscher*innen sein, dass der Begriff „Klimawandel“ in letzter Zeit häufiger verwendet wurde und den Befragten geläufiger ist. Anders als in früheren Studien aus den USA (Schuldt et al. 2011; Schuldt et al. 2017; Schuldt et al. 2015) zeigten sich jedoch keine Anzeichen dafür, dass die Befragten skeptischer oder weniger besorgt sind, wenn es um „globale Erwärmung“ statt um „Klimawandel“ geht. Auch zeigten sich keine Unterschiede bei den Framing-Effekten in Abhängigkeit von der politischen Ideologie oder Parteizugehörigkeit der Menschen.
Eine Erklärung für die Abweichungen könnte laut der Forscher*innen sein, dass die Sorge um die Folgen des Klimawandels in den letzten Jahren prinzipiell gestiegen sei und Menschen in Europa bei dem Thema besorgter seien als in den USA. Deshalb reiche ein anderes Framing in Europa möglicherweise nicht aus, um die Sorgen zu mindern. Das generell höhere Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels in Europa könne laut der Forscher*innen auch eine Erklärung dafür sein, dass laut der Studienergebnisse Anhänger*innen unterschiedlicher politischer Richtungen recht ähnlich auf eine Veränderung des Framings reagieren.

Die Forscher*innen schlussfolgern, dass die verstärkte Verwendung des Begriffs „Klimawandel“ in Kommunikationsstrategien nur wenig zur Verringerung der Skepsis beiträgt.
Für die Forscher*innen ist das insofern ein überraschendes Ergebnis, da der Klimawandel nicht nur in den USA, sondern auch in der europäischen Öffentlichkeit ein polarisiertes Thema ist. Sie überlegen, ob das Ergebnis ein Hinweis darauf sein könnte, dass in Europa unterschiedliche politische Strömungen ähnliche Frames zum Klimawandel verwenden. In den verschiedenen europäischen Ländern hingegen scheinen Klimawandel-Frames jedoch unterschiedlich verwendet zu werden – was in anderen Forschungsprojekten näher untersucht werden könnte.
Die Forscher*innen schlussfolgern, dass die verstärkte Verwendung des Begriffs „Klimawandel“ in Kommunikationsstrategien nur wenig zur Verringerung der Skepsis beiträgt und möglicherweise nicht zur Verringerung der Besorgnis. Sowohl „Klimawandel“ als auch „globale Erwärmung“ seien polarisierte Begriffe. Insgesamt sei die Skepsis gegenüber der Existenz des Klimawandels in der Umfrage hoch gewesen, vor allem unter Rechtsextremen und rechten Wähler*innen.

Einschränkungen: Bei der Auswahl der Begriffe wäre es für die Kommunikationspraxis womöglich ebenso relevant gewesen, den Begriff „Klimakrise“ einzubeziehen, da dieser aktuell viel verwendet wird.

Stefkovics, Á., Zenovitz, L. Global warming vs. climate change frames: revisiting framing effects based on new experimental evidence collected in 30 European countries. Climatic Change 176, 159 (2023). https://doi.org/10.1007/s10584-023-03633-x

Mehr Aktuelles aus der Forschung

Objekte zum Anfassen? Tirsa De Kluis und Kolleg*innen von der Universität Leiden haben mit Museumspädagog*innen in europäischen Ländern darüber gesprochen, welche Rolle das Berühren von Originalen und Repliken spielt. Auch im übertragenen Sinne ist der Abbau von Berührungsängsten in der Wissenschaftskommunikation ein Thema. Bei einem europäischen Public-Engagement-Programm treffen sich Wissenschaftler*innen und Schüler*innen, die eine gemeinsame Herkunftssprache sprechen. Native Scientists hat Wissenschaftler*innen befragt, warum sie sich beteiligen und welche Erwartungen sie mitbringen. Ein wichtiges Motiv war die persönliche Erfüllung, welche die Forschenden durch Ihre Teilnahme erlebten. Nach Motiven für die Teilnahme an Wisskomm-Angeboten fragte auch ein australisches Forschungsteam. Die Forscher*innen untersuchten, welchen Wert Veranstaltungen zum Klimawandel an Universitäten haben. Es zeigte sich, dass neben den individuellen Lernmöglichkeiten auch der soziale Austausch von den Teilnehmenden geschätzt wird.

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei journalistischen Texten sollte transparent kommuniziert werden. Darin sind sich die Befragten einer Schweizer Studie weitgehend einig. Ein Team der Universität Zürich hat untersucht, wie die Schweizer Bevölkerung den Einsatz von KI im Journalismus bewertet. Das Ergebnis: Insgesamt ist die Akzeptanz für vollständig oder teilweise KI-generierte Texte gering. Am höchsten ist sie bei Routineberichterstattungen (61,2 Prozent), beispielsweise zum Wetter und Börsengeschehen, niedrig im Bereich nationale (16,4 Prozent) und internationale Politik (15,9 Prozent).

Klimakommunikation bleibt ein wichtiges Thema. Henri-Count Evans von der University of Eswatini und Ruth Teer-Tomaselli von der University of KwaZulu-Natal stellen fest, dass in südafrikanischen Wochenzeitungen Lösungen für den Klimawandel oft aus einer neoliberalen, technikoptimistischen Perspektive dargestellt werden. Auch Forschende an  der University of Leicester haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Sie haben untersucht, wie Rechtsextreme die Akzeptanz des Klimawandels rechtfertigen. Ziel sei, Strategien zu entwickeln, um in dieser Gruppe mehr Akzeptanz für den Klimaschutz zu erreichen.