Foto: Christian Humm, CC BY-SA 4.0

Kurz vorgestellt: Neues aus der Forschung im April 2021

Welche Rolle sollte die Wissenschaft bei politischen Entscheidungen in der Corona-Krise spielen? Gucken mehr Männer als Frauen Wissenschaftsvideos auf Youtube – und wenn ja: warum? Und wie beeinflussen positive und negative Kommentare unter Online-Artikeln die Bereitschaft, ihnen Glauben zu schenken und sie zu teilen? Das sind die Themen im Forschungsrückblick für den April.

In dieser Rubrik besprechen wir regelmäßig neue Forschungsergebnisse zum Thema Wissenschaftskommunikation. Sollten Sie etwas vermissen, schreiben Sie uns gerne eine E-Mail oder hinterlassen Sie einen Kommentar.

Gibt es in ein Bedürfnis nach „autoritärer“ Wissenschaft?

Die Covid19-Pandemie führte zu einer großen Nachfrage nach wissenschaftlich fundierter Expertise – seitens der Politik, des Journalismus und der Öffentlichkeit. Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage, welche Rolle Wissenschaft in der politischen Entscheidungsfindung spielen sollte. Senja Post, Nils Bienzeisler and Mareike Lohöfener von der Georg-August-Universität Göttingen haben untersucht, welche Ansichten und Erwartungen Bürger*innen in der aktuellen Krise hinsichtlich des Verhältnisses von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit haben.

Je mehr Menschen im Lockdown nach Informationen als Orientierung suchen, desto mehr wünschen sie sich eine dominante Position von Wissenschaftler*innen im politischen Prozess.
Methode: An der Online-Umfrage nahmen zwischen dem 9. und dem 14. April 2020 1.513 Menschen in Deutschland teil. Zu diesem Zeitpunkt zum Beginn der Pandemie wurde die Debatte um die Rolle der Wissenschaft bei politischen Entscheidungen kontroverser. Die Umfrage wurde über das Marktforschungsunternehmen Respondi durchgeführt, die Auswahl der Teilnehmenden war hinsichtlich der Geschlechter-Altersverteilung und des Wohnsitzes in den Bundesländern repräsentativ. Anhand eines Fragenkatalogs testeten die Forscher*innen eine Reihe von Hypothesen. Eine war, dass Menschen, die Informationen vor allem zur Orientierung suchen, sich wünschen, dass Wissenschaftler*innen den politischen Entscheidungsprozess in der Krise dominieren. Das Forschungsteam vermutete auch, dass diese Gruppe eindeutigere Informationen vorzieht. Andererseits nahmen die Wissenschaftler*innen an, dass Menschen, die Informationen als Grundlage zur Konstruktion einer eigenen Meinung nutzen, sich eine weniger dominante Rolle von Wissenschaftler*innen in der Entscheidungsfindung wünschen. Diese Gruppe ist – so eine Hypothese – sehr daran interessiert, dass Journalist*innen politische Maßnahmen und wissenschaftliche Ratschläge infrage stellen. Außerdem nahmen die Forscher*innen an, dass Menschen, die glauben, wissenschaftliche Erkenntnisse seien sicher und eindeutig, eine dominante Rolle von Wissenschaftler*innen in der politischen Entscheidungsfindung favorisieren. Was die tatsächliche Krisenkommunikation angeht, vermuteten die Forscher*innen, dass Menschen, die Informationen zur Orientierung nutzen, die Strategie in der ersten Zeit der Pandemie eher befürworten, während Menschen, die Information zur Konstruktion ihrer eigenen Meinung suchen, diese eher ablehnten. 

