Foto: WZ-Bonn-Lichtenscheidt, CC BY-NC-ND 3.0

So schön kann Wissenschaft sein – eine Ausstellung mit Bildern aus der Forschung

Mit der Bilderausstellung „Innere Welten – Zellen in Bewegung von mikro bis makro“ machte der Exzellenzcluster „Cells in Motion“ der Universität Münster seine Forschung der Öffentlichkeit zugänglich. Nicht nur die Besucher zogen neues Wissen aus dem Projekt – auch die beteiligten Wissenschaftler.

Die Idee der Ausstellung

Bilder helfen zu verstehen – das wissen die Forscherinnen und Forscher unseres Exzellenzclusters aus ihrer täglichen Arbeit sehr genau. Denn sie entwickeln und nutzen bildgebende Verfahren, um zu untersuchen, wie sich Zellen im Körper verhalten. Mit Mikroskopen und Tomographen entstehen Aufnahmen, die Einblicke in das Innere von Zellen und Organismen ermöglichen. Diese Bilder helfen aber nicht nur zu verstehen, sie sind auch oft farbenfroh und sehr schön anzusehen. Mit solchen Bildern wollten wir die Öffentlichkeit neugierig auf Forschung machen – und Türen öffnen, um Wissen zu vermitteln.

Auf diesem Mikroskopie-Bild sehen die Besucherinnen einen zwölf Stunden alten Zebrafisch. Ein Lockstoff (grün) leitet bestimmten Zellen (rosa) den Weg zu ihrem Bestimmungsort. Foto: Peter Grewer

Wir riefen unsere Forscher zu einem Bilderwettbewerb auf. Eine Jury aus Wissenschaftlern und unserem Kommunikationsteam wählte aus 75 eingereichten Bildern 27 aus. Die Kriterien: Ästhetik, das Potenzial, anhand der Bilder Aspekte aus der Forschung verständlich zu machen, und eine Vielfalt der Forschungsthemen. Unser Kommunikationsteam erarbeitete in Abstimmung mit den Wettbewerbsteilnehmern zu jedem Bild einen kurzen Text auf Deutsch und Englisch. Darin beantworteten wir die Fragen: Was ist auf dem Bild zu sehen? Welche Forschungsfrage steckt dahinter? Warum ist sie von Bedeutung? Und welche Erkenntnisse lassen sich aus dem Bild ziehen? Das schriftliche Feedback von 445 Besuchern zeigte, dass unsere Idee aufging: „Tolle Bilder, die zum Lesen animieren!“, „Inhaltlich spannend, ästhetisch wunderschön, gut erklärt.“

Der Zeitplan für die redaktionelle Gestaltung der Ausstellung war recht sportlich: Die Entwürfe für die 27 Kurztexte entstanden innerhalb von zwei Wochen. Für den zweiten Ausstellungsort entwickelten wir die ergänzende Broschüre „Bildergeschichten zum Suchen und Finden“. Damit konnten die Besucher anhand ausgewählter Bilder tiefer in die vier Themengebiete „Zellen“, „Blutgefäße“, „Nervensystem“ und „Technologien“ eintauchen. Etwa 4.000 Stück dieser Broschüren wurden von den Besuchern mitgenommen. Zu jedem Rundgang gab es darin auch ein kleines Quiz, an dem alle Altersgruppen gerne teilnahmen.

 

Wissenschaft mitten in der Stadt

Die Ausstellung war erstmals im Frühjahr 2015 im Wissenschaftszentrum Bonn zu sehen, wo sie vor allem in der wissenschaftlichen Community Aufmerksamkeit weckte. Im Herbst desselben Jahres war sie dann in einer Kirche mitten in Münsters Innenstadt zu sehen und erreichte dort die breite Bevölkerung. In den beiden darauffolgenden Jahren tourte die Ausstellung für unsere Studierenden über den Universitätscampus. Ein Teil der Bilder kam zudem im Siemens MedMuseum in Erlangen sowie beim Wissenschaftsfestival „Highlights der Physik“ in Münster zum Einsatz. Wer die Ausstellung verpasst hat, kann die Bilder mit gekürzten Texten jederzeit in einer Online-Ausstellung anschauen.

