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Panoptikum 22-2 #Standards #Kinderlügen #Neugierde

Diskussion um Qualitätsstandards für die Wissenschaftskommunikation, der Balanceakt zwischen Verzerren und Veranschaulichen bei komplexen wissenschaftlichen Themen und Forschung zum Zusammenhang zwischen Neugierde und Risikowahrnehmung. Das plus aktuelle Jobs und Termine sind die Themen im Panoptikum.

Augen und Ohren auf

Im Interview mit dem Tagesspiegel fordert Christian Drosten, Qualitätsstandards der öffentlichen Kommunikation von Wissenschaftler*innen festzulegen: „Ich wünsche mir, dass innerhalb der Wissenschaft eine Diskussion angestoßen wird, wie solche Standards für die Wissenschaftskommunikation definiert werden können und für die Wissenschaftler verbindlich werden.“ In der Wissenschaft gebe es solche Sanktionsmöglichkeiten für Fehlverhalten bereits. Analog sollten auch Verstöße bei der Wissenschaftskommunikation geahndet werden. Als Reaktion entspann sich bei Twitter eine Diskussion um die Fragen, wie ein solches Regelwerk aussehen und wie dieses flächendeckend umgesetzt und kontrolliert werden könnte.


Wie weit kann man komplexe Wissenschaft herunterbrechen, bevor sie zu stark vereinfacht wird? Dieser Frage geht das neuste Video des Kanals „Dinge Erklärt – Kurzgesagt“ nach. Analogien, Geschichten und Modelle werden häufig benutzt, um Dinge einfach zu erklären. Lie-to-children (auf Deutsch: Kinder belügen) heißt das Konzept, Sachverhalte für Lai*innen verständlich zu machen. Das Problem: Das kann die Realität verzerren, die Komplexität der Forschung kann dabei verloren gehen: „Solche Vereinfachungen verleihen Wissenschaft eine Endgültigkeit, die ihrem prozesshaften Charakter nicht gerecht wird“, heißt es im Video. Darin reflektieren die Macher*innen auch die eigene Arbeitsweise und erklären, wie sie mit unterschiedlichen Expert*inneneinschätzungen, Unsicherheiten wissenschaftlicher Erkenntnisse oder einschränkenden Faktoren umgehen.

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Um stark vereinfachte Zusammenhänge geht es auch bei tl;dr paper. Das KI-Tool verwandelt Abstracts wissenschaftlicher Publikationen in einen Text, den laut Selbstaussage “Zweitklässler*innen verstehen können”. Die Ergebnisse schwanken von ungenau, stark verkürzt oder gar falsch bis hin zu überraschend zutreffend. Worin der Wert des Tools für die Wissenschaftskommunikation liegt, fasst die Psychologin Michelle Ryan in einem Artikel von The Verge so zusammen: „Es ist eine gute Illustration dafür, wie gute Wissenschaftskommunikation aussehen sollte. Ich denke, viele von uns könnten leser*innenfreundlicher schreiben.“ Inwieweit Machine-Learning-Modelle wie GPT-3 eingesetzt werden können und welche Limitationen sie haben, bleibt zu diskutieren. Aktuell ist tl;dr paper „under maintenance“.

Der Film „Don’t Look Up“ hat viele Diskussionen über Wissenschaftskommunikation angestoßen. In der aktuellen Folge von „Vom Feld ins Regal“ sprechen die Podcast-Hosts Thilo Liedlbauer und Lara Heinz mit der Tiefseeforscherin Antje Boetius und dem Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann über die Herausforderungen für die Kommunikation, die der Netflix-Blockbuster aufzeigt.

Mehr Wissen

Die bis August 2020 in Singapur gemeldeten Corona-Fälle betrafen zu fast 95 Prozent migrantische Arbeiter*innen. Wai Jia Tam, Nina Gobat, Divya Hemavathi und Dale Fisher beschreiben in einem Artikel die Entwicklung einer Risk-Communication-and-Community Engagement-Strategie (RCCE) als Reaktion auf die besondere Vulnerabilität migrantischer Communitys. Zu Beginn engagierten sich Mitarbeiter*innen im Gesundheitssektor ehrenamtlich, um mehrsprachige Informationsbroschüren zu entwickeln. Das Engagement verschiedener Interessengruppen und Ansätze, mit betroffenen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten, waren laut der Autor*innen der Schlüssel für die effektive Verbreitung von Informationen über Covid-19.

Die „Evidence Chamber“ ist ein Kooperationsprojekt zwischen forensischen Forscher*innen am Leverhulme Research Center for Forensic Science der University of Dundee im Vereinigten Königreich und Performance-Künstler*innen. Bei interaktiven digitalen Performances übernehmen Zuschauer*innen die Rolle von Geschworenen in einem fiktiven Mordfall. Vor Gericht sei es wichtig, dass wissenschaftliche Beweise verständlich präsentiert werden, schreibt eine Gruppe von Autor*innen um Heather Doran von der University of Dundee. In einem Artikel erörtern sie, wie bei dem Wissenschaftskommunikation-Projekt eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen forensischer Forschung, Expert*innen für Public Engagement, Jurist*innen und Künstler*innen realisiert werden konnte.