Ergebnisse: Die Auswertung der Antworten bestätigt die meisten Hypothesen. Generell zeigt sich, dass deutsche Teilnehmende unterschiedliche Erwartungen an Journalist*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen haben – je nachdem, wozu sie Information nutzen und was sie für ein Verständnis von Wissenschaft vertreten. Je mehr Menschen im Lockdown nach Informationen als Orientierung suchen, desto mehr wünschen sie sich eine dominante Position von Wissenschaftler*innen im politischen Prozess. Diese Suche nach definitivem Wissen hängt auch mit dem Wunsch zusammen, dass Journalist*innen eindeutige Informationen liefern sollen. Auch bestätigte sich die Hypothese, dass sich Menschen, die wissenschaftliches Wissen für eindeutig und gesichert halten, für Wissenschaftler*innen eine dominante Position in der Entscheidungsfindung wünschen. Eindeutig widerlegt hingegen wurde die Annahme, dass Menschen, die wissenschaftliches Wissen für eindeutig und gesichert halten, weniger wollen, dass Journalist*innen Wissenschaft und Politik kritisieren. Kein signifikanter Zusammenhang wurde außerdem zwischen dem Glauben an eindeutiges wissenschaftliches Wissen und dem Wunsch festgestellt, dass Journalist*innen auf klare, eindeutige Art und Weise berichten sollen. Bestätigt hat sich, dass Menschen die tatsächliche Krisenkommunikation besser bewerteten, wenn sie nach Informationen zur Orientierung suchten. Auch bewerteten sie tatsächliche Krisenkommunikation besser, wenn sie glaubten, dass wissenschaftliche Erkenntnisse sicher und eindeutig seien. Wer wollte, dass Wissenschaftler*innen die politische Entscheidungsfindung dominieren, beurteilte die Krisenkommunikation besser als andere. Wer wollte, dass Journalist*innen Politik und Wissenschaft infragestellen, tendierte zu weniger Zustimmung. 

Die Coronakrise hat das Verhältnis zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit zu einem viel diskutierten Thema gemacht und auch Konflikte zwischen den Sphären sichtbar gemacht.
Schlussfolgerungen: Die Coronakrise hat das Verhältnis zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit zu einem viel diskutierten Thema gemacht und auch Konflikte zwischen den Sphären sichtbar gemacht. In diesem Zusammenhang ist es für die Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation wichtig zu wissen, was Menschen aus welchen Gründen erwarten. Die Studie zeigt, dass sich Bürger*innen einen Einfluss von Wissenschaft wünschen, um Orientierung zu bekommen. Wenn sie dies allerdings in der Annahme tun, dass Wissenschaft immer klare und eindeutige Ergebnis liefert, ist Vorsicht geboten. Der Wunsch nach einer „autoritären Wissenschaft“ kann aus demokratischer Perspektive problematisch sein. Ein Impuls für die Praxis könnte sein, die Möglichkeiten und Grenzen von wissenschaftlicher Arbeit und die Rolle von Wissenschaft in der Demokratie noch deutlicher und transparenter zu kommunizieren. Die Ergebnisse der Studie weisen auch darauf hin, dass die Krisenkommunikation im vergangenen Frühjahr eher Menschen auf der Suche nach eindeutigen Informationen angesprochen hat. Allerdings zeigt die Studie auch, dass es unterschiedliche Informationsbedarfe gibt, die berücksichtig werden müssen. Als Impuls für den Journalismus kann gelesen werden, dass sich Menschen trotz der Vorstellung von einer eindeutigen Wissenschaft einen kritischen Journalismus wünschen. 

Einschränkungen: Die Studie spiegelt eine Momentaufnahme in einer Extremsituation wider. Möglicherweise lassen sich die Ergebnisse also nur bedingt auf andere Situationen übertragen. Auch innerhalb der Krise haben sich die Debatten und die Kommunikation inzwischen weiterentwickelt. Die Autor*innen weisen auch darauf hin, dass die Ergebnisse kausale Zusammenhänge implizieren, die in dieser Studie nicht getestet werden können. Interessant wäre, eine Langzeitstudie durchzuführen, in der auch die Veränderungen im Zuge der Pandemie berücksichtigt werden. Denn möglicherweise haben sich im Zuge der öffentlichen Auseinandersetzungen auch die Erwartungen an die Rolle der Wissenschaft verändert. 

Post, S., Bienzeisler, N., Lohöfener, M. (2021) A desire for authoritative science? How citizens’ informational needs and epistemic beliefs shaped their views of science, news, and policymaking in the COVID-19 pandemic. Public Understanding of Science. https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/09636625211005334

Sind Frauen auf Youtube ein „fehlendes Publikum“? 

Die Wissenschaftswelt auf Youtube scheint männlich dominiert – sowohl, was die Macher*innen, als auch, was die Zuschauer*innen angeht. Warum haben es wissenschaftliche Bildungsvideos so schwer, Frauen zu begeistern? Mit geschlechtsspezifischen Unterschieden auf der Plattform hat sich Asheley R. Landrum von der Texas Tech University in den USA beschäftigt. Sie wollte wissen, ob die Diskrepanzen an der Plattform selbst oder an den wissenschaftlichen Inhalten liegen.  

Methode: Die Psychologin hat untersucht, ob Männer und Frauen Youtube mehr oder weniger nutzen, ob es geschlechtsspezifische Unterschiede beim Konsum von wissenschaftlichen Inhalten gibt und welche Gründe es hat, wenn Menschen Wissenschaftsvideos anschauen. Um Antworten auf ihre Fragen zu finden, wertete sie Daten aus zwei Umfragen aus, die zwischen 2019 und 2020 gesammelt wurden. Rund 1.000 Teilnehmende aus den USA wurden im Rahmen einer größeren Studie über alternative Überzeugungen auf Youtube über das Umfragetool Qualtrics Research Services rekrutiert, dabei sollte durch Quotenstichproben Repräsentativität angestrebt werden. Die Befragten gaben selbst Auskunft über ihre Youtube-Nutzung und gaben auch an, welche Nutzungszeit die Plattform selbst für die letzten sieben Tage und den Tagesdurchschnitt gemessen hatte. Auch nach den Themen, die sie interessieren, wurden die Teilnehmenden gefragt. 

Bei der Nutzungszeit stellte die Autorin zwar signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen fest, der Faktor Geschlecht war jedoch weniger ausschlaggebend als andere Variablen.
Für die zweite Umfrage wurden 556 als aktive Youtube-Nutzer*innen eingestufte Teilnehmer*innen über die Plattform Cloud Research rekrutiert. Auch sie beantworteten Fragen zu ihrem Youtube-Konsum und der gemessenen Nutzungsdauer. Sie berichten, welche Themen sie interessieren, welche drei Videos sie zuletzt gesehen hatten – und aus welchen Gründen. Im Gegensatz zur ersten Umfrage enthielt die zweite einen Fragebogen, mit dem die grundsätzliche Neugierde gegenüber wissenschaftlichen Themen abgefragt wurde. 

Ergebnisse: Bei der Nutzungszeit stellte die Autorin zwar signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen fest, der Faktor Geschlecht war jedoch weniger ausschlaggebend als andere Variablen. Die stärkste Wirkung zeigte sich beim Alter, gefolgt vom Wohnort. Jüngere Menschen und solche, die in Städten wohnen, verbringen demnach mehr Zeit auf Youtube. Auch Personen, die sich als Schwarz oder afroamerikanisch begreifen, nutzen die Plattform häufiger als andere. Die Ergebnisse zeigen auch, dass Frauen Youtube aus denselben Gründen nutzen wie Männern – vor allem zur Informationssuche und zur Unterhaltung. Der einzige Unterschied zwischen Männern und Frauen bestand darin, dass Männer häufiger angaben, Youtube zu gucken, um andere zu beeindrucken. 

