Foto: Maren Grüber, Wissenschaft im Dialog

Unser Wissenschaftscomic – mit Fakten und Fantasie in Richtung Zukunft

Jüngst im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2016*17 erschienen ist der Wissenschaftscomic „Geschichten aus der Zukunft – Meere & Ozeane“ von Veronika Mischitz und Philipp Schrögel. Wir haben nachgefragt und wollten wissen, wie der Comic entstand und welche besonderen Möglichkeiten sich durch Comics für die Wissenschaftskommunikation eröffnen.

In Wissenschaftscomics treffen zwei Welten aufeinander, die lange Zeit nicht zusammengehörten. Dabei passen beide wunderbar zusammen, weil sie so komplementär sind: Die eine Seite faktenbasiert und objektiv, die andere Seite fantasievoll und unterhaltsam. Zusammengemixt wird daraus ein informatives Medium mit Unterhaltungspotenzial – der Wissenschaftscomic.

Im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane hat Wissenschaft im Dialog mit dem Wissenschaftskommunikator Philipp Schrögel und der Comiczeichnerin Veronika Mischitz Schülerworkshops durchgeführt. Dort wurden gemeinsam Visionen für die Zukunft der Meere und Ozeane gesammelt und diese in Comicform verpackt. Entstanden sind die „Geschichten aus der Zukunft 2017“, die online, aber auch als gedrucktes Heft erschienen sind. Es ist inzwischen der zweite Comic, der im Rahmen der Workshopreihe erschienen ist.

Doch warum sind Comics für die Wissenschaftskommunikation überhaupt so interessant? Wie sind die Beteiligten darauf gekommen?

Wissenschaft im Dialog: Die Schülerworkshops aus der Reihe „Geschichten aus der Zukunft“ fanden an Bord des Ausstellungsschiffs MS Wissenschaft statt. Jedes Jahr überlegen wir von neuem, welches maximal dreistündige Workshopformat sich eignet, um die Inhalte der Ausstellung interessant und abwechslungsreich zu vermitteln. Wir wollen die Schülerinnen und Schüler motivieren, sich mit den Ausstellungsinhalten auseinanderzusetzen. Schnell war die Idee eines Zukunftsworkshops geboren, in dem Visionen für die Meere und Ozeane entwickelt werden sollten. Wir brauchten nur noch ein Medium, das sich dafür eignet und die junge Zielgruppe anspricht.

Philipp Schrögel: Dabei sind wir dann auf Comics gekommen, die sich aus unserer Sicht ideal dafür eignen. Wie das weite Repertoire an Science-Fiction-Comics zeigt, passt die Zukunftsausrichtung des Workshops gut zu Comics. Aber noch mehr als das: Die Verknüpfung von Fakten und Fantasie, von kreativen Science-Fiction-Geschichten und ernsthaftem Nachdenken über Zukünftiges, ist auch eine etablierte Methode in der Zukunftsforschung. Das kann man beispielsweise im Arbeitspapier „Foresight – Between Science and Fiction“ nachlesen. Und mehr noch: Die Verarbeitung in Geschichten und Comics ermöglicht es, nicht nur vereinzelte wissenschaftliche oder technische Entwicklungen zu thematisieren, sondern umfassende Szenarien zu entwerfen, die auch gesellschaftliche und ethische Fragen aufgreifen.

Veronika Mischitz: Der Workshop „Geschichten aus der Zukunft“ hat gezeigt, dass die Idee auch mit Kindern und Jugendlichen gut funktioniert. Klar sind unsere Gedankenexperimente zum Thema Zukunftsvisionen anspruchsvoll, aber irgendwie ist es ja auch „nur“ ein Comic. Die Berührungsängste sind da erfahrungsgemäß nicht so groß und es macht letztlich den meisten Spaß. Wenn die Widerstände und Erwartungen des Alltags fallen, dann hat am Ende eines Workshopvormittags jeder eine Geschichte gefunden, die erzählt werden will. Denn eigentlich steckt in jedem von uns ein Geschichtenerzähler.

Wissenschaft im Dialog: Aus der Sicht der Wissenschaftskommunikation ist der Comic ein ideales veranstaltungsbegleitendes Medium. Wir haben oft das Problem, dass von Veranstaltungen bis auf ein paar Fotos und Videos kaum etwas übrig bleibt, das noch Wochen später gerne angeschaut oder gelesen wird. Der Wissenschaftscomic ist für die Teilnehmenden nicht nur eine unterhaltsame Zusammenfassung und Erinnerungsstütze, sondern ist auch für Leute spannend, die nicht bei der Veranstaltung dabei waren. So kann der Comic sehr gut über den eigentlichen Teilnehmendenkreis hinaus in gedruckter Form oder digital verbreitet werden.

Veronika Mischitz: Das Schöne an Comics ist, dass ich viele Dinge nicht umständlich einführen oder erklären muss. Ich kann sie stattdessen visuell aufarbeiten. Die Information steckt im Bild und wird im Idealfall durch den Text ergänzt oder präzisiert. Jeder Leser kann so seinem Vorwissen entsprechend, die passende, „verdauliche“ Information herausziehen. Ein guter Wissenschaftscomic kann also Laien und Fachleute gleichermaßen ansprechen.

Philipp Schrögel: Die Verbindung von Comics und Wissenschaft sind aus Forschungsperspektive kein völlig neues Thema: Schon 1949 wurde im „Journal for Educational Sociology“ über den pädagogischen Gehalt von Comics und auch den konkreten Einsatz im Klassenzimmer diskutiert. Damals hat einer der Lehrer sogar geschrieben, dass Comics das Lernen zu einfach machen würden. Mittlerweile gibt es verschiedenste Projekte mit Comics in der Schule und entsprechendes Vorbereitungsmaterial für Lehrerinnen und Lehrer. Bisherige Studien zeigen, dass Comics im Ergebnis nicht mehr oder weniger Wissen vermitteln als klassische Schulbücher, aber den Vorteil einer höheren Motivation zur Auseinandersetzung mit dem Thema bringen und die Einstellungen zur Beschäftigung mit Wissenschaft verbessern.

Veronika Mischitz: Genau. Die emotionale Ebene spielt im Comic eine wichtige Rolle. Wenn ich es schaffe, wissenschaftliche Informationen über Emotionen und Humor zu verankern, dann habe ich mir einen Weg zur nachhaltigen Wissensvermittlung erschlossen. Hier kann ich die Leichtigkeit und Offenheit nutzen, die mir das Medium Comic bietet. Als wissenschaftlich ausgerichtete Organisation sollte man in der Kommunikation natürlich nicht allein auf Comics setzen. Es wäre allerdings verschenktes Potenzial, den Comic als Medium zu ignorieren.

Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.