Foto: Skitterphoto, CC0

Tagung #wowk17 – Wissenschaftsjournalisten als Vermittler auf Abruf

Können die Medien noch bei der Einschätzung wissenschaftlicher Ergebnisse helfen – und so das Vertrauen in die Wissenschaft stärken? Sie haben schließlich selbst mit einer Krise zu kämpfen. Aber es gibt auch hoffnungsvolle Projekte. Annette Leßmöllmann, Leiterin der Abteilung Wissenschaftskommunikation am Karlsruher Institut für Technologie, moderierte die Diskussion in der Arbeitsgruppe zur Rolle der Medien.

„Wenn man sich mit Medienökonomen unterhält“, sagt Holger Wormer, „dann braucht man hinterher einen Schnaps.“ Es ist nicht genug, dass die traditionellen Medien seit Jahrzehnten unter Druck stehen: Die deutschen Tageszeitungen haben zwischen 1991 und 2016 fast die Hälfte ihrer Auflage eingebüßt, fasst der Professor für Wissenschaftsjournalismus von der Technischen Universität Dortmund zusammen. Er hält den Impulsvortrag in der Arbeitsgruppe  zum Thema „Einfluss der Medien“ bei der Tagung „Wissenschaft braucht Gesellschaft“ in Hannover.

Die Medienökonomen sagen weitere Einschnitte – und auch die Schließung von Redaktionen – voraus, weil die Geschäftsmodelle nicht mehr funktionieren. Das muss man erst einmal verdauen. Und Wormer fügt noch seine eigene Kritik hinzu: „Wissenschaft und Journalismus haben aus Arroganz versäumt zu erklären, warum sie vertrauenswürdiger sind als das, was man auf Facebook liest.“ Dabei sei dieses Erklären vor allem für ein Publikum wichtig, das nicht selbst beurteilen kann, ob eine Quelle zuverlässig ist. An den Schulen werde noch zu wenig Medienkompetenz unterrichtet – eine Kritik, die auch in einer Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften geäußert wurde. „Die Digital Natives verdienen ihren Namen nicht“, klagt Wormer, denn sie hätten Schwierigkeiten, Google sinnvoll zu nutzen.

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Neue Projekte abseits der großen Verlage

Kann man da noch den Optimismus bewahren? Drei Dutzend Teilnehmer einer Tagung der Volkswagen-Stiftung zur Vertrauenskrise der Wissenschaft haben es in einem Workshop versucht. Zwei junge Projekte eröffnen zum Beispiel neue Wege. Christian Schwägerl stellt das Onlineportal Riffreporter vor, das vor allem ein Angebot für freie Journalisten sein soll: „Wir stellen eine Infrastruktur zur Verfügung, damit man mit einer guten Idee gleich loslegen kann.“ Freie Journalisten seien für innovative Projekte besonders geeignet, wirbt Schwägerl: Sie bleiben an Themen dran, wenn die Medienkarawane schon weitergezogen ist, und sie denken zudem unternehmerisch.

Volker Stollorz präsentiert wiederum das Science Media Center, das Journalisten mit Einschätzungen und Fact Sheets unter die Arme greift, wenn wissenschaftliche Studien Schlagzeilen machen. Vor einigen Tagen hat sich die Einrichtung selbst bewiesen, dass ihr Angebot auf Interesse stößt: Ihre vier Expertenstatements zum dramatischen Rückgang der Insekten wurden in 206 Medien aufgegriffen. Eine Wissenschaftlerin schaffte es sogar in die Tagesschau.

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Aber Volker Stollorz zitiert auch eine neue Umfrage des US-amerikanischen Pew Research Centers: Mehr als 1.000 Experten antworteten auf die Frage, ob es in zehn Jahren Methoden geben wird, um die Ausbreitung von Falschinformationen einzudämmen. Die nicht-repräsentative Umfrage ging 50 zu 50 aus – auch hier halten sich Sorgen und Hoffnungen die Waage. Stollorz fordert mehr Experimentierfreude in diesen unsicheren Zeiten und mehr Kooperationen zwischen Journalismus und Wissenschaft, um die Angriffe auf demokratische Institutionen abzuwehren. Doch in der Diskussion sind auch kritische Stimmen zu „den Medien“ zu hören, wie es oft pauschalisierend heißt. Die Moderatorin Annette Leßmöllmann vom Karlsruher Institut für Technologie zieht als Fazit: „Journalisten müssen sich immer wieder aufs Neue fragen, für wen sie arbeiten und ob sie ihren Auftrag erfüllen.“

Alexander Mäder ist Mitglied der Genossenschaft der Riffreporter.

Alle Beiträge zu #wowk17, der Tagung „Wissenschaft braucht Gesellschaft“ der Volkswagen-Stiftung, 25.–26.10.2017: