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„Wissenschaftsfreiheit ist kein Selbstläufer”

Das Wisskomm-Update gibt alle 14 Tage einen Überblick über aktuelle Themen, Debatten und Trends. Außerdem finden Sie hier aktuelle Termine und Forschungsergebnisse zur Wissenschaftskommunikation.

Was gibt’s Neues?

Forschungssicherheit zentrales Thema bei der Wissenschaftsministerkonferenz 

Die vierte Wissenschaftsministerkonferenz (WMK) hat in Berlin einen Beschluss zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit deutscher Wissenschaftsorganisationen gefasst. Hintergrund seien die zunehmenden Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit. „Die Wissenschaftsfreiheit gerät unter Druck – und das nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland“, sagte Bettina Martin, Vorsitzende der WMK. Man müsse sicherstellen, „dass die Strukturen der Wissenschaftsorganisationen resilient aufgestellt sind.“

Auch die Länderkoordinatoren betonten die gemeinsame Verantwortung: „Wissenschaftsfreiheit ist kein Selbstläufer, sondern ein Versprechen, das wir aktiv schützen und Bund und Länder gemeinsam gesellschaftlich verteidigen müssen“, so Falko Mohrs (Niedersachsen). Markus Blume (Bayern) ergänzte: „Forschung darf nicht erpressbar sein – weder durch politische Einflussnahme noch durch digitale Angriffe.“

Die Bekanntgabe knüpft an einen Beschluss aus dem Sommer an und erweitert sie um Maßnahmen zur Vertrauensbildung und zur Stärkung der Wissenschaftskommunikation. Wie es aktuell um die beschlossene Nationale Plattform für Forschungssicherheit steht, ist noch unklar. In einer Kleinen Anfrage der Linken heißt es, es gebe Uneinigkeit zwischen der Allianz der Wissenschaftsorganisationen und dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) über die Einrichtung und Ausgestaltung der Plattform. Eine solche Plattform solle vor Spionage, unerwünschtem Wissensabfluss und politischer Einflussnahme schützen. Mehr zu den sicherheitspolitischen Herausforderungen bei Wisskomm.de.  

EU will Wissenschaftsdiplomatie strategischer ausrichten

Die Europäische Union plant, Forschung und Außenpolitik enger zu verzahnen. Eine neue Rats­empfehlung soll dazu beitragen, wissenschaftliche Erkenntnisse gezielter in sicherheits- und außenpolitische Strategien einzubinden. Der Anspruch sei, europäische Forschung solle künftig stärker zur „diplomatischen Resilienz“ beitragen.

Der Friedensforscher Stefan Kroll vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik Hamburg warnt in einem Blogbeitrag jedoch vor Risiken für die Forschungsfreiheit: „Zu erwarten, dass Wissenschaftler*innen diesen Anspruch einem strategischen außenpolitischen Kalkül unterordnen sollen, ist nicht mit der wissenschaftlichen Arbeitsweise vereinbar.“ Besonders die kompetitive Wissenschaftsdiplomatie widerspreche der wissenschaftlichen Arbeitsweise.

Kroll sieht die Unabhängigkeit der Forschung gefährdet, wenn sich Wissenschaft zunehmend geopolitischen Zielen unterordnen muss. Resilienz entstehe nicht durch politische Nähe, sondern durch „institutionell und finanziell abgesicherte Unabhängigkeit und Freiheit“. 

Wie die Wissenschaft gestärkt werden sollte

Die Kommunikationsleiter*innen Sebastian Grote von der Helmholtz-Gemeinschaft und Monika Landgraf von der Fraunhofer-Gesellschaft wünschen sich konkrete Ziele und einen zeitlichen Fahrplan für die Stärkung der Wissenschaftskommunikation von der Bundesregierung. Im Wiarda-Blog schreiben sie, dass Mittel für Wissenschaftskommunikation zu breit gestreut würden: „Pflichtkommunikation nützt niemandem – sie verwässert, was eigentlich Wirkung entfalten soll.“

Die Rahmenbedingungen für Wissenschaftsjournalismus müssten verbessert werden, fordern die Autor*innen. Es brauche eine Medienlandschaft, in der Tech-Konzerne stärker für Desinformation und Hatespeech verantwortlich gemacht werden und Monopolstellungen aufgebrochen werden.

