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„Eine hohe Anforderung an einen so kleinen Text“

Teaser, wie dieser hier, sollen Leser*innen neugierig machen und zum Weiterlesen animieren. Die Ansprüche an die kurzen Texte sind in der Print- und Onlinewelt sehr unterschiedlich. Warum diese Unterschiede angemessen berücksichtigt werden sollten, erklären Denise Müller-Dum und Jens Kube im Gastbeitrag.

Wer textlichen Inhalt produziert, teasert meist ganz selbstverständlich. In der Zeitung, in Magazinen, Blogs oder auf Nachrichtenseiten kommt kaum ein Text ohne einen Teaser aus. Dabei gibt es zwischen der Print- und der Onlinewelt einen gravierenden Unterschied: Im gedruckten Text soll ein kurzer, oft optisch hervorgehobener Vorspann zwischen Titel und Haupttext den Leser*innen die Entscheidung erleichtern, ob sie den Text lesen oder übergehen wollen. Im Gegensatz dazu steht der Teaser online zunächst oft ganz allein – auf der übergeordneten Seite, in der Regel neben anderen Teasern. Beiden Varianten – dem fettgedruckten Print-Teaser und dem gelisteten Online-Teaser – ist gemein, dass sie die Kernbotschaft eines Artikels vermitteln und gleichzeitig zum Vertiefen animieren sollen. Das ist eine hohe Anforderung an einen so kleinen Text. Deshalb sollte man sich als Kommunikator*in dafür durchaus etwas Zeit nehmen. Im Web sind auf Übersichtsseiten meist Titel und Teaser gezeigt. Erst mit einem Klick gelangt man auf die Artikelseite, wo der Teaser im Grunde schon überflüssig ist: Sein Job ist nach dem Klick erledigt. Trotzdem wiederholt er sich in vielen Onlinemedien exakt identisch auf der Artikelseite. Titel, Teaser und Text werden dann ähnlich wie in der Zeitung auf einer gemeinsamen Seite gezeigt, obwohl die Wiederholung an dieser Stelle nur selten Mehrwert bringt. Zwar mag eine motivierende Zusammenfassung auch hier erwünscht sein, doch die prägnante Kürze und das mögliche Clickbaiting des eigentlichen Teasers könnten hier in der Regel zugunsten einer etwas ausführlicheren Einleitung ausgetauscht werden.

Teaser auf Social Media

So oder so ist der Teaser in der Online-Welt ein wichtiges Multifunktionswerkzeug. Er verführt längst nicht mehr nur auf Webseiten zum Weiterklicken, sondern lotst vor allem Social Media-Nutzer*innen überhaupt erst dorthin. Dabei ist nicht alles ein Teaser, was Teaser zu sein scheint, und nicht jeder Teaser eignet sich für jeden Social Media-Kanal.Welche Bedeutung dem Teaser in Social Media zukommt, hängt von der Plattform ab: Auf Instagram beispielsweise ist das Bild der wichtigste Anreiz, sich mit einem Post auseinanderzusetzen. Links können zwar auch unter Posts platziert werden, diese sind allerdings nicht anklickbar, da Instagram diese Funktion stark einschränkt. Nutzer*innen helfen sich hier, indem Sie den gewünschten Link in ihrer Biographie platzieren. „Link in Bio“ als Zusatz zur Bildunterschrift unter Instagram-Posts führt die Leser*innen zu diesen klickbaren Links. Dies darf wohl als Teaser gelten, der die bereits vorhandene Aufmerksamkeit der Nutzer*innen binden und auf eine Website leiten soll. Auf Twitter hingegen steht der Teaser selbst im Fokus: Ohne einen süffisanten Kommentar oder einen guten nachrichtlichen Teaser ist die Chance auf Klicks eher gering. Bei manchen Netzwerken teasert man sogar zwei Mal: So erlaubt LinkedIn beispielsweise relativ viel Platz für einen Teaser, der die Follower*innen auf einen Link ziehen soll. Von diesem Teaser werden jedoch nur die ersten drei Zeilen angezeigt. Diese müssen also schon neugierig genug machen, damit die Leser*innen auf „mehr anzeigen“ – oder direkt auf den Link – klicken.

 

Es ist also durchaus sinnvoll, für verschiedene Plattformen, auf denen ein Artikel beworben wird, auch verschiedene Teaser zu schreiben. Nicht zuletzt müssen auch die Anforderungen der Plattformen berücksichtigt werden – so sind bei Twitter 280 Zeichen vorgesehen, während Instagram (2200 Zeichen) und LinkedIn (3000 Zeichen) weitaus großzügiger sind.

Clickbait oder Information?

Soll der Teaser nur zum Klicken anregen oder soll er bereits Information vermitteln? Das hängt nicht nur von den Plattformen ab, sondern auch vom Inhalt, und ist letztlich wohl eine Geschmacksfrage. Was der Teaser bezwecken soll, ist auch mitbestimmend für seinen Stil.

Aufgrund der Kürze ist klar: Füllwörter sind hier fehl am Platz. Egal, ob der Teaser neugierig machen oder die Kernbotschaft vermitteln soll – eine kompakte, schnörkellose Sprache ist ein Muss. Oft eignet sich ein Küchenzuruf  als Teaser – beispielsweise wenn die Überschrift bereits sehr kreativ oder zweideutig ist.

Küchenzuruf

Der Küchenzuruf bringt die Kernaussage eines Textes in ein bis zwei Sätzen auf den Punkt. Der Begriff geht auf den ehemaligen Stern-Chefredakteur Henri Nannen zurück, der sich folgende Situation vorstellte: Ein Mann liest im Esszimmer Zeitung und ruft seiner Frau in der Küche zu, was er gelesen hat. Die Rollenverteilung in diesem Beispiel ist natürlich antiquiert. Als Methode ist der Küchenzuruf aber weiterhin aktuell und sinnvoll.

Der Teaser hilft dann, den Titel zu entschlüsseln, und sorgt für kognitive Aktivierung. Umgekehrt kann man eine nachrichtliche Überschrift durch einen kreativen Teaser aufpeppen – indem man etwa drei knallige Wörter aufeinander folgen lässt, die eine Idee vom Inhalt geben. Auch eine Frage, ein Superlativ oder ein knackiges Zitat werden zum Einstieg in den Teaser gern verwendet. Sie bündeln Aufmerksamkeit, der Rest des Teasers soll sie binden. (Zu gängigen Gestaltungsmöglichkeiten und Beispielen siehe Könneker, C.: Wissenschaft kommunizieren Wiley-VCH, Weinheim 2012)

Bei Social-Media-Kanälen, die ja in der Regel erst einmal ohne die Überschrift auskommen müssen, sieht man solche Einstiege besonders häufig: Ein wohlklingender Einstieg zum ersten, Inhalt zum zweiten, manchmal noch ein Verweis auf den nachstehenden Text („Wie das funktioniert, lesen Sie hier.“) zum dritten. Dazu braucht es in der Regel eben auch nicht mehr als drei Sätze. Man kann die Geschichte bereits vollständig erzählen, oder man kann sie abreißen lassen und die Leser*innen mit einem „Cliffhanger“ zurücklassen – erlaubt ist fast alles, außer Schwadronieren.

Denn das ist schließlich eine – möglicherweise triviale – Erkenntnis, die sich immer wieder einstellt: Ein Teaser muss kurz sein. In der Fülle von Informationen, die im Internet zur Verfügung stehen, entscheiden eben nur wenige Worte über Klicken oder Scrollen – und die dürfen durchaus perfekt sein.

Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.