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Schokohase als Aufhänger? Journalismus auf TikTok

Das Wisskomm-Update gibt alle 14 Tage einen Überblick über aktuelle Themen, Debatten und Trends. Außerdem finden Sie hier aktuelle Termine und Forschungsergebnisse zur Wissenschaftskommunikation.

Was gibt’s Neues

Positionspapier von Netzwerk Recherche

Das Netzwerk Recherche hat ein Positionspapier veröffentlicht, das die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz für die journalistische Arbeit beleuchtet. KI könne Recherchen beschleunigen und „bisher verborgene Strukturen sichtbar machen“, stelle aber zugleich „bewährte journalistische Kontrollmechanismen auf die Probe“. Journalist*innen sollten daher verstehen, wie verschiedene Systeme funktionieren und wo ihre Grenzen liegen. Redaktionen seien gefordert, dafür Zeit und Ressourcen bereitzustellen. Ebenso plädiert das Papier für Transparenz: Wenn Inhalte wesentlich durch KI geprägt sind, sollten sie auch als solche gekennzeichnet werden. Zugleich gelte es, KI-generierte Inhalte zuverlässig zu erkennen und Manipulationen aufzudecken. 

Der Umgang mit sensiblen Daten sei mit einer besonderen Verantwortung verbunden, da diese nicht in externe Systeme eingespeist werden dürfen. Wo nötig, wird empfohlen, auf lokale oder transparente Modelle zurückzugreifen. KI solle außerdem selbst Gegenstand kritischer Recherche und Aufklärung sein, um Chancen und Risiken verständlich zu vermitteln. Schließlich mahnt Netzwerk Recherche, die neuen Leitplanken des EU AI Act in Redaktionen zu verankern und ein Umfeld zu schaffen, in dem Journalist*innen sicher mit KI experimentieren können. Das Ziel besteht darin, die Technologie „kritisch, kompetent und gemeinschaftlich“ zu gestalten.

TikTok: “Klima ist kein Algorithmus-Booster”

Leonie Sontheimer, freie Journalistin und Mitgründerin des Netzwerks Klimajournalismus, berichtet bei Journalist.de von sechs Monaten als „TikTok-Talent“ bei funk. Ihr Fazit: Klima sei kein Algorithmus-Booster. Es brauche kreative Hooks, Tempo und Mut zur Zuspitzung. „Journalismus auf TikTok heißt verkürzen – das habe ich in den vergangenen Monaten schmerzhaft gelernt.“ Gleichzeitig sei die Balance entscheidend: „Wie kann man komplexe Zusammenhänge vereinfachen, ohne, dass sie falsch werden?“

Sontheimer beschreibt, wie visuelle Aufhänger – etwa ein schmelzender Schokohase – helfen, Aufmerksamkeit zu binden, während die Botschaft transportiert wird. Doch Klima-Content performt schwächer als andere Themen. Ihr Rezept: „Visueller Hook + lebensnah erzählen + positives Framing.“ Trotzdem bewertet sie ihr Format “thisisfine” als mäßig erfolgreich: “In sechs Monaten habe ich 220.000 Nutzer*innen erreicht, der größte Anteil war unter 24 Jahre alt, fast die Hälfte weiblich. Das ist okay, aber auch nicht besonders erfolgreich. Thisisfine geht nicht in die Verlängerung.”

Bluesky gewinnt an Bedeutung für die Wissenschaftscommunity

Laut Forschung & Lehre und ArsTechnica wenden sich immer mehr Wissenschaftler*innen von X ab. Spam, extremistische Inhalte und toxische Debatten hätten die Plattform für viele unbrauchbar gemacht. Bluesky sei zur zentralen Alternative geworden. Studien und Umfragen zeigten, dass wissenschaftliche Inhalte dort häufiger geteilt, kommentiert und ernsthaft diskutiert werden. Besonders deutlich wird der Unterschied im Erfahrungsbericht des Meeresbiologen David Shiffman: „Wenn ich auf Bluesky über Fische spreche, stellen mir die Leute Fragen zu Fischen. Wenn ich auf X über Fische spreche, droht man meiner Familie mit Mord, weil wir jüdisch sind.“ Bluesky beherberge inzwischen eine lebendige Online-Wissenschaftscommunity, während X diesen Stellenwert weitgehend verloren habe.

Und die Forschung?

Hat das Geschlecht von Wissenschaftler*innen einen Einfluss darauf, wie häufig über ihre Forschung berichtet wird? Ein Team um Salsabil Arabi von der University of Wisconsin–Madison hat diese Frage anhand von einer Million wissenschaftlicher Artikel untersucht. Ihre Studie zeigt: In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, werden mehr Veröffentlichungen von weiblichen Autorinnen in Medienberichten zitiert. In allen anderen Bereichen werden Artikel von Wissenschaftlerinnen jedoch weniger zitiert. Von Männern verfasste Beiträge werden in der Berichterstattung häufiger mit positiven Emotionen verbunden, von Frauen verfasste eher mit negativen. 

Wie kann Wissenschaft das Interesse der Medien wecken? Insbesondere in Regionen, in denen es kaum professionellen Wissenschaftsjournalismus gibt? Yin-Yueh Lo von der Shih Hsin University in Taiwan hat mit 67 PR-Beauftragten von Wissenschaftsorganisationen über ihre beruflichen Rollen und Kommunikationsstrategien gesprochen. Die PR-Beauftragten erkennen zwar die Bedeutung von Wissenschaftskommunikation, aber schätzten das Interesse der Medien an Forschung als gering ein. Laut der Autorin führt dies möglicherweise zu einem sich selbst verstärkenden Kreislauf: Weil sich die Medien augenscheinlich nicht dafür interessieren, sinken die Bemühungen, wissenschaftliche Ergebnisse zu kommunizieren.  

Und wie findet Forschung ihren Weg in die Politik? Iván Claudio Suazo-Galdames und Alain Manuel Chaple-Gil von der Universidad Autónoma de Chile haben mit Mahia Saracostti von der Universidad de Chile Forschungsergebnisse zur Berücksichtigung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in politischer Entscheidungsfindung zusammengefasst. Zwar nehme die Unterstützung evidenzbasierter Politikgestaltung zu, es gebe aber immer noch Hindernisse: institutionelle Barrieren, politischen Widerstand und zu wenig Austausch zwischen Wissenschaft und Politik

Termine

📆 16. September 2025 | KI-Forum 2025 – KI in Forschung und Lehre an Hochschulen (Hochschule Hannover, Campus Linden & online) | Mehr

📆 9. Oktober 2025 | Hochschul- und Wissenschaftskommunikation zwischen Strategie und Krisenmodus: Die Rolle der Hochschulleitung | Mehr

📆 10. Oktober 2025 | MediaCon Tagung Wissenschaftskommunikation: Brücken zur akademischen Welt (Lissabon) | Mehr

📆 15. Oktober 2025 | Wissen und Macht – Wissenschaft in Politik und Gesellschaft (Heidelberg) | Mehr

Jobs

🔉 Science Communication and Public Relations Officer | Eberhard Karls Universität Tübingen (Bewerbungsschluss: 15.09.2025)

🔉 Koordinator:in des Public Hub | Friedrich-Schiller-Universität Jena (Bewerbungsschluss: 15.09.2025)

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Fundstück

Über welche Themen werden die meisten Pressemitteilungen geschrieben? Die Statistik zu den Sachgebieten in den idw-Pressemitteilungen zeigt: Medizin bleibt mit etwa 24 Prozent das führende Sachgebiet. Auch Biologie, Gesellschaft und Informationstechnik sowie Wirtschaft sind häufig vertreten.

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