Zudem müsse die Resilienz des Wissenschaftssystems gestärkt werden. Die Rolle von Forschung in Sicherheits- und Verteidigungsfragen sollten künftig stärker in den gesellschaftlichen Dialog einbezogen werden, statt wie bisher vermieden zu werden. Grote und Landgraf schließen mit einem Aufruf zu entschlossenem Handeln gegen die Erosion der Wissenschaft: „Noch haben wir Zeit, dem entschlossen durch engagierte, faktenbasierte und lösungsorientierte Wissenschaftskommunikation entgegenzuwirken.“

Und sonst?

Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz hat den aktuellen „Gleichstellungsmonitor Wissenschaft und Forschung“ veröffentlicht. Der Frauenanteil habe sich nur minimal verbessert, bei Professuren stieg er beispielsweise von 28 Prozent auf knapp 29 Prozent.

“Gerade die, die darauf hinweisen, dass man ‘nicht mehr alles sagen’ dürfe, sagen permanent alles”, bemerkt der Jurist Andreas Voßkuhle in einem Leopoldina-Interview über den Unterschied zwischen Meinung und Wissen. 

Wenn große Sprachmodelle Forschungsergebnisse zusammenfassen, tendieren sie dazu, zu stark zu verallgemeinern. Daher raten Forschende Journalist*innen, Chatbots nicht für diese Aufgabe zu nutzen. 

Auf diese drei Punkte sollte man achten, wenn man Raubjournale identifizieren möchte, rät der Kommunikationsforscher Andreas Sieß: die Schriftart, Metadaten und die Verwendung von Whitespace. 

Und die Forschung?

Wie können Sprachbarrieren in der Gesundheitskommunikation überwunden werden? Ein Forschungsteam um Silja Mattadóttir Eklund von der Uppsala University hat mit mehrsprachigen Gesundheitsberater*innen über ihre Erfahrungen während der Coronapandemie gesprochen. Die interkulturellen Programme wurden eingeführt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Menschen, deren Muttersprache nicht Schwedisch war, einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt waren. Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig persönliche Gespräche und eine gemeinsame Sprache für die Vermittlung von Gesundheitsinformationen sind.  

Wie gelingt Partizipation im Naturschutz? Am Beispiel der Gründung des Raimona-Nationalparks in Assam in Indien zeigen Rachan Daimary von der Manipal University Jaipur und Divyajoti Brahma vom Central Institute of Technology in Kokrajha, wie Bürger*innenbeteiligung zur Konfliktlösung und zum nachhaltigen Parkmanagement beitragen kann. Die Rollen von Naturschützer*innen, Nichtregierungsorganisationen und lokalen Communities werden dabei beleuchtet.  

Wie sollten Journalist*innen über den Klimawandel berichten? Kathryn Thier von der Fairleigh Dickinson University hat in einem Experiment die Wirkung von lösungsorientierten und problemorientierten Berichten verglichen. Es zeigte sich, dass Berichterstattung, die Lösungen in den Vordergrund rückt, positive Emotionen bei den Leser*innen verstärkt. Ein Effekt auf die Unterstützung von Klimapolitik ließ sich jedoch nicht feststellen.  

Termine

📆 24. Oktober 2025 | Kamingespräch zum Thema Wissenschaftsfreiheit mit Armin Willingmann (online) | Mehr

📆 24. Oktober 2025 | Symposium „Die Fabrikation der Wahrheit“ (Karlsruhe) | Mehr

📆 6. November 2025 | BSWK: Wissenschaft im Radio (Berlin) | Mehr

📆 30. November 2025 | Ende der Ausschreibungsfrist vom Hochschulwettbewerb* im Wissenschaftsjahr 2026 – Medizin der Zukunft | Mehr 

📆 3. bis 5. Dezember 2025 | ICOM Deutschland Jahrestagung 2025: On fire! Über die Kraft der Museen (Hamburg) | Mehr

Jobs

🔉 Referent:in Wissenschaftskommunikation & Forschungsförderung (w/m/d) | NCL-Stiftung Hamburg (Bewerbungsschluss: 30.11.2025)

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