Schon als Kind züchtete Liyang Zhao Schnecken in ihrem Wohnzimmer. Heute ist sie Moderatorin und Autorin von Wissenschaftssendungen wie Terra X. Im Jobprofil erzählt sie, wie sie ihren Weg in die Wissenschaftskommunikation fand.
Im Profil: Liyang Zhao
Karriereleiter, Karrieresprungbrett oder Karrierekarussell – Wie war Ihr Weg in die Wissenschaftskommunikation?
Als Kleinkind in einer chinesischen Millionenstadt habe ich schon Schnecken am Straßenrand gesammelt, in unserem Wohnzimmer gezüchtet und allen von ihrem Leben erzählt. Es war also durchaus absehbar, was einmal aus mir werden sollte. In der Schule hatte ich bereits den Traum, später einmal Journalistin zu werden und den Menschen ein Stück meiner Begeisterung für die Natur weiterzugeben. Ich habe nie verstanden, warum Tiere nur für Kinder interessant sein sollen, gerade da es doch Erwachsene sind, die etwas gegen das Artensterben tun können. Das wollte ich, will ich auch heute noch, ändern. Nach der Schule studierte ich daher Biologie und Englisch in Bonn. Neben dem Studium machte ich meine ersten Schritte in den Wissenschaftsjournalismus: Beim Campusradio „bonnFM“ war ich Reporterin für die Wissenschaftssendung, für den General-Anzeiger zog ich durch die Bonner Labore und schrieb Portraits über Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und für „Erlebnis Erde“ (WDR) produzierte ich Instagram-Stories über Tiere. Und wenn am Wochenende noch etwas Zeit blieb, führte ich am Zoologischen Forschungsmuseum Koenig Schulklassen und Familien durch die Dinosaurierausstellung. Im Master am Imperial College London widmete ich mich dann voll und ganz der Wissenschaftskommunikation. Ich hatte aber auch entscheidende Helfer auf meinem Weg wie die Heinrich Böll Stiftung oder die Neuen Deutschen Medienmacher*innen, durch die ich journalistisches Handwerk gelernt habe und mir ein Netzwerk aufbauen konnte.
Nach dem Studium machte ich ein Praktikum bei der Wissenschaftssendung „Quarks“ des WDRs und durfte daraufhin als Autorin und Moderatorin bleiben. Heute arbeite ich als Redakteurin und Autorin beim ZDF, wo ich Formate wie „Terra X Faszination Erde“ und „Terra X Harald Lesch“ produziere. Von Corona-Viren über Weltraumteleskope bis hin zum Klimawandel und dem Artenschutz – bei jeder Sendung lerne ich etwas Neues. Das ist das Schöne am Wissenschaftsjournalismus. Nach der Arbeit geht es für mich weiter als „Bioliyang“ auf TikTok. Hier will ich gezielt die junge Generation, also meine und die darunter, für die Tierwelt begeistern. Seit diesem Jahr mache ich das auch in Zusammenarbeit mit funk. Auf meinem TikTok-Kanal „Liyang & the Beasts“ erzähle ich zum Beispiel vom äußerst skurrilen Schneckensex (so schließt sich der Kreis), dem Fehler in „Findet Nemo“ und davon, wie deine Katze dich täglich manipuliert.
Ob mein Weg in die Wissenschaftskommunikation eher eine Leiter, ein Sprungbrett oder ein Karussell ist, überlasse ich dem Urteil der Leserinnen und Leser. Jedenfalls bin ich sehr froh, dass ich all das tun kann.
Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag?
