Foto: acatech

Technik auf den Punkt gebracht

Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) verleiht jährlich den Journalistenpreis PUNKT. Kommunikationsleiter Christoph Uhlhaas verrät im Interview, wieso der Preis wichtig ist, und was guten Technikjournalismus auszeichnet.

Herr Uhlhaas, mit welcher Zielsetzung verleiht acatech den Journalistenpreis PUNKT?

Der Preis hat zwei Ziele. Zum einen wollen wir Wertschätzung zeigen und erzeugen – sowohl innerhalb der Redaktionen als auch in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Deshalb verleihen wir den Preis im Berliner Konzerthaus auf unserer Festveranstaltung. Der PUNKT ist ein Signal dafür, wie wichtig ein unabhängiger Journalismus über Technik und Wissenschaft ist.

Darüber hinaus gibt es natürlich ein Preisgeld – beim PUNKT sind es je Preiskategorie 5.000 Euro. Das ist durchaus eine finanzielle Förderung, gerade für freie Journalistinnen und Journalisten. Für Fotoserien schreiben wir den PUNKT sogar als Stipendium aus, sodass anspruchsvolle Fotoprojekte realisiert werden können. Als strukturelle Förderung journalistischer Leistung reichen Journalistenpreise jedoch nicht aus.   

Christoph Uhlhaas leitet die Kommunikation von <i>acatech</i> – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Vor seiner Laufbahn bei der Akademie schrieb er als Wissenschaftsjournalist für Gehirn & Geist, Spektrum.de, Spiegel Online und andere. Foto: privat
Christoph Uhlhaas leitet die Kommunikation von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Vor seiner Laufbahn bei der Akademie schrieb er als Wissenschaftsjournalist für Gehirn & Geist, Spektrum.de, Spiegel Online und andere. Foto: privat

Was meinen Sie damit genau?

Preise sind deshalb keine strukturelle Förderung von Qualitätsjournalismus über Wissenschaft und Technik, weil wir ja nicht journalistische Arbeit in der Breite fördern, sondern erbrachte journalistische Leistung in der Spitze prämieren. Die einzige Ausnahme stellt hier das Foto-Stipendium dar. Der PUNKT ist ein sehr etablierter und gut angenommener Journalistenpreis, den wir definitiv fortführen und entwickeln. Insgesamt wird es jedoch Zeit für weitergehende, strukturelle Fördermodelle.

Weshalb sieht sich acatech in der Verantwortung, den Journalismus zu unterstützen beziehungsweise journalistische Formate auszuzeichnen?

Der Preis ist das langlebigste acatech Projekt. Der PUNKT entstand bereits 2005, als acatech noch eine sehr junge Initiative war – wir wurden ja 2008 zur von Bund und Ländern geförderte Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Es war bereits damals klar: Für eine Akademie, die Politik und Gesellschaft über Technikthemen berät und die für eine innovative Gesellschaft eintritt, ist eine offene, informierte Debatte über Technologien essenziell. Wir wollen Technikkommunikation ganzheitlich fördern. Da spielt der Journalismus eine ganz entscheidende Rolle. Wir sind deshalb froh, dass der Preis so gut angenommen wird, und dass bei uns engagierte Technologieunternehmen die Preisgelder stiften, ohne über die Gewinner zu entscheiden – die Auswahl der Sieger obliegt unabhängigen Jurys für die einzelnen Preiskategorien, Persönlichkeiten aus Journalismus und Wissenschaft.

Was macht Technikjournalismus speziell?

Technikjournalismus hat – vielleicht noch stärker als der Wissenschaftsjournalismus – sowohl eine fachliche als auch eine anwendungsnahe, wirtschaftliche und politisch-gesellschaftliche Dimension. Guter Technikjournalismus ordnet neue Technologien in dieser Hinsicht ein und fördert die Debatte, wie wir als Gesellschaft Technologien gestalten und einsetzen wollen – und wie vielleicht auch nicht. Er erschöpft sich nicht im Erklären von neuen Technologien. Deshalb ist diese Art von Journalismus auch ein interessanter Gradmesser für die aktuellen Diskurse über Forschungs- und Technologiethemen, die unser Leben und Arbeiten aktuell verändern.

Die Festveranstaltung zum Journalistenpreis <i>PUNKT</i> findet in der Oper Berlin statt. Foto: <i>acatech</i>
Die Verleihung des Journalistenpreises PUNKT findet im Berliner Konzerthaus mit einer Festveranstaltung statt. Foto: acatech

Was zeichnet guten Technikjournalismus aus beziehungsweise welche Art von Journalismus wird mit dem Preis ausgezeichnet?

Im Bereich Fotografie geht es darum, Technik anregend, manchmal humorvoll, provozierend oder auch künstlerisch ins Bild zu setzen. Wir haben beispielsweise eine Fotoserie „Landmarken der Energiewende“ gefördert, die – inspiriert von klassischer Landschaftsmalerei – zeigt, wie die Erneuerbaren sich in unsere Landschaften einfügen.

