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Im Profil: Christian Wolf

Christian Wolf arbeitet als freier Wissenschaftsjournalist mit den Schwerpunkten Neurobiologie, Medizin und Psychologie. Er berichtet, wie er in das „Haifischbecken“ des freien Journalismus sprang und nun unter anderem für Bild der Wissenschaft, Spektrum der Wissenschaft, Psychologie Heute und Der Tagesspiegel schreibt.

Wir streichen den Satz „Es hat sich alles so ergeben…“ und wollen wissen, was Sie in Ihre Position gebracht hat

Nun ja, um ehrlich zu sein, hat sich auch bei mir im Grunde vieles so ergeben. Ich bin in den Wissenschaftsjournalismus hineingerutscht. Allerdings war das weniger ein unfreiwilliges Hineinschlittern als vielmehr ein bewusstes Hineingleiten, die Gunst so mancher Gelegenheit dabei wohlwissend nutzend. Im Grunde bin ich ja ein doppelter Quereinsteiger: zum einen in die Naturwissenschaften, zum anderen habe ich auch den Journalismus nicht ganz von der Pike auf gelernt. Von Hause aus bin ich eigentlich Geisteswissenschaftler. Für meine Doktorarbeit in Philosophie zum Thema „Wahrnehmung“ habe ich dann aber begeistert über den facheigenen Tellerrand geblickt und mich intensiv mit Neurobiologie und Psychologie beschäftigt. Nach der Promotion wollte ich dann eigentlich Lektor werden und habe in Heidelberg ein Praktikum bei einem Wissenschaftsverlag gemacht. Im gleichen Haus war auch die Zeitschrift „Gehirn&Geist“ von Spektrum der Wissenschaft untergebracht. Kurzerhand habe ich dort in der Redaktion die Luft des Wissenschaftsjournalismus geschnuppert und schnell gemerkt, dass ich als Journalist im Gegensatz zum Lektor größere Freiheiten habe, mich mit den wissenschaftlichen Themen zu beschäftigen, die mich gerade umtreiben. Kurz danach bin ich – fast ohne Zögern – in das „Haifischbecken“ des freien Journalismus gesprungen. Gerade am Anfang, wenn man noch ein Nobody ist, kann die Existenz als freier Journalist eine Herausforderung sein. Schließlich muss man erst einmal die Gunst der Redakteure gewinnen. Bei mir ging das aber erstaunlich schnell und ich habe den Sprung bislang nie bereut.

Besteht Ihr beruflicher Alltag aus dem, was Sie am besten können oder am liebsten tun?

Ich würde sagen: beides. Ich habe viele Interessen, aber die kann man als Wissenschaftsjournalist ziemlich gut ausleben. In welchem Beruf kann man sich sonst gleichzeitig mit beispielsweise Hirnforschung, Psychologie, Medizin und Philosophie beschäftigen? Und wenn das Interesse an bestimmten Themen doch einmal erlahmen sollte, kann ich mich anderen zuwenden. Der Blick als Philosoph lässt mich die meist naturwissenschaftliche Forschung auch mit genügend kritischem Abstand betrachten. Und da ich selbst immer wieder inhaltlich dazulerne, fällt es mir meist leicht, ein Thema für Leser verständlich aufzubereiten.

Was ist Ihrer Meinung nach die Kernaufgabe von Wissenschaftsjournalismus?

Ich verwende den Begriff „Wissenschaftskommunikation“ nicht so gerne, denn der Begriff klingt für mich immer ein wenig danach, als wäre man bloßes Sprachrohr der Wissenschaftler, das ihre komplizierten Theorien für den Laien übersetzt. Hingegen verstehe ich mich als Wissenschaftsjournalist gerade als jemand, der Distanz zu den Forschern hält, um wenn nötig, auch die Finger in die Wunden der jeweiligen Forschung zu legen.