Foto: Michael Wingens / WiD

Stakeholder-Kommunikation effektiv gestalten

Am 27.11. luden der Stifterverband und Wissenschaft im Dialog zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Miteinander statt übereinander reden“ ein. Ein Gespräch mit Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Geschäftsführer des Stifterverbandes, über Rollen, Diskursräume und gemeinsame Ziele.

Miteinander statt übereinander reden“ – Wer sollte sich von diesem Aufruf aus Ihrer Sicht angesprochen fühlen?

Die Stakeholder im System Wissenschaft. Zu diesen zählen aus meiner Sicht aber nicht nur die akademischen Einrichtungen und die Forschenden, sondern auch die Zivilgesellschaft, die Politik und die Wirtschaft. Wobei dabei die Abgrenzung natürlich nicht immer eindeutig ist. Das fängt schon an bei der Uneinigkeit darüber, ob die Wissenschaft sich politisch einmischen soll oder eben bei der Frage, wer denn eigentlich die Zivilgesellschaft ist.

Warum ist das Reden miteinander, ein häufigerer Dialog aus Ihrer Sicht wichtig?

Volker Meyer-Guckel ist stellvertretender Generalsekretär und Mitglied der Geschäftsleitung des Stifterverbandes.  Foto: Stifterverband / David Ausserhofer

Fast alle Herausforderungen unserer Zeit sind nicht isoliert zu betrachten, sondern müssen transdisziplinär behandelt werden. Das gilt für die Wissenschaftseinrichtungen im gleichen Maße wie für die Industrie. Problemstellungen im Themenkomplex Mobilität müssen beispielsweise von den unterschiedlichsten Disziplinen und Branchen bearbeitet werden. Niemand mehr kann in diesen Dimensionen allein agieren. Die Zusammenarbeit muss vor allem deshalb von Dialogen begleitet werden, weil es nicht nur um technische, sondern auch um kulturelle und ethische Fragen, um Werte und Ideale geht.

Ist das eine neue Entwicklung oder hätte es so einen Dialog immer schon gebraucht?

Tatsächlich hat sich auf Grund der komplexeren Fragestellungen einiges – und zwar auf allen Seiten – verändert. Die Industrie stellt immer öfter fest, dass nicht alles, was möglich ist, auch gewünscht ist. Das sieht man an Beispielen wie der Gentechnik oder dem Fracking sehr deutlich. Und selbst Konzerne wie Facebook oder Google merken inzwischen, dass sie sich bisher zu wenig mit den anfallenden ethischen und kulturellen Fragen auseinandergesetzt haben und dass sie nicht mehr einfach alles machen können. Das kriegen sie nicht zuletzt durch sinkende Aktienkurse widergespiegelt. Deshalb braucht es diesen Dialog und auch stärker und früher als zuvor das Miteinander.

Trotzdem gibt es ja auch unterschiedliche Interessen: Muss es da klare Positionierungen geben?

Selbstverständlich. Dialog heißt ja nicht, dass alle das gleiche sagen und die gleichen Ziele verfolgen. Man muss Abgrenzungen vornehmen und Positionen deutlich machen. Dazu muss man zunächst einmal auch ein klares Rollenbild haben.

Ein erfolgreicher Dialog ist dann gegeben, wenn man transparent macht, auf welchen Feldern man einig ist, auf welchen Feldern man einig werden könnte, aber auch, wo es grundlegende Unterschiede gibt. Das können Unterschiede in den Zielvorstellungen, den Werthaltungen oder eben auch hinsichtlich des Selbstverständnisses im Umgang mit Wissen sein. Natürlich wird in Kooperationen zum Beispiel ein Unternehmen immer auf den Zeitfaktor schielen, während die Wissenschaft eher auf Gründlichkeit setzt. Über solche grundlegenden Dinge muss aber vorher gesprochen werden und die Positionen müssen klar sein, damit es nicht erst im Prozess zu Reibungen kommt.

Wann sollte dieser Austausch stattfinden?

Möglichst vor oder zu Beginn von Projekten und Kooperationen und nicht erst, wenn diese bereits in vollem Gange sind. Natürlich ist das nicht immer möglich, weil man die Zukunft nicht voraussagen und nicht jedes Szenario absehen kann. Es gibt also immer eine gewisse Ungewissheit, und darüber muss man sich im Klaren sein. Allerdings kann man sich auf gewisse Ziele verständigen. Der Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren kann in solchen Fällen also bereichernd sein, weil man durch ihn unterschiedliche Perspektiven gleich von Beginn an aufgezeigt bekommt und in die Lösungswege mit einbindet.

Wie und in welchem Rahmen kann ein solcher Dialog konkret stattfinden?

Ich glaube, dass er am besten auf Projektebene funktioniert, da dort die Menschen direkt involviert sind. Erst danach kommt die Ebene der Branche oder der Themenverbünde, wie etwa SmartCity oder Industrie 4.0. Auch hier kann man dann Interaktionsräume schaffen. Auf nationaler oder internationaler Ebene sollte es schließlich um die Frage gehen: „Wie müssen wir miteinander umgehen und wie kommt man zu gemeinsamen Zielen?“ In dem Fall eignen sich dann auch virtuelle und digitale Räume für den Diskurs.

Ist der Weg zu einem solchen Austausch noch weit?

Ich bin da sehr optimistisch. Es gibt Druck von allen Seiten, der hilfreich ist und den Prozess fördert. Außerdem gibt es eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich dem Dialog öffnen will und darin auch eine Notwendigkeit sieht. Darüber hinaus hat auch die Industrie den Druck, sich zu öffnen, weil sich die Konkurrenz ändert und die Ideen nicht mehr aus der eigenen Branche stammen. Sprich: Auch dort ist Bewegung drin und der Wunsch nach Austausch vorhanden.

Was sind aus Ihrer Sicht die nächsten Schritte für die erfolgreiche Gestaltung des Dialogs?

Ich glaube, es ist erst mal wichtig, genau zu schauen, in welchen Bereichen der Austausch schon gut funktioniert. Hier sollte man eine Übersicht erstellen, wobei es dann sicher auch ein paar blinde Flecken geben wird. Und genau da muss man ran. Ich sehe unsere Rolle als Stifterverband in eben diesem Bereich, also darin, dem Prozess eine Rahmung zu geben. Vor allem auch deshalb, da wir ohnehin zu den beteiligten Akteuren bereits eine enge Verbindung haben.

Was würden Sie sich von den einzelnen Akteuren Wünschen, damit es klappt?

Von der Wissenschaft wünsche ich mir, dass sie den Dialog mit der Öffentlichkeit nicht als Last empfindet, sondern erkennt, dass sie von ihm profitieren kann. Für die zivilgesellschaftlichen Akteure ist es wichtig, dass sie ein Verständnis dafür mitbringen, wen sie eigentlich repräsentieren und welche Interessen sie vertreten. Von der Industrie schließlich wünsche ich mir, dass sie in diesem Prozess keine Marketingaktion sieht, sondern etwas, wovon sie wirklich profitieren kann. Wenn diese Wünsche wahr werden, dann befinden wir uns auf dem richtigen Weg.