In der Textkategorie geht es ganz klassisch um Magazin- und Tageszeitungsbeiträge. Da stehen die Verständlichkeit und journalistische Qualitätskriterien wie Ausgewogenheit im Vordergrund. Wichtig ist, dass ein Beitrag gründlich recherchiert ist und auch die gesellschaftliche Relevanz seines Themas gut herausarbeitet. Immer wieder ist auch die Freude beim Lesen und die Nachhaltigkeit, als das, was nach der Lektüre hängen bleibt, ein Thema. Im vergangenen Jahr gewannen Beiträge über Quantencomputing und über die Vermessung der Nachtunruhe, also über die Folgen nächtlichen Fluglärms.

Die dritte Kategorie nennt sich Multimedia. Es geht um Online-Formate, die die Möglichkeiten des Internets nutzen, um Text, Bild, Film, O-Ton oder auch Podcasts oder Social Media Kanäle zu verbinden. Online-Journalismus hat ja ganz andere Möglichkeiten, verschiedene Medienformen zu verbinden oder auch die Diskussion und Interaktion zu fördern. Keine Chance haben reine Text-Bild-Beiträge mit suchmaschinengerechter Überschrift.

Was erhoffen Sie sich von den Einreichungen?

In diesem Jahr schreiben wir die Kategorien Foto und Multimedia aus. Wir erhoffen uns in der Fotografie-Kategorie Bilder, die Technik aus neuen Blickwinkeln reflektieren, gern auch künstlerisch, kontrovers oder humorvoll. Darüber hinaus schreiben wir ein Foto-Stipendium aus. Hier sind wir gespannt auf Vorhaben, die wertvoll, aber wirtschaftlich ohne unsere Förderung nicht umsetzbar wären. In der recht neuen Multimedia-Kategorie haben wir eine rasante Entwicklung beobachten können. Storytelling-Formate waren vor ein paar Jahren noch Avantgarde – richtig los ging es mit „Snow Fall“ in der Online-Ausgabe der New York Times. Mittlerweile gibt es eigene Apps und Tools für solche Formate. Hier bin ich gespannt auf die nächsten Entwicklungsschritte, beispielsweise crossmediale Formate, die Online-Journalismus, Social Media, aber auch klassische Formen wie Newsletter oder Veranstaltungen integrieren. Da gibt es aktuell viel Innovation in den Verlagshäusern. Wir sind sehr gespannt auf die Einreichungen.

Wie setzt sich die Jury zusammen?

Das ist immer eine Mischung aus Journalistinnen und Journalisten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich in dem speziellen Bereich besonders auskennen. Sie entscheiden unabhängig. Unsere Präsidenten sind sehr interessiert an der Jury-Debatte und den Einreichungen. Sie nehmen an den Sitzungen teil, obwohl sie kein Stimmrecht haben. 

Wie bewerten Sie die generelle Situation des Technikjournalismus derzeit?

Mit dem <i>PUNKT</i> würdigt <i>acatech</i> seit 2005 journalistische Beiträge, die den gesellschaftlichen Diskurs über Technologien unterstützen.
Mit dem PUNKT würdigt acatech seit 2005 journalistische Beiträge, die den gesellschaftlichen Diskurs über Technologien unterstützen.

Der Journalismus allgemein durchlebt ja einen tiefen Wandel und auch eine Krise journalistischer Geschäftsmodelle. Dabei ist die Situation in Deutschland noch vergleichsweise gut. Auch der PUNKT zeigt einen vitalen, innovativen und qualitätsvollen Wissenschafts- und Technikjournalismus. Dass er gleichwohl in einer schwierigen Phase ist, berichten auch unsere Preisträgerinnen und Preisträger immer wieder. Schon vor einigen Jahren sprach dies eine frei schaffende Journalistin in ihrer Dankesrede vor den Spitzen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sehr klar an. Sie sagte damals, dass sie wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen nicht wisse, wie lange sie noch in diesem schwierigen Arbeitsgebiet bleibe. Eine andere Preisträgerin ordnete ihr ausgezeichnetes Multimedia-Projekt klar als redaktionelles Experiment und Prestigeprojekt ein – in ökonomischer Hinsicht stünden Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis.

Ich finde es wichtig, wenn dies auf unserer Festveranstaltung auch einmal außerhalb der PR- und Journalismusbranche klar benannt wird. Unabhängiger Qualitätsjournalismus über Wissenschaft und Technik ist und bleibt unabdingbar für die offene gesellschaftliche Diskussion, wie wir heute und morgen leben wollen. Seine Förderung gehört aus meiner Sicht auf die Agenda von Politik, Wissenschaft, Stiftungen und auch der forschenden Unternehmen. Klar, die Frage ist, wie sich Journalismus strukturell stärken lässt, ohne seine Unabhängigkeit zu gefährden. Preise jedenfalls sind eine Wertschätzung, eine punktuelle Förderung und auch ein Forum für guten Journalismus. Sie sind ein guter Anfang aber noch keine strukturelle Antwort.