Was die Themenauswahl angeht, zeigte sich, dass Frauen weniger Wissenschaftsvideos gucken als Männer. Noch größer ist der Unterschied jedoch bei Sport- und Technologiethemen. Frauen gaben eher an als Männer, dass unter den letzten drei Videos, die sie gesehen hatten, ein Gesundheits- oder Wellnessthema gewesen sei. Von 556 Teilnehmenden sagten nur 48, darunter 20 Frauen, dass unter den letzten drei Videos ein Wissenschaftsthema gewesen sei. Männer gaben eher an, die letzten Wissenschaftsvideos nicht nur zur Information, sondern auch zu Unterhaltungszwecken angesehen zu haben. 

Schlussfolgerungen: Ein Ziel von Wissenschaftskommunikation ist, Menschen verschiedener Geschlechter für Wissenschaft und Forschung zu begeistern. Aus dieser Perspektive ist es wichtig herauszufinden, welche Zielgruppen über einen so bedeutsamen Kanal zur Wissensvermittlung erreicht werden können – und welche nicht. Relevant ist in diesem Hinblick das Ergebnis der Studie, dass Geschlecht nicht der ausschlaggebende Faktor für die Nutzungszeit auf Youtube ist. Allerdings finden sich bei Themen wie Wissenschaft oder Technik gravierende Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Eine Vermutung wäre, dass Frauen hinsichtlich wissenschaftlicher Inhalte auf Youtube ein „missing audience“ sind. Dieses Konzept der fehlenden Zuschauerschaft besagt, dass es bei Zielgruppen ein Interesse an wissenschaftlichen Bildungsvideos gibt, aber bestimmte soziale oder kulturelle Faktoren beeinflussen, wie die Angebote wahrgenommen werden. Für weitere Studien wäre es wichtig zu erforschen, warum Frauen sich von bestimmten Videos oder Themen nicht angesprochen fühlen.  

Einschränkungen: Es handelt sich um eine explorative Studie, deren Befragte nicht unbedingt repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind. Einige Ergebnisse müssen mit Vorsicht betrachtet werden, beispielsweise, dass Schwarze oder afroamerikanische Menschen mehr Youtube gucken als andere. Da sich nur 13 Prozent der Befragten dieser Gruppe zuordnen, ist die Stichprobe recht klein. Vorsicht ist auch bei der Selbstauskunft der Befragten bezüglich einiger Fragen geboten, zum Beispiel betreffend ihres Youtube-Konsums und der letzten drei angesehenen Videos. Die Befragten haben zudem die Videos selbst klassifiziert, was zu Unschärfen führen kann. Einige Teilnehmende fassten unter das Thema „Wissenschaft“ auch Videos über Ufos. 

Landrum, A. R. (2021) Are Women a Missing Audience for Science on YouTube? An Exploratory Study. Frontiers in Communication. https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fcomm.2021.610920/full

Wie wirken sich Kommentare auf den Umgang mit Fake News aus?

Zum Thema Impfungen kursieren Nachrichten, die auf Fakten bauen, aber auch viele Fake News. Wie unterscheiden sich wahre und falsche Artikel hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und der Bereitschaft von Leser*innen, sie auf sozialen Netzwerken zu teilen? Das haben John Petit, Cong Li, Barbara Millet und Ruoyu Sun von der University of Miami in den USA zusammen mit Khudejah Ali von der Lahore University of Management Sciences in Pakistan untersucht. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie sich die Kommentare anderer Nutzer*innen auswirken. 

Methode: Über den Anbieter Amazon Mechanical Turk wurden 343 in den USA lebende Studienteilnehmende rekrutiert. Als Stimuli wurden acht beinahe identische Webseiten designt, jeweils mit einem echten und einem falschen Artikel zum Thema Impfen mit vier positiven oder vier negativen beziehungsweise jeweils zwei positiven und zwei negativen Kommentaren. Die Teilnehmenden wurden nach dem Lesen gefragt, ob sie den jeweiligen Artikel für echt halten, ob sie ihn für glaubwürdig halten und wie wahrscheinlich es ist, dass sie ihn teilen würden. 

