Foto: Uni Graz

Im Profil: Helmut Jungwirth

Für die Science Busters steht er auf der Bühne, an der Universität Graz hält er die Professur für Wissenschaftskommunikation und leitet das Zentrum für Gesellschaft, Wissen und Kommunikation. Nach einem Karrierestart als Mikrobiologe ist er dort durch viele Zufälle gelandet, erzählt er im Jobprofil.

Karriereleiter, Karrieresprungbrett oder Karrierekarussell – wie war Ihr Weg in die Wissenschaftskommunikation?

Karrierezufälle, würde ich sagen. Eigentlich wollte ich nach meiner Dissertation in der Mikrobiologe in die USA. Ich hatte aber dann das Glück mit einem Wissenschaftsstipendium an der Universität Tübingen bei Frank Madeo, einem der renommiertesten Altersforscher, arbeiten zu dürfen. Bei meinen Heimatbesuchen hat mich mein Vater damals immer gefragt, woran ich denn eigentlich so forsche. Das konnte ich aber nie so erklären, dass er es auch verstand. Ich führte das auf das vermeintlich mangelnde Fachwissen meines Vaters zurück. Irgendwann rief er mich an und sagte: Schalt den Fernseher an. Dort sprach Joachim Bublath in der ZDF-Sendung „Abenteuer Forschung“ zufällig genau über einen unserer gerade veröffentlichten Artikel zum Thema altruistischer Zelltod. Bublath hat es in zwei, drei Minuten geschafft, unser Thema so zu erklären, dass mein Vater es verstanden hat. Somit war klar: Es lag nicht an meinem Vater, sondern daran, dass ich meine Forschung nicht verständlich kommuniziert hatte. Also nahm ich mir vor, darin besser zu werden.

Durch einen weiteren Zufall bekam ich – 5 Jahre später – vom damaligen Rektor der Universität Graz den Auftrag, ein Schülerlabor zu etablieren. Anfangs eine zusätzliche Belastung neben Forschung und Habilitation. Aber diese Arbeit hat mir bald mehr Spaß gemacht, als die Kommunikation innerhalb der eigenen wissenschaftlichen Community. Es war für mich herausfordernder und letztlich kreativer. Seitdem sind weitere zehn Jahre vergangen. Aus einem Schülerlabor wurden fünf Mitmachlabore mit Zielgruppen in allen Altersschichten. Und zusätzlich haben wir die Wissenschaftskommunikation an der Uni Graz in Form eines Zentrums für Gesellschaft, Wissen und Kommunikation (die 7. Fakultät) etabliert. Heute bleibt für mich keine Zeit mehr, im Bereich Mikrobiologie zu forschen. Seit 2016 habe ich die Seiten gewechselt, bin Professor für Wissenschaftskommunikation und leite als Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter die 7. Fakultät und die Mitmachlabore.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag?

Eine Herausforderung ist sicher, dass es noch viel Widerstand gegenüber der Wissenschaftskommunikation in der Scientific Community gibt. Als wir das Schülerlabor gründeten, hörte ich immer wieder Kollegen sagen, dass es sinnvoller gewesen wäre, dieses Geld für wissenschaftliche Forschung einzusetzen und nicht für Schulkinder. Damals war ich gekränkt, heute kann ich darüber lächeln. Meine größte Herausforderung liegt nicht mehr darin, Zweifler zu bekehren, sondern darin, kreativ zu bleiben, neue Formate zu entwickeln und diese Projekte dann auch umzusetzen. Mit den Science Busters kann ich mich zudem noch weiter aus dem Fenster lehnen und meine Komfortzone verlassen. Und wenn man auf der Bühne steht, bekommt man immer Wertschätzung und Applaus vom Publikum. Das ist etwas, das ich in der Wissenschaft in der Form nicht bekommen habe.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?

Im Augenblick verwenden wir noch immer viel Zeit und Energie, um zu diskutieren: Brauchen wir Wissenschaftskommunikation überhaupt? Wie können wir Kollegen dazu bringen?

Ein perfektes Szenario für die Zukunft wäre aber, wenn wir erstens solche Debatten nicht mehr führen müssten und zweitens in den Lehrplänen aller Universitäten Wissenschaftskommunikation als verpflichtendes Lehrfach oder Studienzweig verankert hätten. Und auch ganz klar ist, dass man in öffentlich finanzierten Forschungsprojekten Wissenschaftskommunikation als Arbeitspakete verankert. Nicht, weil man muss, sondern weil man es will.

Bonusfrage: Science Comedy, Mitmachlabore, molekulare Küche – wie überzeugen Sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sich an Ihren Kommunikationsformaten zu beteiligen?

Überzeugen zu müssen, kostet immer viel Energie. Wir versuchen eher neue Formate oder Projekte zu entwickeln und fragen die Kolleginnen und Kollegen dann: Hast du Lust, das mal auszuprobieren? So sind zum Beispiel unsere Formate „Politik Café“, „Science & Cinema“ oder „Der bewegte Körper“ entstanden. Und wenn sie erfolgreich sind, dann kommen auch Ideen von anderen Kollegen, die wir versuchen umzusetzen, sofern möglich. Wir haben an der Universität in Graz auch eine Lehrveranstaltung der Science Busters, die ich gemeinsam mit Martin Puntigam und Florian Freistetter abhalte. Wir unterrichten sozusagen „Wissenschaftskabarett“. Hier brauchen wir am Ende gar keine Überzeugungsarbeit bei den Teilnehmenden mehr zu leisten. Sie lernen zu kommunizieren, sich zu präsentieren, und das bringt ihnen definitiv auch was für spätere Bewerbungen bei Stellenangeboten.