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Ein Realitätscheck für Desinformationen

Das Wisskomm-Update gibt alle 14 Tage einen Überblick über aktuelle Themen, Debatten und Trends. Außerdem finden Sie hier aktuelle Termine und Forschungsergebnisse zur Wissenschaftskommunikation.

Was gibt’s Neues?

Kein unmittelbarer Effekt von Desinformationen auf die Demokratie

Das Thema Desinformation ist allgegenwärtig. Und doch ist das Problem weniger dramatisch, als es der öffentliche Diskurs suggeriert. In einem Blogbeitrag geben Miriam Milzner und Josephine B. Schmitt einen guten Überblick über die aktuelle Forschungslage. Die Autorinnen warnen vor alarmistischer Übertreibung: Die unmittelbaren Effekte von Desinformation auf Wahlen oder zentrale demokratische Prozesse seien empirisch nur schwach belegt. Stattdessen gäbe es mögliche Effekte auf die Polarisierung und das Vertrauen der Gesellschaft. Reichweite und Wirkung von Desinformationen hingen weniger von der ursprünglichen Täuschungsabsicht ab, sondern von sozialen Mechanismen, Algorithmen und emotionalen Triggern. Studien zeigten zudem, dass die Verbreitung von Desinformationen häufig durch sehr aktive Accounts geschieht und von Personen, die sich auf dem politischen Spektrum eher rechts einordnen. 

Wie viel ist am ‘Brain-Rot’ dran?

CT-Scan eines Gehirns. Foto: Freepik

Der Wissenschaftsjournalist Theo Parker zeigt in einem Beitrag bei Übermedien, wie leicht Meldungen aus der neurowissenschaftlichen Forschung überinterpretiert oder falsch dargestellt werden. Schlagzeilen wie „Brain-Rot durch Social Media“ oder „Mehr graue Zellen durch Psychotherapie“ vermitteln den Eindruck von Evidenz, während die Originalstudien meist nur begrenzte oder gar widersprüchliche Ergebnisse liefern.

Parker erklärt, warum die Kombination aus PR, schnellen Nachrichtenformaten und bunten Bildern so verfängt. Die populärsten Ergebnisse entfalten ein Eigenleben in den Medien. Das Phänomen, dass überholte oder unbestätigte Befunde weitergetragen werden, bezeichnet er als „Zombie-Wissen“. Oft helfe ein kurzer Realitätscheck, schreibt Parker: “Bringt der Blick ins Hirn hier wirklich eine neue Erkenntnis ans Licht – oder besteht die Botschaft allein darin, dass sich dieses oder jenes nun auch im Gehirn zeigt?”

KI-Hysterie in der Kritik

In den NPJ News kritisiert der Medienwissenschaftler Stephan Weichert die Hysterie, die die Tech-Elite allerorts auslöse. Amerikanische Unternehmen würden Angst und Erlösung im Doppelpack verkaufen, während die reale Wirkung von KI auf Gesellschaft, Politik und Journalismus überzeichnet wird. Generative Systeme verschieben Machtverhältnisse, schaffen Abhängigkeiten und bedrohen journalistische Reichweite, schreibt er.

Deshalb appelliert Weichert für „KI-Resilienz“. Das sei kein technisches Können, sondern die Fähigkeit zum Zweifeln: “Sie beschreibt die Fähigkeit, inmitten der digitalen Umbrüche handlungsfähig, kritisch und menschlich zu bleiben.” Wer die Mechanismen, Grenzen und Interessen hinter den Systemen versteht, schütze nicht nur journalistische Standards, sondern auch die demokratische Öffentlichkeit. 

Auch der Forschungsdienst des europäischen Parlaments setzt sich kritisch mit Sprachmodellen auseinander und fragt: Was, wenn das Maximum der Leistungsfähigkeit schon erreicht ist? In einem kürzlich veröffentlichten Briefing-Paper stellt die Scientific Foresight Unit Überlegungen an, welche Alternativen zu generativen Modellen künftig erfolgreich sein könnten. 

Und sonst?

Tanja Brühl ist Hochschulmanagerin des Jahres geworden. Die Präsidentin der Technischen Universität Darmstadt erhielt den Preis unter anderem auch für ihre Rolle als „Vorreiterin im verantwortungsvollen Umgang mit KI“.

