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So steht es um das Medienvertrauen in Deutschland

Das Wisskomm-Update gibt alle 14 Tage einen Überblick über aktuelle Themen, Debatten und Trends. Außerdem finden Sie hier aktuelle Termine und Forschungsergebnisse zur Wissenschaftskommunikation.

Was gibt’s Neues?

Wissenschaft bleibt vertrauenswürdigste Institution

Abgebildet sind die Befragten, die den Institutionen mindestens „überwiegend“ vertrauen. Bild: Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen

Die aktuelle, zehnte Welle der Mainzer Langzeitstudie „Medienvertrauen” zeigt: Das Vertrauen der Deutschen in zentrale gesellschaftliche Institutionen ist weitgehend stabil geblieben, auch im Medienbereich. Auffällig dabei ist, dass die Wissenschaft an der Spitze der vertrauenswürdigsten Institutionen steht. 72 Prozent der Befragten gaben an, der Wissenschaft zu vertrauen. Das ist deutlich mehr als der Anteil, der der Justiz (63 Prozent), Medien (47 Prozent), Politik (19 Prozent) oder Kirchen (14 Prozent) vertraut. Zwar verzeichnet der öffentlich-rechtliche Rundfunk den niedrigsten Wert seit Beginn der Erhebung, er bleibt aber der vertrauenswürdigste Anbieter. Die Forschenden betonen: Eine Vertrauenskrise wie in Frankreich oder den USA ist in Deutschland empirisch nicht festzustellen. Was sich jedoch abzeichnet, ist eine Krise der medialen Reichweite und der ökonomischen Wertschätzung, jedoch kein umfassender gesellschaftlicher Vertrauensverlust.

Exzellenzstrategie: Viel Glanz für wenig Geld?

Wie viel ist „viel“? David Kaldewey erinnert im Zuge der Exzellenzberichterstattung an den nötigen Maßstab: „Das Haushaltsvolumen aller deutschen Hochschulen betrug im Jahr 2023 laut Statistischem Bundesamt 75,2 Milliarden Euro. Die darin enthaltenen 533 Millionen Euro Exzellenzförderung entsprächen gerade mal 0,7 Prozent der Ausgaben für Hochschulen in Deutschland. Auch an den Exzellenzuniversitäten selbst werde, so Kaldewey, meist ohne ExStra-Geld geforscht und gelehrt. Weiterhin kritisiert er: Der Sanierungsstau im Hochschulbau liege bei „mindestens” 74 Milliarden Euro. Eine entsprechende „Hochschulbaustrategie“ würde pro Jahr über fünf Milliarden kosten, also das Zehnfache der Exzellenzstrategie. Kaldeweys Fazit lautet: „Die Attraktivität der ExStra liegt auch darin, dass man mit relativ wenig Geld viel Glanz erzeugt“, während vielerorts nicht einmal die Infrastruktur gesichert ist. Auch Jan-Martin Wiarda bemerkt: “Nicht die Exzellenzstrategie sollte das Kernthema unserer wissenschaftspolitischen Debatten sein. Sondern ihre Einfassung in ein chronisch unterfinanziertes Gesamtsystem.”

Die Arche Noah als Fallstudie für Medienversagen

Im Frühjahr 2025 kursierte erneut die Behauptung, die Arche Noah sei in der Osttürkei entdeckt worden. Ausgangspunkt war eine Mitteilung der Gruppe „Noah’s Ark Scans“. Die Behauptung verbreitete sich rasch international und wurde unter anderem in der Sun, der Daily Mail, dem Dagbladet und der BILD aufgegriffen. Der Archäologe Rainer Schreg ordnete diese Meldung in einem Blogbeitrag als Beispiel für Pseudowissenschaft ein. Besonders kritisch bewertete er die mediale Rezeption. Zahlreiche Beiträge seien entweder völlig unkritisch oder lediglich vorsichtig distanziert und trügen so zur „Erosion der Wissenschaft” bei. Schreg bemängelt, dass es den Journalist*innen an Medienkompetenz und Wissenschaftsverständnis fehle. Positiv hebt er einige spätere Beiträge – etwa auf tagesschau.de oder im BR-Podcast – hervor. Diese nutzten den medialen Hype, um seriös über Mythen und archäologische Forschung zu informieren. Laut Schreg kommen diese Beiträge jedoch zu spät, um die Wirkung pseudowissenschaftlicher Narrative vollständig auszugleichen.