Führt größere Neugierde in Bezug auf wissenschaftliche Themen dazu, dass sich Menschen der Risiken des Klimawandels bewusster sind? Diese These hat die Wissenschaftskommunikation-Forscherin Reyhaneh Maktoufi in einer Studie überprüft. Durch persönliche Anekdoten von Wissenschaftler*innen sollte die Neugierde der Studienteilnehmer*innen geweckt werden. Untersucht wurden außerdem die Auswirkungen von Eigenschaften von Wissenschaftler*innen wie Wärme und Freundlichkeit auf die Risikowahrnehmung. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anekdoten keine Auswirkungen auf die Variablen hatten. Es zeigte sich aber auch, dass die Befragten mehr Fragen zum Thema stellten, wenn der*die Wissenschaftler*in als “warm” wahrgenommen wurde. Auch wurden Klimawandelrisiken stärker wahrgenommen, wenn die Befragten neugieriger waren.

Von Praktikum bis Professur

Am Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) in Köln wird ein*e Referent*in für Öffentlichkeitsarbeit und Wissenschaftsmarketing (w/m/d) im Geschäftsbereich Unternehmenskommunikation gesucht. Das Institut ist Teil des Forschungszentrum Jülich. Bewerbungen sind bis zum 31. Januar 2022 möglich.

Wissenschaft im Dialog* sucht eine*n Projektmanager*in (m/w/d) für das Projekt Transfer Unit Wissenschaftskommunikation. Das gemeinsame Vorhaben mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften widmet sich dem nachhaltigen Austausch zwischen Praxis und Forschung. Bewerbungen sind bis zum 6. Februar 2022 möglich.

Daneben sucht Wissenschaft im Dialog* Verstärkung für die Impact Unit, die sich mit der Wirkung und Evaluation in der Wissenschaftskommunikation befasst. Die Bewerbungsfrist für die Stelle als Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (m/w/d) endet am 6. Februar 2022.

Die Bernstein Coordination Site (BCOS) am Standort Freiburg, das zum Forschungszentrum Jülich gehört, hat eine Stelle als Referent*in (w/m/d) Wissenschaftskommunikation ausgeschrieben. Bewerbungen sind bis zum 30. Januar 2022 möglich.

Scienceslam.de sucht eine*n (Junior)-Projektmanager*in (m/w/d) für die Organisation von Science Slams. Der Arbeitsort ist Hamburg. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Januar 2022.

Für das Robotik-Community-Management hat das Forschungszentrum Informatik eine Stelle ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Januar 2022.

Wer einen Einstieg in die Wissenschaftskommunikation sucht, findet Volontariate, Praktika und Hilfskraftstellen. Interessierte können außerdem als Lots*innen die Tour der MS Wissenschaft im Wissenschaftsjahr 2022 begleiten.

Weitere Stellenangebote finden Sie in unserer Jobbörse – exklusiv für Stellen aus der Wissenschaftskommunikation. Hochschulen, Forschungsinstitutionen, Stiftungen und Co können ihre Stellenangebote direkt an Besucher*innen unseres Portals richten.

Was kommt?

Wissenschaftliche und technologische Entwicklungen wie Gentechnik und Atomkraft werfen etliche ethische Fragen auf. Um die Verantwortung der (Natur-)Wissenschaften geht es deshalb im digitalen Leopoldina-Gespräch am 20. Januar ab 18 Uhr über Zoom.

Der Artikel „Die Lockdown-Macher“ hat der Bild-Zeitung viel Kritik aus der Wissenschaft eingebracht. Am 28. Januar treten die Max-Planck-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft und die Hochschulrektorenkonferenz mit der Bild-Zeitung „zur Rolle des Boulevardjournalismus in Zeiten der Pandemie“ ins Gespräch. Neben den Wissenschaftler*innen Michael Meyer-Hermann und Viola Priesemann sind u.a. der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft Otmar D. Wiestler und Johannes Boie, Vorsitzender der Bild-Chefredaktion, dabei. Die Veranstaltung wird live übertragen.

Das Forum Wissenschaftskommunikation 2022 findet vom 4. bis 6. Oktober in Hannover statt. Über die verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten für Aussteller*innen und Unterstützer*innen bei der von Wissenschaft im Dialog* organisierten Fachtagung können sich Interessierte jetzt informieren.

Das Panoptikum gibt alle vierzehn Tage einen Überblick über aktuelle Aktionen, Debatten und Trends. Außerdem sind hier aktuelle Stellenangebote, Veranstaltung und Ergebnisse aus der Forschung über Wissenschaftskommunikation zu finden.

*Wissenschaft im Dialog ist einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.