Das Wisskomm-Update gibt alle 14 Tage einen Überblick über aktuelle Themen, Debatten und Trends. Außerdem finden Sie hier aktuelle Termine und Forschungsergebnisse zur Wissenschaftskommunikation.
So stellt sich die neue Forschungsspitze auf
Das Who is Who in der Forschungspolitik
Nach der Regierungsbildung hat sich die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) personell neu aufgestellt. Den Vorsitz übernimmt der niedersächsische Wissenschafts- und Kulturminister Falko Mohrs (SPD). Er tritt die Nachfolge von Markus Blume (CSU) an, dem bayerischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst. Zur stellvertretenden Vorsitzenden wurde Dorothee Bär (CSU) ernannt, die seit Kurzem Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt ist. Sie teilte am Dienstag mit, dass das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (FP10) ab 2028 eigenständig bleiben werde. Laut Bär sei die Ankündigung von der Leyens für Deutschland wichtig: „Damit Forschung und Innovation auch auf EU-Ebene die Bedeutung haben, die sie verdienen.“ Auch im Bundestag kommt es zu Veränderungen in Sachen Forschung: Karl Lauterbach (SPD), zuvor Bundesgesundheitsminister, übernimmt künftig den Vorsitz des Forschungsausschusses (früher der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung). Er löst Kai Gehring (Grüne) in dieser Funktion ab.
Rechtsstreit um wissenschaftsjournalistische Recherche
Die Firma “More Nutrition” steht seit einiger Zeit immer wieder in der Kritik. Eine Recherche der freien Wissenschaftsjournalistin Sanaz Saleh-Ebrahimi für Zeit Online nahm den Süßstoff Sucralose unter die Lupe. Der Süßstoff wird in einigen Nahrungsergänzungsprodukten von More Nutrition verwendet. Sucralose steht unter dem Verdacht, krebserregend zu wirken, wenn es zum Beispiel beim Backen erhitzt wird. Nach der Veröffentlichung ihrer Recherche folgten Videos des Co-Gründers von “More Nutrition”, Christian Wolf, in denen er Falschinformationen über die Journalistin teilte. Nun schildert Saleh-Ebrahimi ihre Erfahrungen im Fachmagazin Journalist: “Für freie Journalist*innen und kritischen Wissenschaftsjournalismus, insbesondere in den sozialen Medien, ist nichts wichtiger als die Reputation. Ich empfinde jedes neue Video von Christian Wolf als Versuch, meine Reputation zu zerstören.” Saleh-Ebrahimi befürchtet, dass sich Journalist*innen künftig zu bestimmten Firmen oder Menschen nicht mehr kritisch äußern würden.
Ein Whistleblower über Kernfusion
Nehmen Interessenkonflikte in der Wissenschaftskommunikation zu? Dies ist die Vermutung, die Michel Claessens in einem Kommentar in Public Understanding of Science äußert. Er berichtet von seiner Erfahrung als Whistleblower des ITER-Projekts (International Thermonuclear Experimental Reactor) und, dass die Kommunikation über die Kernfusion als sichere und „saubere” Ressource politisch motiviert gewesen sei. Er wirft dem Projekt, dessen Sprecher er war, vor, Lobbyarbeit für Kernfusion zu betreiben. Claessens befürchtet, dass Interessenkonflikte in der Kommunikation in Zukunft zunehmen werden. Universitäten würden zunehmend Kommunikator*innen mit PR-Expertise einstellen. Zudem würden Kommunikationsabteilungen immer stärker in die institutionelle Leitung eingebunden. Zuletzt beobachtete er, dass Universitäten und Forschungsinstitute sich in einem „Wettrüsten“ um Studierende, Angestellte und Förderung befinden, was sich in der Kommunikation widerspiegelt. Im Interview mit „Public Understanding of Science” sagt Claessens: „Die Forderungen des Hochschulmanagements können eine Reihe unterschiedlicher Motivationen beinhalten. Diese reichen von guten beruflichen Praktiken über die Bereitschaft zur Kontrolle bis hin zur ‚Politur der Wahrheit‘ oder gar Zensur.“
Handlungsempfehlungen für KI in der Wisskomm
Im Rahmen der Factory Wisskomm Convention hat die Taskforce KI ihre Handlungsempfehlungen sowie eine Best-Practice-Sammlung veröffentlicht. Die Taskforce sieht Potenziale generativer KI für die Wissenschaftskommunikation, insbesondere in Bezug auf die Wirkungsmessung, die Themenaufbereitung, die Zielgruppenanpassung, die Zielreflexion, die stilistische Konsistenz und die Anpassung für verschiedene Medien. In dem Papier wird eine verantwortungsvolle Handhabung sowie die Bedeutung von Transparenz betont. Die Taskforce empfiehlt die Entwicklung einer klaren KI-Policy. In der Best-Practice-Sammlung verweisen die Autor*innen auf erfolgreiche Projekte wie „Better Images of AI”, „Debunkbot” und die Anwendung „Paper Summary”.