Negative Kommentare können dazu führen, das echte Artikel für Fake gehalten werden.
Die Forscher*innen entwickelten ein Design, in dem die Zusammenhänge zwischen drei Faktoren ermittelt wurden: der Art der Nachrichten (Fake News oder echt) und negativen sowie positiven Kommentaren. Sie gehen davon aus, dass die Reaktionen anderer Nutzer*innen auf Artikel als Quelleninformation genutzt werden. Wenn mehr Menschen einen Artikel „liken“ oder positiv kommentieren, könne das dessen Glaubwürdigkeit erhöhen. Die Autor*innen stellen außerdem die Hypothesen auf, dass Fake-News-Artikel als weniger glaubwürdig erachtet werden und weniger geteilt werden. Sie nehmen auch an, dass negative Kommentare die Glaubwürdigkeit von Nachrichten und die Bereitschaft, sie zu teilen, verringern. 

Ergebnisse: Den Fake-Artikel hielten 19,2 Prozent für echt, 62,2 Prozent für Fake. Die anderen waren sich unsicher. Den echten Artikel hielten 66,1 Prozent für echt, 12,9 Prozent für einen Fake. Ob ein Artikel echt war, hatte also einen signifikanten Effekt auf die Glaubwürdigkeit des Artikels. Negative Kommentare wirkten sich ebenfalls signifikant auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit aus. Auch die Kombination zwischen negativen und positiven Kommentaren erwies sich in Bezug auf die Glaubwürdigkeit als signifikant. Wenn es neben negativen auch positive Kommentare gab, änderte sich die wahrgenommene Glaubwürdigkeit wenig. Wenn es jedoch gar keine positiven Kommentare gab, sorgten die negativen Kommentare für eine dramatische Abnahme der Glaubwürdigkeit. Die Glaubwürdigkeit wiederum hatte einen signifikanten Effekt auf die Bereitschaft, Nachrichten zu teilen. Auch zeigen die Ergebnisse, dass sich negative Kommentare bei echten Artikeln signifikant darauf auswirken, ob der Artikel für echt gehalten wird. Das bedeutet: Negative Kommentare können dazu führen, das echte Artikel für Fake gehalten werden.

Schlussfolgerungen: Dass Fake News laut den Ergebnissen der Studie als weniger glaubwürdig wahrgenommen werden und weniger häufig geteilt werden, weist darauf hin, dass Glaubwürdigkeit eine zentrale Rolle bei der Ausbreitung von Falschnachrichten spielt. Für die Wissenschaftskommunikation und den Wissenschaftsjournalismus kann das ein Hinweis sein, dass besonderer Wert darauf gelegt werden sollte, zu überzeugen – etwa durch gute Argumentationen und Offenlegung von Quellen. Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass Menschen grundsätzlich stärker von negativen Kommentaren beeinflusst werden. Das bloße Vorhandensein positiver Kommentare hat die Glaubwürdigkeit der Nachrichten in diesem Experiment nicht signifikant erhöht, sie können jedoch abschwächend auf den Effekt von negativen Kommentaren wirken. Für die Praxis kann das bedeuten, dass positive Kommentare durchaus einen Einfluss auf die Wahrnehmung von Artikeln haben können. Eine rein negative Kommentierung hingegen kann dazu führen, dass Menschen fälschlicherweise annehmen, ein Artikel sei Fake. Ihr sollten deshalb auch positive Kommentare zur Seite gestellt werden, wenn es sich um gute und richtige Artikel handelt. 

Einschränkungen: Einschränkend lässt sich sagen, dass die Studie nur auf zwei verschiedenen Artikeln und einer nicht repräsentativen Stichprobe von Teilnehmenden beruht. Möglicherweise haben Textgenres und Themenauswahl auch einen Einfluss auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit und die Bereitschaft, Artikel zu teilen. Das ließe sich in weiteren, umfangreicheren Studien ermitteln. 