Der neue WissKom Award geht an die Freie Universität Berlin und das Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg für das Projekt “#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen”. 

Eine neue Ressource für die Wissenschaftskommunikation: Das Rhine-Ruhr Centre for Science Communication Research hat ein “Living Handbook of Science Communication and Science Studies” veröffentlicht, in dem Begriffe wie Peer Review erklärt werden. 

Und die Forschung?

Ob Staunen, Verblüffung, Freude oder Ehrfurcht: Gezielt oder unbewusst erzeugte Emotionen spielen in der Kommunikation von Wissenschaft eine wichtige Rolle. Trotzdem werden sie in der Forschung bisher wenig beachtet. Das Journal of Science Communication (JCOM) reagiert darauf mit einer Sonderausgabe mit sechs Beiträgen zum Thema. 

Einer von ihnen widmet sich der Frage, wie die Glaubwürdigkeit eines Sprachmodells eingeschätzt wird, das wissenschaftliche Informationen mit einfühlsamer und humorvoller Sprache vermittelt. Evelyn Jonas und Monika Taddicken von der Technischen Universität Braunschweig haben dazu zwei Studien durchgeführt. Sie zeigen, dass sich Humor negativ auf die Wahrnehmung von Glaubwürdigkeit auswirken kann. Eine einfühlsamere Ausdrucksweise wurde hingegen als vertrauenswürdiger bewertet. 

Mit Gefühlen, die der Blick in den Himmel hervorrufen kann, haben sich Joana B. V. Marques vom Institute of Astrophysics and Space Sciences in Portugal und Andrew P. Carlin von der Ulster University beschäftigt. Sie untersuchten Videomaterial, in dem Erwachsene, Jugendliche und Kinder unter der Anleitung von Astronom*innen Teleskope ausprobieren. Dabei zeigt sich, wie wichtig es ist, Emotionen mit anderen Menschen zu teilen. 

Beobachtung des Sternenhimmels mit dem Teleskop. Foto: Freepik

Wie Theaterstücke zur Auseinandersetzung mit Gesundheitsthemen anregen können, zeigen Mário Montenegro, Silvia Carballo und Francisca Moreira von der Theatergruppe Marionet in Coimbra in Portugal in einem Praxiseinblick. Darin teilen sie ihre Erfahrungen mit einer Theaterperformance, die sich mit bipolaren Störungen beschäftigt und das Publikum auf einer emotionalen Ebene ansprechen soll. 

Mehr Interviews und Beiträge zu Emotionen in der Wissenschaftskommunikation finden Sie  auf der Schwerpunkt-Seite von Wissenschaftskommunikation.de.  

Termine

📆 10. Dezember 2025 | Lunchtalk: KI & Ethik in Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation (online)* | Mehr

📆 11. Dezember 2025 | Mapping Evaluation in Public Engagement: From Idea to Structure (online) | Mehr

📆 11. Dezember 2025 | Reporting the Machines – Journalismus und die Ethik der KI (Berlin) | Mehr

📆 11. Januar 2026 | Frist für die Einreichungen zum idw-Preis für Wissenschaftskommunikation 2025 | Mehr

📆 28. Januar 2025 | Bewerbungsfrist für das WissKomm-Kolleg* | Mehr

📆 30. Januar 2026 | Frist für die Teilnahme am Multiplikator*innen-Programms der Impact Unit* | Mehr

Jobs

🔉 Online-Redakteur:in für Wissenschaftskommunikation | Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung (Bewerbungsschluss: 17.12.2025)

🔉Multimedia-Redakteur*in| Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Bewerbungsschluss: 14.12.2025)

🔉Kommunikationsmanager*in für das Projekt Wissenschaftskommunikation Energiewende*| Wissenschaft im Dialog (Bewerbungsschluss: 10.12.2025)

🔉Outreach Manager:in| Friedrich-Schiller-Universität Jena (Bewerbungsschluss: 9.12.2025)

🔉Referent:in für PR und Wissenschaftskommunikation| Universität Tübingen – Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung (Bewerbungsschluss: 10.12.2025)

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