Von Early Career Researchers wird häufig verlangt, ihre Forschung zu kommunizieren. Was sie zur Wissenschaftskommunikation motiviert und welchen Hindernissen sie dabei gegenüberstehen, hat Dominik Adrian in einer empirischen Studie untersucht. Ein Gespräch über die Ergebnisse und mögliche Konsequenzen.
„Zwang ist nie gut, weil er die intrinsische Motivation killt“
Sie haben etwa 7.000 Promovierende und promovierte Wissenschaftler*innen nach ihren Erfahrungen mit Wissenschaftskommunikation befragt. Was bewegt Early Career Researchers dazu, Wissenschaft nach außen zu kommunizieren?
Im Wesentlichen sind es idealistische Beweggründe. Spaß und das Wecken von Interesse sind sehr häufig genannte Motive. Auch extrinsische, aber dennoch idealistische Motive, wie das Gefühl, eine Informationspflicht gegenüber der Gesellschaft zu haben, sind für viele entscheidend. Diese Motive, die keinen harten, klar definierbaren Vorteil für die kommunizierenden Forschenden bringen, rangieren ganz hoch bei den Zustimmungswerten. Auf der anderen Seite der Skala sind Gründe, die mit einem äußeren Druck einhergehen, beispielsweise dass der Arbeitgeber es verlangt, zu kommunizieren, oder die Personen sich Wettbewerbsvorteile davon versprechen. Das ist selten die Motivation, sich in der Wissenschaftskommunikation zu engagieren.
Gibt es Unterschiede in der Motivation bei Early Career Researchers unterschiedlicher Fachbereiche?
Bei den Motiven unterscheiden sich die Fächergruppen eher geringfügig. Der Wunsch, zu evidenzbasierten Entscheidungen in Politik oder Wirtschaft beizutragen, ist beispielsweise in den Rechts- und Sozialwissenschaften etwas stärker ausgeprägt als bei anderen Fächergruppen. In der Mathematik und den Naturwissenschaften sind hingegen die Motive stärker gewichtet, den Nachwuchs zu fördern und Interesse bei anderen Menschen zu wecken. Doch das sind eher Nuancen.
Ihre Studie konzentriert sich auf Early Career Researcher. Wie genau ist diese Gruppe definiert?
Die Studie: Wissenschaftskommunikation und Early Career Researchers
In seiner noch unveröffentlichten Masterarbeit „Wissenschaftskommunikation und Early Career Researchers – Eine empirische Untersuchung von Verhalten, Motivation und Hinderungsgründen“ analysiert Dominik Adrian die Wissenschaftskommunikation von Early Career Researchers. Für die Datenerhebung nutzte er die Infrastruktur der National Academics Panel Study (Nacaps), einer Längsschnittstudie über die Karriereverläufe von Promovierenden und Promovierten. Etwa. 7.000 Early Career Researchers wurden befragt, ob sie Wissenschaftskommunikation betreiben, welche Formate und Kanäle sie hierfür verwenden, welche Motive dahinter stehen oder was sie gegebenenfalls davon abhält.
Was war die Motivation für Ihre Studie?
Zum ersten Mal bin ich 2017 auf dem Forum Wissenschaftskommunikation mit dem Thema in Berührung gekommen. Damals stellte Carsten Könneker, heute Geschäftsführer der Klaus Tschira Stiftung, eine interessante Studie vor. Könneker und zwei Kollegen am KIT hatten hierfür fast 1.000 Teilnehmer*innen der Lindauer Nobelpreisträgertagung zu ihren Motiven und Formaten der Wissenschaftskommunikation befragt1. Während auf der Tagung zahlreiche Promovierende und Postdocs waren, die bloggten, Videos machten und andere innovative Formate vorstellten, zeichnete die Studie ein ganz anderes Bild: Die deutschen Early Career Researchers zeigten sich im internationalen Vergleich sehr zurückhaltend in ihrer Wissenschaftskommunikation, insbesondere bei der Verwendung digitaler Medien. Ich hatte die Idee, dass wir uns das auch einmal anschauen sollten. Denn damals bauten wir gerade die National Academic Panel Study (Nacaps) auf, eine Studie, die Karriereverläufe von Promovierenden und Promovierten untersucht. Für meine Masterarbeit – ich habe berufsbegleitend Wissenschaftsmanagement mit Schwerpunkt Marketing studiert – habe ich dann schließlich die Gelegenheit genutzt und in einen unserer Surveys ein Modul zum Thema Wissenschaftskommunikation integriert. Der Vorteil ist, dass wir wirklich große und repräsentative Stichproben von Promovierenden haben. Dadurch können wir bei unseren Auswertungen fein differenzieren, beispielsweise nach Fachbereichen, Stipendien oder nach Mitgliedschaft in einem strukturierten Promotionsprogramm.