Nicht alle Menschen empfinden diese Faszination für die Wissenschaft, die wir Wissenschaftsjournalist*innen teilen. Aber genau diese Menschen, egal ob jung oder älter, will ich mit meiner Arbeit erreichen. Und dafür müssen wir kreativ werden. Wir müssen uns anschauen, was die Leute gerade beschäftigt, was sie berührt, was sie unterhaltsam finden und diese Dinge mit der Wissenschaft zusammenbringen. Das ist nicht immer einfach. Aber es gibt Wege. Auf TikTok habe ich die Fortpflanzungsbiologie von Ameisenigeln anhand eines Sonic-Charakters erklärt und in unserer neusten „Terra X Harald Lesch“-Doppelfolge habe ich eine Spinning-Session mit Harald gemacht, um die Dunkelflaute Erneuerbarer Energiesysteme zu erläutern. Wir müssen Wissenschaft nicht nur verständlich machen, sondern auch unterhaltsam. In Zeiten von Netflix, TikTok und Co ist das eine Herausforderung. Aber nur so können wir Menschen mit Wissenschaft erreichen, die ansonsten kaum Berührungspunkte damit haben. Gerade in einer Welt mit zunehmender Desinformation und Wissenschaftsskepsis müssen wir dran bleiben. Aktuell gibt es zum Beispiel Naturkatastrophen – Fluten, Dürre, Waldbrände – überall auf der Welt, auch vor unserer Haustür. Die Wissenschaft hat schon vor Jahrzehnten vor den Folgen des Klimawandels gewarnt. Gleichzeitig gibt es Menschen in Machtpositionen, die immer noch nicht an den Klimawandel glauben. Wissenschaft ist eben kompliziert. Und wenn ich helfen kann, diese komplexen Zusammenhänge zu entwirren, für wen auch immer, dann hat es sich gelohnt.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?
Ich wünsche mir, dass zukünftige Arktis-Expeditionen auf TikTok live gestreamt werden und dass Jugendliche sich im Klassenzimmer heimlich Zettelchen mit Tier-Facts schreiben. Wünschen darf man sich ja alles. Aber ganz ehrlich, ich wünsche mir einfach, dass Wissenschaft mehr Gehör findet, zur Normalität, vielleicht sogar zum Mainstream wird. Während der Pandemie haben wir gesehen, wie wichtig ein grundlegendes Verständnis von Wissenschaft für uns alle ist. Dazu gehört auch zu verstehen, dass Wissenschaft ein Prozess ist, in dem erarbeitet und korrigiert wird. Denn die einfache Antwort auf komplizierte Fragen ist oft nur eine Behauptung. Nur indem sich das System selbst immer wieder kritisch hinterfragt, kann man komplexe Zusammenhänge wirklich verstehen. Daher wünsche ich mir, dass in Zukunft noch mehr junge Menschen in die Wissenschaftskommunikation gehen, damit wir zusammen all dieses Wissen auch für alle zugänglich machen können.
Ihre wichtigsten Tipps für den Wechsel von der Forschung in die Wisskomm sind…?
Gute Ideen. Den Rat hat mir einmal ein Executive Producer bei der BBC Science Unit gegeben. Du kannst alles schaffen, wenn du nur gute, kreative Ideen hast, die andere noch nicht hatten. Und dann geht es nur noch um das Machen. Das ist der Vorteil in der Wissenschaftskommunikation. Alles ist möglich. Während die Forschung in der Regel eine klare Leiter vorgibt von Studium, Promotion und Postdocs, ist die Wissenschaftskommunikation ein Karussell, in das jede und jeder einfach aufsteigen kann. Instagram, TikTok, Podcasts, Bücher und Science Slams – Plattformen gibt es heute genug. Und überall kann man einfach heute entscheiden, morgen loszulegen.

Liyang Zhao ist Biologin, Moderatorin und Autorin. Zunächst war sie bei Quarks (WDR) tätig, aktuell arbeitet sie bei „Naturwissenschaft und Technik“ (ZDF), wo sie vor allem für die Sendereihen „Terra X – Faszination Erde“ und „Terra X – Harald Lesch“ produziert. Seit März dieses Jahres ist sie Host und Producerin des TikTok-Formats „Liyang & the Beasts“ von funk. Foto: Privat