Am intensivsten war für uns die Ausstellung in Münsters Innenstadt, denn durch die räumliche Nähe konnten unsere Wissenschaftler in Vorträgen und Führungen „face-to-face“ mit den Besuchern sprechen. Sie konnten auf Fragen eingehen und erhielten direktes Feedback. Und: Wir hatten hier die meisten Besucher. In knapp vier Wochen zählten wir per Strichliste mehr als 13.000 Menschen.

Ein besonderer Rahmen: Die Ausstellung der medizinisch-naturwissenschaftlichen Bilder in der Dominikanerkirche in Münsters Innenstadt. Foto: Peter Grewer

Das hatten wir drei entscheidenden Aspekten zu verdanken: (1) Die Kirche liegt mitten in der Innenstadt und ist als Ausstellungsort bei den Münsteranern bekannt. Wir hatten außen Banner und Plakate mit Hinweis auf die Ausstellung angebracht, und die Türen standen bei fast jedem Wetter einladend weit offen. (2) Unsere Ausstellung war Teil der „Nacht der Museen“, die jedes Jahr Tausende von Besuchern aus der Region nach Münster lockt. In den 13 Stunden, in denen die Ausstellung an diesem Tag geöffnet war, zählten wir fast 5.000 Besucher. (3) Wir machten die Ausstellung intensiv bekannt: in der Presse, in unseren Online-Kanälen, über Mailings, Plakate, Flyer und 18.000 Postkarten mit Bildern aus unserer Ausstellung. Bei all diesen Punkten erhielten wir sehr umfangreiche und wertvolle Unterstützung durch das Team des Stadtmarketings in Münster.

Auf Augenhöhe: Wissenschaftler des Exzellenzclusters erklären Besuchern bei der Langen Nacht der Museen die Forschung hinter den Bildern und bekommen spannenden Input zurück. Foto: Peter Grewer

Unsere Wissenschaftler begleiteten die Ausstellung mit Vorträgen und Führungen. Zum Eröffnungsvortrag begrüßten wir fast 200 Gäste aus Stadtgesellschaft und Universität. In wöchentlicher Frequenz folgten drei Vorträge, an denen insgesamt 444 Besucher teilnahmen. Das Publikum war bunt gemischt – von Schülern über wissenschaftlich Aktive und Interessierte bis zu Patienten und ihren Angehörigen. Nachdem wir in der ersten Ausstellungswoche einen Rundgang für Lehrer angeboten hatten, besuchten Gruppen mit mehr als 500 Oberstufenschülern die Ausstellung. Bei der „Nacht der Museen“ stellten zehn Wissenschaftler – vom Doktoranden bis zum Professor – in zwölf Rundgängen rund 200 Besuchern ihre Bilder vor.

 

Was bringt’s der Forschung?

Zwei Schlüsselerlebnisse aus den vier Ausstellungswochen in Münster kommen mir auch zwei Jahre später immer wieder in den Sinn: In unserem Eröffnungsvortrag erklärten Biochemiker und Mediziner, wie Zellen bei der Multiplen Sklerose die Blut-Hirn-Schranke überwinden – eine natürliche Barriere im Gehirn. Nach diesem Vortrag sagte mir ein Informatik-Professor, der in unserem Exzellenzcluster eng mit Medizinern und Naturwissenschaftlern zusammenarbeitet: „Jetzt habe ich die Sache mit den Zellen an Barrieren das erste Mal so richtig verstanden.“ Die Veranstaltung, die sich in erster Linie an Nicht-Fachöffentlichkeiten richtete, trug also auch in der wissenschaftlichen Community zu einem tiefergehenden, interdisziplinären Verständnis bei. Darüber hinaus formulierte ein Biologie-Doktorand, der sein Bild bei der Nacht der Museen vorgestellt hatte: „Viele Besucher haben unerwartet tiefgehende und wissenschaftlich relevante Fragen gestellt, von denen ich einige selbst noch nicht bedacht hatte. Wir haben auch über gesellschaftliche und ethische Fragen diskutiert.“ Dass er als Wissenschaftler aktiv kommunizierte, war also Gelegenheit, die eigene Arbeit zu reflektieren. Was wir schon länger gefühlt hatten – nämlich, dass Kommunikation mit der Öffentlichkeit einen Nutzen für die Wissenschaft selbst haben kann – haben die zwei Kollegen mir das erste Mal ganz konkret benannt.

 

Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.