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Grußworte und kleine Reden – zehn Tipps fürs Texten

Veranstaltungen aller Art sind ein hervorragender „Türöffner“, um als wissenschaftliche Einrichtung mit unterschiedlichen Zielgruppen ins Gespräch zu kommen – von Partnern im Forschungsverbund bis hin zur breiten Öffentlichkeit. Essentieller Bestandteil dieser persönlichen Kommunikation ist eine einführende Rede, oder auch deren kleines Geschwisterchen, das Grußwort.

Das Grußwort zu halten ist üblicherweise Chefsache. Der Entwurf jedoch entsteht häufig in der Kommunikationsabteilung. Für Ghostwriterinnen und Ghostwriter gibt es beim Schreiben eines Grußworts oder einer kleinen Rede einiges zu beachten: Formale Aspekte, Besonderheiten des gesprochenen Wortes, aber auch die denkbare Interaktion mit dem Publikum. In diesen Tipps befassen wir uns mit verschiedenen Aspekten, die eine Rede zu einem kleinen Ereignis machen.

  1. Wer einen gedruckten Artikel liest, kann ihn jederzeit beiseite legen. Wer dagegen einem Grußwort folgt, muss zuhören bis zum bitteren Ende. Damit gilt für die Autorinnen und Autoren von Reden: Nehmen Sie Ihr Publikum nicht in Geiselhaft, sondern nehmen Sie es mit auf eine interessante Reise. Eigentlich geht es ja weniger darum, wer ein Grußwort hält – sondern darum, wer einem Grußwort zuhört.
  2. Gäste anzureden und zu nennen: Das hat oft den Charakter einer lästigen Notwendigkeit. Aber dies ist eben auch eine Frage der Höflichkeit und letztlich ein ganz elementarer Zweck eines Grußworts, also einer Begrüßung. Ehrengäste von außerhalb nennen Sie dem „Rang“ folgend zuerst und eher formal („Sehr geehrte. . .“), Ihre eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nennen Sie erst danach, aber gerne in eher informeller Anrede („Liebe. . .“). Vermitteln Sie allen Gästen Wertschätzung!
  3. Klare, verständliche Sprache, eingebettet in eine schlüssige Struktur: Das erwarten Zuhörerinnen und Zuhörer. Dazu gehört auch der Verzicht auf „Behördendeutsch“ mit seinen vielen Substantivierungen. Ihre Sätze sind überschaubar, tendenziell kurz, zumindest nicht verschachtelt. Außerdem arbeiten Sie vorzugsweise mit lebendigen Verben und anschaulichen Beispielen. Je lebendiger, desto weniger Langeweile. Sie versprechen nicht ständig, sich kurz zu fassen, sondern Sie tun dies tatsächlich. Ohnehin gilt: Ein Grußwort ist im Idealfall prägnant und überschaubar.
  4. Eine Rede ist kein Geschäftsbrief. Sie dürfen, nein, Sie sollen also deutlich emotionaler formulieren. Können Sie sich starke Gefühle beim Anlass Ihres Grußworts „ausleihen“? Nur keine Scheu! Das hilft, die Zuhörerinnen und Zuhörer mitzunehmen in die Welt, aus der Sie erzählen. Nur den Roten Faden, die klare Struktur, bitte trotzdem nicht aus den Augen verlieren. Das ist ohnehin schwer genug, je freier – und weniger abgelesen – die Rede dann gehalten wird.
  5. Erzeugen Sie Bilder in den Köpfen der potenziellen Zuhörerinnen und Zuhörer („Sie können sich das vorstellen wie einen überdimensionalen Regenschirm. . .“).  Bauen Sie fiktive Dialoge ein („Sie werden sich fragen: Warum machen die das. . . Nun, aus meiner Sicht. . .“). Diese Stilmittel verhindern, dass Ihre Zuhörerinnen und Zuhörer in Gedanken in das nächste Team-Meeting oder in den anstehenden Italien-Urlaub abwandern.
  6. Entfernen Sie „Quallenfett“, wie der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt Füllwörter, Doppel-Gemoppel und ausschweifende Ausdruckweisen zu nennen pflegte. Grundsätzlich hilft es beim Grußwortschreiben sehr, wenn Sie einen journalistischen Schreibstil gewohnt sind. Allerdings, aufpassen: Journalistische Texte entstehen typischerweise mit der starken Aussage gleich zu Beginn. Insbesondere längere Reden laufen dagegen auf eine starke Aussage zu, sie entstehen von der Idee her „von hinten“.
  7. Gesprochener Text unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von geschriebenem Text. Dazu gehört ein anderer Umgang mit Synonymen. Also mit Wörtern, die Gleiches oder ganz Ähnliches bedeuten. In einem publizierten Artikel versuchen wir, Synonyme zu finden. Bei einer Rede verhält sich dies ein klein wenig anders: Hier helfen Wortwiederholungen den Hörerinnen und Hörern, sicher und gut orientiert durch den Beitrag geführt zu werden. Schlüsselbegriffe zu wiederholen heißt auch, deren Stellenwert herauszustreichen.
  8. Ein in den Kontext passendes Zitat einer bekannten Persönlichkeit kann ein sehr willkommener Bestandteil eines Grußworts sein. Sie können gleich eingangs damit punkten, aber häufig empfiehlt es sich, solch ein Zitat erst gegen Ende einer Rede einzubauen. Denn schließlich handelt es sich „nur“ um ausgeliehene Gedanken, die Ihre eigene Darstellung ergänzen und nicht dominieren sollen.
  9. Beim gesprochenen Wort gilt wie beim geschriebenen Wort: Seien Sie zurückhaltend beim Umgang mit Ironie. Es wird immer Menschen geben, die Ihren Sinn für scherzhafte Anmerkungen entweder nicht verstehen oder für unangemessen halten. Bedenken Sie, dass es nur ein schmaler Grat ist, der Ironie von Sarkasmus und Zynismus trennt.
  10. Die gedruckte Version der Rede erstellen Sie in einer gut lesbaren Typo und Schriftgröße, egal ob mit Serifen (z.B. Times New Roman) oder ohne Serifen (z.B. Arial). Im Zweifelsfall verwenden Sie die „Hausschrift“, also den Font, Ihrer Einrichtung. Das untere Viertel der Seite lassen Sie unbedruckt. dann schweift der Blick beim Reden nicht zu weit nach unten, außerdem haben die Hände Spielraum zum Umblättern. Seitenzahlen nicht vergessen! Und gegebenenfalls Pausen ausdrücklich im Manuskript anmerken, damit das Publikum das Gehörte an diesen Stellen für einen kleinen Moment „verdauen“ kann.