Und die Forschung?
In der Wissenschaftskommunikation geht es meistens um Menschen – aber was ist mit Pflanzen, Bakterien oder künstlichen Intelligenzen? Die aktuelle Sonderausgabe des Journals Frontiers in Communication widmet sich der Kommunikation mit dem Nicht-Menschlichen und neuen visuellen Ausdrucksweisen. In der Biokunst etwa wird mit biotechnologischer Methoden Kunst geschaffen und dabei auch mit lebenden Organismen gearbeitet. Auch künstliche Intelligenz ist ein nicht-menschlicher Akteur, der immer präsenter wird. Marija Griniuk von der Vilnius Academy of Arts beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit dem Wandel von KI von einem passiven Werkzeug zu aktiven, kreativen Assistent*innen. Takumi Saeki, Nobuhiro Masuda und Kazuhiro Jo von der Kyushu University in Japan beschäftigen sich mit biokünstlerischen Arbeiten rund um leuchtende Bakterien und digitalen Siebdruck. Heidi Pietarinen und Amna Qureshi von der University of Lapland setzen sich in ihrem Beitrag mit traditioneller künstlerischer Verwendung von Rentierblut auseinander.
ChatGPT wird als Gesprächspartner*in immer beliebter Aber wie sehr vertrauen wir dem Chatbot – beispielsweise bei der Suche nach Informationen zu Gesundheitsthemen? Selina A. Beckmann und Elena Link von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz haben zusammen mit Marko Bachl von der Freien Universität Berlin untersucht, wie Menschen in Deutschland KI-generierte Informationen zur Grippeimpfung im Vergleich zu Informationen von menschlichen Expert*innen bewerten. Die Qualität der menschlichen Argumentation wurde dabei generell höher bewertet. Besonders dann, wenn offengelegt wurde, ob es sich um Expert*innen oder KI-generierte Informationen handelte.
Termine
📆 28. Mai 2025 | Call for Proposals: „Gemeinsam forschen – Impulse aus Citizen Science, partizipativer und transdisziplinärer Forschung” | Mehr
📆 3. Juni 2025 | Call for Proposals: Citizen Science bridging Centre and Periphery | Mehr
📆 4. Juni 2025 | Bewerbung als Expert*in für die Themenrunde KI bei I’m a Scientist* | Mehr
Jobs
🔉 Scientific Writer (m/w/d) | Cochrane Deutschland Stiftung (Bewerbungsschluss: ab sofort)
🔉 Wissenschaftsredakteur*in mit Schwerpunkt Multimedia – Hochschulkommunikation | Universität Greifswald (Bewerbungsschluss:1. Juni 2025)
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Fundstück
Der Cartoon-Zeichner Tom Gauld hat ein paar Schreibtipps. Wer hätte gedacht, dass in der Datensammlung so viel Poesie steckt?