Welche Formate bevorzugen Early Career Researchers für ihre Wissenschaftskommunikation?
Was sind Hindernisse, die Early Career Researcher von der Wissenschaftskommunikation abhalten?
70 Prozent der Befragten gaben an, keine Wissenschaftskommunikation zu betreiben. Bei dieser Gruppe haben wir nachgebohrt und nach Hindernissen gefragt. Hier sei zunächst erwähnt, dass bei der Frage nach den Hindernissen, wie auch nach der Motivation, Antwortmöglichkeiten vorgegeben wurden, um die Datenauswertung bei 7.000 befragten Personen zu erleichtern. Die Antwortmöglichkeiten basieren auf den Ergebnissen verschiedener früherer Studien2, in denen die Motivation für Wissenschaftskommunikation bereits untersucht worden ist – allerdings nicht speziell für Early Career Researchers, sondern für kommunizierende Wissenschaftler*innen im Allgemeinen.
Es gab zwei vorgeschlagene Hinderungsgründe, die für die Befragten überhaupt keine Rolle spielten. Das waren schlechte Erfahrungen und die Sorge um negative Karriereauswirkunge – dem wurde regelrecht widersprochen. Die zwei Gründe, die hingegen ganz hohe Zustimmungswerte erhielten, waren ein Mangel an Zeit und ein Mangel an Gelegenheiten. Diese zwei Aspekte sind mit großem Abstand die beiden Faktoren, die die Befragten davon abhalten, Wissenschaft an ein Lai*innenpublikum zu kommunizieren.
Hat Sie dieses Ergebnis überrascht?
Man hat in der Promotionsphase wahnsinnig viel um die Ohren, oft herrscht ein hoher Leistungsdruck; Promovierende müssen sich zudem häufig noch an der Lehre beteiligen. So gesehen ist der Zeitaspekt nicht überraschend.
Sehen Sie da Handlungsbedarf oder Unterstützungsmöglichkeiten seitens der Institutionen?
Ja, und ich denke der Handlungsbedarf ist eigentlich bereits erkannt worden: In Positionspapieren, wie dem des Wissenschaftsrats oder auch der Hochschulrektorenkonferenz, wird die Notwendigkeit für Weiterbildungsangebote in der Qualifizierungsphase immer wieder thematisiert. Wenn man dafür Unterstützungsangebote entwickeln möchte, könnte es sinnvoll sein, bei den Punkten „Zeit“ und „Gelegenheiten“ ansetzen. Würden die Hochschulen beispielsweise ganz deutlich sagen: „Ein Teil der Ausbildung als Wissenschaftler*in ist nicht nur Forschung und Lehre, sondern auch das Vermitteln von Forschung an Lai*innen“, würde für diese Tätigkeiten vielleicht auch entsprechend Zeit eingeräumt werden.
In strukturierten Programmen könnten die Hochschulen die Curricula entsprechend gestalten. Wir haben zum Beispiel beobachtet, dass Promovierende, die einen Kurs zur Wissenschaftskommunikation besucht haben, zwei Jahre später deutlich häufiger angaben, Wissenschaft zu kommunizieren. Das sind aus meiner Sicht Hinweise auf Stellschrauben, an denen man drehen könnte. Vielleicht muss man Early Career Researchers also etwas aus der Pflicht nehmen, selbst Zeit und Gelegenheit für Wissenschaftskommunikation finden zu müssen.
Die Wissenschaftskommunikation entwickelt sich von einem Nice-to-Have zu einem Must-Have. Sie ist zum Beispiel häufig verpflichtender Bestandteil von Fördermittelanträgen. Ist dies eine zusätzliche Belastung für Early Career Researchers?