Warum „sinnlose“ Grundlagenforschung wichtig ist

In ihrem neuen Buch „The Salmon Cannon and the Levitating Frog“ zeigt die Tierphysiologin Carly Anne York, warum die Frage „Was bringt Ihre Studie?“ für viele Forschende schwer zu beantworten ist. York erzählt, wie gerade die scheinbar „sinnlose“ Grundlagenforschung oft zu bedeutenden Durchbrüchen führt. Ein Beispiel ist die Entdeckung des Grünen Fluoreszenzproteins, das heute in Medizin und Biologie unverzichtbar ist und 2008 mit einem Nobelpreis gewürdigt wurde. York betont, dass das Ziel von Grundlagenforschung nicht immer eine direkte Anwendung ist, sondern das Verständnis der Natur. Für Wissenschaftler*innen bietet das Buch eine wertvolle Perspektive und Argumentationshilfe, um die Bedeutung neugiergetriebener Forschung auch in Zeiten knapper Mittel zu verdeutlichen.

Und die Forschung?

…heute mit Tipps aus der Forschung zur Gesundheitskommunikation

In diesem Feld ist eine besonders sensible Wortwahl geboten. Brittany Acors von den National Institutes of Health warnt in einem Kommentar davor, die Metapher des „Monsters“ zu verwenden, wenn es um Viren geht. Es bestehe die Gefahr, dass die dadurch ausgelöste Angst den erhofften Nutzen überwiege. Anhand von historischen Beispielen und einer bioethischen Argumentation zeigt sie, dass die Angst vor einer Infektion sich leicht zu einer Angst vor Infizierten entwickeln kann

Inwiefern gehen nationale Ernährungsrichtlinien auf kulturelle Besonderheiten ein

Imke Helmus und Tina Bartelmeß von der Universität Bayreuth haben am Beispiel von Deutschland und Brasilien untersucht, wie Kommunikationsmaterialien an politische Entscheidungsträger*innen und die breite Öffentlichkeit gestaltet werden. Die Forscherinnen kommen zu dem Schluss, dass die brasilianischen Ernährungsrichtlinien eine komplexere und kultursensiblere Argumentationsstruktur als die deutschen aufweisen. Sie enthielten unter anderem kulturell verwurzelte Beispiele. In Deutschland hingegen werde eher die wissenschaftliche Autorität betont. 

Widersprüchliche Narrative über “die Pille”

Wie wurde die Öffentlichkeit in den 1960er-Jahren über die damals neu zugelassene Pille zur Empfängnisverhütung informiert? Ein Forschungsteam um Robin E. Jensen von der University of Utah hat die frühe Berichterstattung in der New York Times untersucht. Dabei zeigten sich unterschiedliche, teils widersprüchliche Erzählungen, die unter anderem die Unvorhersehbarkeit der Pille, deren Komplexität und ihre Bedeutung für den wissenschaftlichen Fortschritt betonen. Die Berichterstattung war eher nicht an Lai*innen gerichtet und bezog selten Perspektiven von Frauen ein

Termine

📆 5. Juni 2025 | Berliner Stammtisch Wissenschaftskommunikation zum Thema Parks, Gärten, Stadtnatur (Golgatha-Biergarten am Kreuzberg) | Mehr

📆 12. Juni 2025 | Panel: Citizen Engagement in Knowledge Valorisation (Online) | Mehr

📆 20. Juni 2025 | Brilliant Poetry Competition (Online) | Mehr

📆 18. Juni 2025 | OEAD Fortbildungsreihe: Künstliche Intelligenz in der Wissenschaftskommunikation – Gute Texte auf Knopfdruck? (Online) | Mehr 

📆 18. Juni 2025 | INSIGHTS Summit – Wirtschaftswissenschaft kommunizieren (Berlin) | Mehr

📆 23. Juni 2025 | Neue Termine für die CZS STEM Impact School* (Berlin, Stuttgart & Online) | Mehr

📆 3. bis 6. Juli 2025 | Festival der Zukunft (München) | Mehr

📆 9. bis 11. Juli 2025 | Fachtagungsreihe Inter.Aktion: Komplexes für alle zugänglich machen (Experimenta Heilbronn) | Mehr

📆 20. bis 22. Oktober 2025 | Autumn School: Technik und Innovation kommunizieren* (München) | Mehr

Jobs

🔉 Referent*in Kommunikation und Transfer (m/w/d) | Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE (Bewerbungsschluss: 20. Juni 2025)

🔉 Scientific Writer (m/w/d) | Cochrane Deutschland Stiftung (Kein Bewerbungsschluss)

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Fundstück

Bei LinkedIn teilt Sanja Ketterer Tipps für Titel, “die immer funktionieren”. Ausprobieren könnte man zum Beispiel überraschende Zahlen, Kontraste, Fragen oder einen szenischen Einstieg. 

Sanja Ketterer empfiehlt Grundrezepte für gute Überschriften. Eine Methode: ungewöhnliche Kontraste. Bild: Sanja Ketterer via LinkedIn

* Wissenschaft im Dialog (WiD) ist einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.