Petit, J. , Li, C., Millet, B., Ali, K., Sun, R. (2021) Can We Stop the Spread of False Information on Vaccination? How Online Comments on Vaccination News Affect Readers’ Credibility Assessments and Sharing Behaviors. Science Communication. https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/10755470211009887

Mehr Aktuelles aus der Forschung

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Geschlecht und öffentlichem Engagement? Das hat Monia Anzivino von der Universität Pavia  an einer Stichprobe von mehr als 5.000 italienischen Wissenschaftler*innen untersucht. Sie stellt fest, dass es bei Aktivitäten auf lokaler Ebene keinen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Befragten gibt. Wenn es um das Engagement in den Medien geht, sind männliche Wissenschaftler jedoch eindeutig präsenter. Dabei könnte eine größere mediale Sichtbarkeit weiblicher Forscherinnen dazu beitragen, jungen Frauen wissenschaftliche Berufsperspektiven näherzubringen, argumentiert die Autorin.

Wie schreiben Menschen auf Social Media über die Pandemie? Das haben sich Philipp Wicke vom University College Dublin und Marianna M. Bolognesi von der Universität Bologna am Beispiel des englischsprachigen Twitter-Diskurses über Covid-19 angeschaut. Anhand eines umfangreichen Daten-Korpus, den sie in der ersten Welle der Pandemie zwischen März und Juli 2020 erstellt haben, analysieren sie, wie sich die Themen, die Stimmung und die Sprache in den Tweets im Laufe der Zeit verändern.

Was ist dran an Vorwürfen, Wikipedia sei gegenüber Sichtweisen voreingenommen, die die wissenschaftliche Orthodoxie in Frage stellen? Beispielsweise kritisieren Vertreter*innen alternativer medizinischer Behandlungsformen, dass Wikipedia-Redakteur*innen Affinitäten zur Bewegung der „Skeptics“ hätten, die vom wissenschaftlichen Standard abweichende Erzählweisen diskreditieren, schreibt Brian Martin. Was an der Voreingenommenheit der Online-Enzyklopädie dran ist, hat der australische Sozialwissenschaftler anhand von Texte zu verschiedenen Themen wie Impfen oder dem Ursprung von AIDS untersucht.

Wer steckt hinter den unzähligen Wissenschaftsvideos, die auf Youtube veröffentlicht werden? Das hat ein britisch-französisch-schweizerisches Forschungsteam um den Evolutionsbiologen Stéphane Debove anhand von mehr als 600 französischen Youtube-Wissenschaftskanälen analysiert. Die Forscher*innen fanden heraus, dass es sich bei den Kommunikator*innen hauptsächlich um junge, hochqualifizierte Männer handelt, von denen viele nicht von ihren Videos leben können. Im Gegenteil investieren sie selbst Geld, um auf Youtube über Wissenschaft zu sprechen und Neugier zu wecken.

Wie beurteilen Wissenschaftler*innen die Berichterstattung über Covid-19? Das wollte der Journalist Javier de Sola Pueyo bei einer Umfrage unter spanischen Wissenschaftler*innen herausfinden. Es zeigt sich, dass diese die Radioberichterstattung am gelungensten fanden, während das Fernsehen am schlechtesten abschnitt. In seiner  Studie nennt der Autor auch Empfehlungen von Wissenschaftler*innen, wie die Corona-Pandemie ihrer Ansicht nach in den Medien angemessener behandelt werden kann.

Was ist effektiver: abstrakte oder konkrete Bilder, die den Klimawandel illustrieren? Das hat ein amerikanisches Forschungsteam um Ran Duan von der University of Nevada an einer Stichprobe von US-Amerikaner*innen getestet. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass konkrete Visualisierungen nicht unbedingt zu stärkerer Besorgnis oder veränderten Verhaltensabsichten führen. Stattdessen können diese beispielsweise bei konservativen und weniger umweltbewussten Menschen auch den gegenteiligen Effekt erzielen.